Die Regenbogentruppe (German Edition)
Schrift beschrieben
Ich überquere eine kleine Brücke
Eine Frau begrüßt mich freundlich
»Das hier ist das Paradies«, sagt sie
Sie lädt mich ein, über eine Blumenwiese zu gehen
Unter tiefen Wolken in reichen Farben
Zur Veranda des Schlosses
Kleine Lampen, hinter einem Diwan verborgen,
Beleuchten die Sträucher draußen im Garten
Wunderschön, unsagbar schön
Das Paradies ist so still
Hier möchte ich bleiben
Denn ich denke an dein Versprechen, mein Gott
Komme ich zu Fuß
Eilst Du mir entgegen
*
Als Teil unseres Camping-Programms hatten wir die Aufgabe, eine Arbeit anzufertigen, einen Aufsatz, ein Bild oder eine Bastelarbeit mit Materialien vom Strand. Für dieses Gedicht bekam ich in Kunst zum ersten Mal eine bessere Note als Mahar.
Dass Mahar diesmal nicht wie sonst die beste Note erhielt, lag an einem Schwarm geheimnisvoller Vögel, die auf Belitung »Pelintang der Inseln« genannt werden.
Die »Pelintang der Inseln« waren überall in der Lage, die Gemüter zu erregen, besonders aber in der Küstengegend. Manche hielten die Vögel für mythische Wesen. Allein die Nennung ihres Namens, in dem alle Legenden mitschwangen, die sich um sie rankten, ließ die Küstenbewohner erschauern. War ein Schwarm gesichtet worden, fuhr kein Fischer hinaus aufs Meer, denn im Volksglauben waren die Vögel Boten des Sturms.
Mahar jedenfalls hatte es sich in den Kopf gesetzt, als Schulaufgabe ein Bild der Pelintang zu malen. Er behauptete, solche Vögel gesehen zu haben. Hals über Kopf war er zu den Zelten gerannt und berichtete uns von seiner Entdeckung. Wir schwärmten aus und rannten in den Wald, um uns diese äußerst seltene Tierart der reichen Fauna von Belitung anzusehen.
Doch was wir fanden, waren bloß Äste, einige Jungtiere der Haubenlanguren und der leere weite Himmel. Mahar hatte sich getäuscht. Nun ging der Spott los.
»Wenn man zu viele Sternfrüchte isst, trübt sich der Blick und man redet wirres Zeug.« Damit gab Samson den Startschuss.
»Ehrlich, Samson, was ich vorhin gesehen habe, waren fünf Pelintang.«
»Wie tief das Meer ist, kann ich schätzen, aber wer kann die Tiefe einer Lüge ermessen?«, stichelte Kucai mit einem Pantun-Vers.
Ratlosigkeit stand in Mahars Gesicht. Er suchte alle Äste ab. Ohne einen Zeugen, der das Gesehene bestätigen konnte, stand er auf verlorenem Posten. Ich sah Mahar in die Augen. Ich war mir sicher, dass er diese heiligen Vögel wirklich gesehen hatte. Was für ein Glück für ihn! Nur leider waren seine Bemühungen, die anderen zu überzeugen, vergeblich, denn er galt als Aufschneider.
Die Situation wurde immer verfahrener. Nachdem sich die Nachricht von den »Pelintang« im Dorf verbreitet hatte, verschoben einige Fischer ihre Ausfahrt. Bu Mus war die Sache peinlich, aber sie wusste nicht, wie sie das Ganze entschärfen sollte. Mahar fühlte sich mehr und mehr in die Enge getrieben.
Doch in dieser Nacht erhob sich ein Sturm und riss einige unserer Zelte aus der Verankerung. Über dem Meer zuckten gewaltige Blitze, und am Himmel wälzten sich schwarze Wolken. Wir flüchteten uns zu den Hütten der Einheimischen, um dort Schutz zu suchen.
»Vielleicht hast du vorhin am Nachmittag tatsächlich Pelintang gesehen, Mahar«, sagte Syahdan zitternd.
Mahar schwieg. Der Sturm gab ihm recht, und die Fischer dankten ihm. Doch manche von uns zweifelten noch immer. Mahar fühlte sich nach wie vor angegriffen und kam sich vor wie ein Ausgestoßener.
Am nächsten Tag malte Mahar ein Bild, dem er den Titel »Ein Schwarm Pelintang« gab. Dargestellt waren fünf Pelintang, deren Gestalt jedoch nur schemenhaft zu sehen war. Die fünf Vögel schlüpften im Wipfel eines Meranti durch die Blätter. Im Hintergrund sah man dunkle Wolkentürme, die einen Sturm ankündigten. Auf der dunkelblauen Meeresoberfläche spiegelten sich Blitze. Die Vögel waren mit blauen und gelben Strichen aufs Papier geworfen, wie mitten im schnellen Flug eingefangen. Wenn man wollte, konnte man darin einen Schwarm von fünf Vögeln erkennen, aber der Gesamteindruck war eher der von farbigen Blitzen.
In diesem Bild hatte Mahar versucht, die Vögel als Mysterium zu erfassen. Die tatsächliche Anatomie der Pelintang war für Mahar irrelevant. Doch Samson, Kucai und Sahara blieben bei ihrer Auffassung, die Gestalt der Vögel sei nur deswegen so nebelhaft, weil Mahar sie gar nicht wirklich gesehen habe. In seiner Enttäuschung gab Mahar seine Arbeit verspätet ab. Das war der Grund für
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