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Die rechte Hand Gottes

Die rechte Hand Gottes

Titel: Die rechte Hand Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Folco
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seid Ihr?« erkundigte sich der Mann und starrte unhöflich lange auf seine hölzerne Nase.
    Justinien zeigte ihm seinen schriftlichen Auftrag und sah mit Vergnügen, wie der Mann beim Lesen erschauderte.
    Er wurde zum Prévôt vorgelassen, der seinerseits erschrak, allerdings aus einem ganz anderen Grund.
    »Donnerwetter! Ohne deine Nase aus Tannenholz hätte ich dich nicht wiedererkannt. Es ist noch ein Glück, daß du darauf verzichtet hast, eine Perücke zu tragen! «
    »Soll das heißen, edler Prévôt, daß ich eine schlechte Wahl getroffen habe?«
    »Nicht unbedingt ... Nun ja, die Jugend muß sich schließlich austoben. Genug davon, was willst du von mir?«
    Foulques hörte ihn an, ohne ihn zu unterbrechen, und zeigte sich wenig überrascht von der Haltung der Zimmerleute. Er läutete ein Glöckchen, gab Befehle, und kurze Zeit später kamen ein Gerichtsdiener und ein Soldat der lehnsherrlichen Miliz zu ihnen in die Amtsstube.
    »Ihr folgt dem Scharfrichter hier und tragt dafür Sorge, daß man ihm unverzüglich alles, was für die Ausübung seiner Tätigkeit erforderlich ist, aushändigt«, sagte er zu ihnen und deutete dabei auf Justinien, der seinen Hut abgenommen hatte und ihn zwischen den Händen kreisen ließ. »Jede Weigerung ist unzulässig. Die Hinrichtung muß morgen zur Nona stattfinden. Wir dulden keinen Aufschub. Falls erforderlich, zögert nicht, die Sachen zu beschlagnahmen.«
    Während der Milizsoldat hinausging, um seine Männer zu sammeln, legte der Gerichtsdiener Foulques einige Requisitionsformulare vor, die dieser blanko unterzeichnete. Justinien setzte seinen Hut wieder auf.
    Maître Calzins brachte seinem jüngsten gerade bei, wie man mit der Reißahle ein Stück Nußbaumholz bearbeitet, als ein immer größer werdender Radau ihn die Ohren spitzen ließ. Man hätte meinen können, ein Trupp Soldaten nähere sich.
    » Es sind die Milizsoldaten des Barons! « rief ein Lehrjunge, der auf die Schwelle hinausgetreten war. »Man könnte meinen, sie kämen hierher! «
    Maître Calzins wollte eben diese Nachricht überprüfen, als sich seine Werkstatt mit Soldaten füllte; unter ihnen erblickte er auch diesen ungehobelten Gecken mit der Nase aus schlechtem Tannenholz, den er erst vorhin hinausgeworfen hatte.
    »Du schon wieder, Nagel zu meinem Sarg, verschwinde, bevor ich dich mit der Wucht meines Hammers Bekanntschaft machen lasse! «
    Justinien trat hinter den Gerichtsdiener, der den Zimmermann mit einer herrischen Geste zum Schweigen brachte.
    »Wenn man sich weigert, mit dem Scharfrichter zusammenzuarbeiten, kommt das einer Befehlsverweigerung Eurem Lehnsherrn, Baron Raoul, gegenüber gleich. Nun, ich erkühne mich nicht, mir vorzustellen, daß Ihr die Stirn haben solltet, Eurem Lehnsherrn den Gehorsam zu verweigern?«
    Der Milizsoldat postierte drei seiner Männer vor dem Eingang und verteilte die übrigen in der geräumigen Werkstatt.
    Der Zimmermeister gab sich geschlagen.
    »Ich gehorche, edler Gerichtsdiener, ich gehorche, aber ich tue es gezwungenermaßen! Meine Leute sind Zeuge. Ich werde dieses schändliche Blutgerüst und dieses nicht weniger schändliche Kreuz bauen, doch man soll wissen, daß ich dazu gezwungen wurde.«
    Justinien ging in der Werkstatt umher und sah sich um.
    » Nun, da Ihr angenommen habt, macht Euch bitte auf der Stelle an die Arbeit. Die Zeit drängt.«
    Maître Calzins unterdrückte seine Wut und wählte einen übertrieben unterwürfigen Ton, um zu fragen:
    »Wohin soll ich Euer Gnaden denn den Auftrag hinstellen?«
    »Im Urteil heißt es Place du Trou.«
    »Der ist groß. Man muß mir schon sagen, wohin genau.«
    Justinien suchte Hilfe beim Gerichtsdiener und bei dem Milizsoldaten, aber beide wandten ihr Gesicht ab.
    »Äh ... nun, stellt es dort auf, wo der Henker aus Rodez seins gewöhnlich aufbaut.«
    »Gewöhnlich spielt sich das aber auf dem Place SaintLaurent ab. Es ist das erste Mal, daß auf dem Place du Trou eine Hinrichtung stattfindet.«
    »Dann stellt es in die Mitte, genau in die Mitte! «
    Justinien drehte dem Zimmermann den Rücken zu und setzte seine Besichtigung der Werkstatt fort. In einem Haufen Abfallholz fand er schließlich ein fünf Daumen langes Stück Lindenholz, das er sich wortlos in die Tasche schob.
    Sie machten sich auf den Weg zur Rue de la Bigorne, wo die Schmiede von Bellerocaille waren, doch inzwischen hatte die Nachricht, daß der Henker »seine Einkäufe tätige«, schon die Runde gemacht. Die Leute wichen ihnen jetzt sehr

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