Die rechte Hand Gottes
wird es an den Tag bringen«, unterbrach sie der diensthabende Beamte und unterzeichnete die Anordnung, sie einsperren zu lassen.
»Aber ich sage Euch, sie sind die Diebe, und ich bin ihr Opfer! Sie haben mir in Racleterre alles gestohlen. Durchsucht ihre Sachen, und Ihr werdet ein Messer finden, auf dessen Griff mein Name steht!«
»Das stimmt, es ist seins«, gab Baldo zu. »Aber er hat es vor kurzem beim Kartenspiel verloren.«
»Aber ich kann doch überhaupt nicht Karten spielen!«
» Das reicht! « meinte der Beamte ungeduldig und gab das Zeichen, sie abzuführen und Maître Bertrand Beaulouis, dem Schließer, zu übergeben.
4
Bellerocaille, August 1683
» Selbst wenn es deins ist, bin ich verpflichtet, es dir in Rechnung zu stellen, denn ich habe bei demjenigen, der es mir verkauft hat, dafür bezahlt. Übrigens, jetzt fällt mir wieder ein, daß ich sehr viel dafür gezahlt habe «, warnte Beaulouis, als er Justinien erlaubte, sich Pibracs Messer einzustecken. »Jedenfalls«, fügte er mit seiner gutmütigen Stimme hinzu, »mach dir keine Sorgen wegen des Geldes. Nimm alles, was dir gefällt, du kannst es mir später von deinem Anteil an der Prämie zurückzahlen.«
Justinien ließ sich das nicht zweimal sagen. Er konnte sich zwischen drei Wämsern nicht entscheiden und beschloß, das erste anzuprobieren, als Beaulouis ihm eine umfassende Liste all der Dinge anfertigte, die ihn in den kommenden Stunden erwarteten.
»Vor allem mußt du einen Zimmermann finden, der bereit ist, das Schafott zu bauen, und der sich auf der Stelle an die Arbeit macht.«
Wenn es das vorrangige Ziel einer Hinrichtung war, zu töten, um vor Augen zu führen, das man nicht töten soll, dann mußte der Anblick dieses Schauspiels abschreckend sein; daher war das Schafott ein unentbehrlicher Bestandteil, wenn man wollte, daß der größte Teil der Zuschauer aus diesem abschreckenden Beispiel eine Lehre zog.
»Ich werde mir ansehen, was der Henker aus Rodez das letzte Mal gebraucht hat, als er nach Bellerocaille kam.«
»Maître Pradel bringt immer sein eigenes Schafott mit. Er hat vier Henkersknechte, die alles erledigen. Du brauchst also einen Zimmermann. Er muß dir auch ein Andreaskreuz machen, auf dem du den Verurteilten festbindest. Dann mußt du ein Wagenrad und einen acht Fuß hohen Mast besorgen, um es daraufzusetzen. Sodann benötigst du eine fünf Fuß lange Eisenstange, die eineinhalb Daumen dick ist. Du wirst Seile brauchen, um den Verurteilten auf dem Weg zur Hinrichtung und an das Kreuz binden zu können. Ach ja, und natürlich eine Leiter, um ihn auf das Rad zu hieven, nachdem ihm die Knochen gebrochen worden sind. Ich sage es dir lieber gleich, hier liegt deine eigentliche Schwierigkeit. Da du ja keinen Knecht hast, wirst du ihn ganz allein hinaufbefördern müssen. Und rechne nicht damit, daß dir jemand helfen wird: Wenn ihn auch alle sterben sehen wollen, so will doch niemand etwas damit zu tun haben, weder aus der Nähe noch aus der Ferne.«
Justinien, der gerade das zweite Wams anprobierte, machte ein verständnisloses Gesicht.
»Das ist ungerecht. Wenn man zum Tode verurteilt, dann braucht man auch jemanden, der die Strafe vollstreckt. Es ist die böse Tat, die einen entehrt, nicht die Hinrichtung. Der Henker ist jemand sehr Nützliches.«
»Der Abdecker und der Nachttopfleerer sind auch nützliche Menschen, und dennoch - wer möchte schon ihre Töchter zur Frau nehmen? Selbst wenn sie hübsch sind ... Und noch viel schlimmer ist es bei den Henkern.«
Beaulouis verließ sich auf dieses Vorurteil und rechnete damit, daß sein Schreiber, wenn er erst einmal begnadigt war, sich selbst abkapseln würde, um der allgemein herrschenden, nicht mehr auszumerzenden Verachtung zu entgehen, und sich nur noch seiner Arbeit als öffentlicher Schreiber widmen würde.
Justinien probierte gerade Soldatenstiefel an, als Bredin ins Lager kam, um ihm mitzuteilen, daß das Wasser jetzt heiß sei.
Obwohl sein letztes Bad über ein Jahr zurücklag (er war von einem Platzregen auf offenem Feld überrascht worden), hatte Justinien kein sonderliches Vergnügen daran, sich in dem engen Holzzuber zu waschen. Beaulouis' Sohn hatte den Zuber in die verdreckte Kammer gestellt, die an den Raum grenzte, in dem sie ihre Folterinstrumente aufbewahrten.
»Und wenn ich auch begnadigt werde, das hier wird mir für immer auf der Schulter bleiben«, sagte er bitter zum Kerkermeister und
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