Die Regenbogentruppe (German Edition)
floss etwas Blut, dickflüssig und langsam. Wir standen um ihn herum. Sahara schluchzte, sie war ganz bleich. A Kiong zitterte am ganzen Leib. Trapani rief nach seiner Mutter. Ich tätschelte Syahdans Wangen.
»Syahdan! Syahdan!«
Ich fasste an seine Halsschlagader, so wie ich es in der Serie Unsere kleine Farm gesehen hatte. Allerdings war mir nicht klar, was ich da anfasste, und ich spürte auch nichts. Samson, Kucai und Trapani schüttelten Syahdan, um ihn wieder zum Leben zu erwecken, aber er rührte sich nicht. Wir waren in Panik und wussten nicht, was wir tun sollten. Ich rief immerzu seinen Namen, aber es half nichts. Er rührte sich nicht. Samson gab Anweisungen, wie wir Syahdan hochnehmen sollten. Sein Körper war schon steif. Gemeinsam trugen wir ihn weg, ohne zu wissen wohin. Ich hielt seinen Kopf. Sahara heulte laut. Da drehte sich plötzlich der Wuschelkopf, den ich im Arm hielt, zur Seite und grinste mich frech an. Dann brach er in schallendes Gelächter aus.
Mein Kopilot hatte sich nur tot gestellt! Das war gemein von ihm und wir rächten uns, indem wir ihn wieder in den dreckigen Wassergraben warfen. Das trübte sein Vergnügen über den gelungenen Scherz aber nicht im Geringsten. Er schüttete sich aus vor Lachen, weil wir uns so aufgeregt hatten.
Obwohl unsere Stürze in voller Fahrt durchaus schmerzhaft waren, konnten wir nicht genug von diesem Spiel ohne Namen kriegen. Immer und immer wieder flogen wir freiwillig in den Matsch. Nicht nur, weil wir den Kräften der Physik trotzten, sondern aus mutwilliger Tollheit, in die uns die Euphorie der Regenzeit versetzte. Die Regenzeit war ein einziges Fest, von der Natur eigens für uns arme Malaien-Kinder veranstaltet.
16 Bevor der Regen kam und die Trockenzeit vertrieb, verdorrten die Bäume langsam, jedes Fahrzeug wirbelte roten Staub auf, der sich auf den Sprossen der Fensterläden niederschlug. Meine kleine Stadt war ausgetrocknet und roch nach Rost.
Die Chinesen frönten ihrer liebsten Gewohnheit: mittags zu baden. Sie kämmten sich anschließend die nassen Haare nach hinten und schnitten sich die Nägel. Nur sie waren einigermaßen sauber in diesen Monaten.
Was die Sawang anging, so hielten sie sich stumm an den Pfosten ihres Langhauses fest, es war viel zu heiß, um drinnen ohne Zwischendecke unter dem Zinkdach zu schlafen, und sie waren zu erschöpft, um zu arbeiten. Für sie war es eine schwierige Zeit.
Die Fischer waren Tag und Nacht auf dem Meer, denn bald kamen die Monate, die auf »-ber« endeten, und damit die Stürme. Die Trockenzeit war die Zeit, Gewinn zu machen und sich etwas zurückzulegen.
Die Malaien verkamen zusehends. Keiner besaß einen Kühlschrank. Sie schickten ihre Kinder zum Chinesenladen, um dort Eis zu kaufen. Ab und zu sah man sie auf der Hauptstraße mit ein paar Eisbrocken und einer Flasche Limonade. Die drückende Schwüle wollte bis zum Abend nicht weichen. Umgekehrt sanken die Temperaturen dann am frühen Morgen drastisch, der Glaube der frommen Muslime wurde auf eine harte Probe gestellt, wenn sie zum frühen Morgengebet das Bett verlassen sollten, um in der Moschee zu beten.
Lintang war fröhlich wie immer, seit einigen Tagen jedoch sichtlich erschöpft. Der Grund war sein Fahrrad, dessen Kette immer häufiger riss. Und jedes Mal wurde sie dann um ein Kettenglied kürzer. Andauernd waren die Reifen platt. Manchmal musste er das Rad den ganzen Schulweg schieben. Und nun war es gar nicht mehr zu gebrauchen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als den Schulweg zu Fuß zu gehen. Es gab einen kürzeren Weg, aber der war äußerst gefährlich, denn er führte durch ein Sumpfgebiet mit Krokodilen. Am tiefsten Punkt stand das Wasser in Brusthöhe. Bei Flut konnte man die Untiefe nur schwimmend durchqueren. Wenn Lintang zu Fuß zur Schule kam, war er trotzdem gezwungen, diesen Weg zu wählen, um pünktlich zu sein.
Lintang berichtete mehrfach von Dutzenden von Krokodilen, die dort faul in der Sonne lagen, ihm aber folgten, wenn er durch den Sumpf watete. Zum Schutz besprengte er sich stets mit Betelwassser, bevor er losging. Wenn das Wasser tiefer wurde, zog er sich aus und packte seine Kleider zusammen mit den Schulsachen in einen Plastikbeutel. Den hielt er hoch über dem Kopf oder packte ihn, wenn er schwimmen musste, mit den Zähnen. Er schaute sich dann immer vorsichtig nach Krokodilen um.
An einem Tag kam Lintang von Kopf bis Fuß nass in der Schule an. Beim Angriff eines Krokodils war das
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