Die Regenbogentruppe (German Edition)
Handgelenk umschloss ein grünes Armband aus Jade. Der eigentliche Schmuck an dieser Hand aber waren die außergewöhnlich schönen Fingernägel. Ich habe bei Malaien noch nie so schöne Fingernägel gesehen, geschweige denn bei Sawang. Die Nägel waren so fein, dass sie durchsichtig schienen. Und sie waren mit großer Akkuratesse halbmondförmig geschnitten, alle fünf Finger in perfekter Harmonie.
Die Haut um die Nägel herum war zart und rosig, sie musste sie regelmäßig in warmem Wasser mit den Spitzen von Ylang-Ylang-Blättern baden. Wenn die Nägel länger wurden, bogen sie sich sanft nach unten, schön wie ein bläulicher Quarzkristall aus der Tiefe des Mirang. Jedenfalls anders als die Fingernägel malaiischer Mädchen, die vorn nur immer breiter wurden, wie die Zinken einer Harke.
Ich hatte nun schon unzählige Male den lästigen Auftrag bekommen, Kreide zu besorgen. Der einzige Ausgleich für die ungeliebte Pflicht war für mich der Moment, in dem die schönen Fingernägel kurz zu sehen waren. Weil ich schon oft genug da gewesen war, wusste ich inzwischen auch, wann die mysteriöse kleine Dame ihre Nägel schnitt: immer freitags, einmal alle fünf Wochen.
Ihr Gesicht bekam ich nicht ein einziges Mal zu sehen. Sie antwortete nicht einmal auf mein Dankeschön, mit dem ich die Kreideschachtel entgegennahm. Sie schwieg in tausend Sprachen. Das geheimnisvolle junge Mädchen war wie die Verkörperung eines fremden Wesens aus einem unbekannten Land. Beharrlich hielt sie Abstand zu mir. Da gab es kein Gespräch, keine Zeitverschwendung für Nebensächlichkeiten. Ich war für sie so unwichtig wie die Kreide.
Manchmal plagte mich die Neugier, ich wollte wissen, wie die Besitzerin der himmlischen Fingernägel aussah. Ob ihr Gesicht so schön war wie ihre Nägel? Ob die Finger ihrer linken Hand genauso schön waren wie die der rechten? Oder ob sie vielleicht nur eine Hand hatte? Sie wird doch ein Gesicht haben! Aber alle diese Fragen behielt ich für mich. Ich hätte nie gewagt, nach ihrem Gesicht zu schielen. Wenn wir die Kreide bekommen hatten, kehrten wir meistens sofort nach Hause zurück. A Miauw notierte den Kauf in seinem Buch, und Pak Harfan bezahlte dann zu jedem Monatsende. Mit den Geldfragen hatten wir nichts zu tun. Wenn wir mit der Kreide an ihm vorbeikamen, kümmerte sich A Miauw nicht mehr um uns. Er klackerte nur mit den Kugeln am Abakus, als wollte er sagen: »Eure Schulden sind schon ziemlich hoch!«
Für A Miauw waren wir Kunden, die nur Arbeit machten, aber nichts einbrachten. Wenn sich Syahdan gelegentlich mal die Luftpumpe von ihm lieh, gab er sie ihm zwar, konnte aber einige Verwünschungen nicht unterdrücken. Ich ekelte mich vor seinem Unterhemd.
Die Luft wurde immer heißer. Im Laden fühlte man sich wie in einem Kochtopf. Zum Glück brüllte A Miauw endlich den Befehl, mir die Schachtel mit der Kreide durch die Tür des Taubenschlags zu geben. Mit einem Blick gab er mir anschließend das Zeichen, die Schachtel zu holen.
Ich lief, so schnell ich konnte, mit zugehaltener Nase an den Säcken mit dem Knoblauch vorbei. Es waren nur noch wenige Schritte bis zum Taubenschlag, da streifte ein winziger Lufthauch mein Ohr. Ich ahnte nicht, dass in diesem Augenblick ein geheimnisvolles Schicksal durch den elenden Laden schwebte, sich um mich wand und auf Gedeih und Verderb Besitz von mir ergriff. Im gleichen Moment hörte ich das junge Mädchen hell aufschreien: »Haiyaaaa!«
Offensichtlich hatte das Mädchen mit den schönen Nägeln nicht aufgepasst und die Kreideschachtel fallen lassen. Die ganze Kreide lag auf dem Fußboden verstreut.
Ich musste also auf dem Boden herumkriechen und die einzelnen Kreidestücke zwischen den Säcken mit Kemirinüssen zusammenlesen. Obwohl die Nüsse schon geschält waren, waren sie noch so feucht, dass einem ihr unangenehmer Geruch Kopfschmerzen machte. Ich hätte Syahdans Hilfe gebraucht, aber der schäkerte mit der Tochter des Martabak-Verkäufers und trat auf, als hätte er gerade fünfzehn Büffel verkauft. Ich wollte ihn nicht beim Prahlen stören.
Ich musste die Kreide also selbst aufsammeln. Etliche Stücke waren unter die offen stehende Tür gerutscht und lagen unter dem dichten Vorhang aus aufgereihten kleinen Muscheln. Dahinter sammelte das junge Mädchen offenbar ebenfalls Kreidestücke auf, denn ich hörte sie schimpfen.
»Haiyaaa, haiyaaa!«
Doch mit einem Mal zog sie den Vorhang zurück, und von einer Sekunde auf die andere standen wir uns
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