Die rechte Hand Gottes
deutete dabei auf die drei Buchstaben, die ihm auf das rechte Schulterblatt gebrannt worden waren.
Beaulouis zuckte die Achseln.
»Es ist Gesetz, daß die Galeerensträflinge gleich nach ihrer Verurteilung gebrandmarkt werden, damit habe ich nichts zu schaffen, ich mache nur, was mir der Prévôt sagt. Jedenfalls bedeutet begnadigt zu werden nicht, daß man unschuldig ist.«
Justinien seufzte, sein Badewasser wogte sanft.
Nachdem er sauber und abgetrocknet war, knotete er sich ein Band ins Haar, zog sich dann ein fast neues Hemd aus feinem Tuch über, welches er in eine wildlederne Oberschenkelhose steckte, deren rosa Farbe an erregte Nymphenschenkel erinnerte. Um das abzurunden, hatte sich Justinien ein Wams mit aufgeschnittenen Ärmeln aus einem orangefarben bedruckten Satin ausgesucht, und dazu ein Paar schwarze, kurze, nach oben hin trichterförmig weiter werdende Stiefel mit eckigen Kappen, die nach dem Tode Ludwig XIII. endgültig aus der Mode gekommen waren. Über seine Handgelenke zog er Manschetten aus Leinen mit einem Spitzenbesatz, der mit Seidenbändern zugebunden wurde. Als Kopfbedeckung wählte er einen großen Filzhut in den Farben eines kränkelnden Spaniers - braun mit grünlichen Schattierungen -, den ein Federbusch aus nicht mehr ganz neuen Straußenfedern zierte. Den Hut hatte er wegen seiner breiten Krempe gewählt, die gnädig einen Schatten auf seine hölzerne Nase warf. Dann ging er ein paar Schritte auf und ab, wobei er es bedauerte, daß es keinen Spiegel gab. Schließlich fühlte er sich bereit, seine Suche nach den Lieferanten zu beginnen.
»Zimmerleute findest du in der Rue du Bódane und
Schmiede in der Rue de la Bigorne. Wegen der Seile wirst du in die Unterstadt, bis zur Rue du Chanvre gehen müssen.«
Als er gerade aufbrechen wollte, umstellten ihn ein Knebelspießträger und vier Männer in Wachuniform.
» Order des edlen Prévôt. Für den Fall, daß du Lust bekommen solltest, das Weite zu suchen«, erklärte Beaulouis seelenruhig.
Justinien zuckte mit den Achseln (dieser Gedanke war ihm natürlich schon gekommen), atmete tief durch und machte sich auf den Weg. Zum ersten Mal nach seinem Prozeß überquerte er die Zugbrücke, die in Friedenszeiten den ganzen Tag über heruntergelassen war und sich außerhalb der Festung befand. Das Wetter war schön, die Straßen waren so voll wie an einem Markttag, und es lag ein festlicher Duft in der lauen Luft.
»Platz da für die Wache! Platz da! Macht Platz! « rief der Knebelspießträger im Befehlston und benutzte seine Waffe, um die Langsamsten dazu zu bewegen, zur Seite zu gehen.
Diese lange Lanze mit ihrer breiten, scharfen Spitze diente ihm sowohl als Waffe als auch als Zeichen seines Ranges (seine Männer hatten einfache, eisenbeschlagene Piken).
»Platz da! Macht Platz! «
Alle Blicke richteten sich auf Justinien, der inmitten seiner kleinen Eskorte wie eine bedeutende Persönlichkeit dahin schritt.
Man bestaunte natürlich seine Nase, aber man fragte sich auch, wer er wohl sei.
»Wer ist dieser Geck?« hörte er jemanden fragen.
So gingen sie also bis zur Rue du Bódane, die nahezu ausschließlich von der Gilde der Zimmerleute und Tischler bewohnt wurde. Achtzehn teilten sich diese Straße, die sich vom Place du Trou bis hin zum Nordtor erstreckte, durch das die Holztransporte abgewickelt wurden.
Nicht einer von diesen achtzehn Handwerkern nahm seinen Auftrag an. Kaum hatte er das Wort »Schafott« ausgesprochen, verschlossen sich sofort die bis dahin leutseligen Gesichter. Selbst die schlimmsten Holzverderber lehnten hochmütig ab, und wenn sein Begleitschutz nicht dabei gewesen wäre, hätte Maître Calzins, der Vorsitzende der Gilde, ihm gerne einen Tritt in den Hintern verpaßt, weil Justinien die Unverfrorenheit gehabt hatte, so einen Auftrag auch nur anzubieten.
»Es ist sinnlos, noch weiter zu gehen«, sagte Justinien zu dem Wachmann, der unter seiner Uniform schwitzte. »Geleitet mich zum Prévôt, nur er kann diese Leute überzeugen.«
Sie gingen wieder zum Place du Trou hinauf, wo sich das Amtsgebäude des Prévôt befand, dessen Fassade mit Verordnungen der Gendarmerie, königlichen Erlässen, Verlustmeldungen und Ankündigungen öffentlicher Züchtigungen bedeckt war.
In der Halle herrschte reges Treiben.
Justinien ging auf einen Amtsdiener mit Perücke zu, der hinter einem Schreibtisch vor der Tür zum Amtszimmer des Prévôt Wache hielt.
»Ich ersuche dringend um eine Audienz.«
»Wer
Weitere Kostenlose Bücher