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Die Regenbogentruppe (German Edition)

Die Regenbogentruppe (German Edition)

Titel: Die Regenbogentruppe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Hirata
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in der Lage, sich traditionelle Kostüme zu leihen, und ernteten damit immer Bewunderung. Die Schule der Bergbaugesellschaft trat noch eindrucksvoller auf. Ihr Zug war der längste. Er bestand aus mehreren Abteilungen, die sich zu einer imposanten Formation zusammenschlossen. Zuerst kamen die Fahrräder, Dutzende davon, chromblitzend und ausgestattet mit Körben in den buntesten Farben, passend zu den lustigen Kostümen der Radfahrer. Wenn dann alle Klingeln gleichzeitig ertönten, ging es einem durch Mark und Bein. Dann folgten geschmückte Wagen, umgebaut zu Booten und Flugzeugen. Von den Wagen herab winkten kleine Elfen mit weit schwingenden Röcken und Kronen auf dem Kopf.
    Schließlich kamen die Berufe, das waren die Schüler, kostümiert jeweils entsprechend ihrer Traumberufe. Viele traten als Ärzte in weißen Kitteln auf und hatten ein Stethoskop umgehängt.
    Es gab auch Ingenieure in Overall mit verschiedenen Werkzeugen und Geräten wie Teststiften, Schraubenziehern und allen möglichen Sorten von Schlüsseln. Einige hatten sich dicke Bücher unter den Arm geklemmt, waren mit Mikroskopen oder Teleskopen ausgerüstet, weil sie gern Dozenten, Wissenschaftler oder Astronomen werden wollten. Wieder andere hatten sich als Piloten, Stewardessen oder Schiffskapitäne verkleidet. Den krönenden Abschluss bildete eine Marching Band. Der strahlende Klang der Posaunen und das Dröhnen der Schweizer Trommeln ließen mein Herz höher schlagen.
    Es handelte sich keineswegs um eine Dorfkapelle. Die Marching Band wurde vollständig von der Schule der Bergbaugesellschaft gesponsert. Choreografen, Kostümbildner, Arrangeure und der Dirigent wurden eigens aus Jakarta eingeflogen. Zum Höhepunkt der Karnevalsparade stellte sich der lange Zug der Musikanten in zwei rotierenden Formationen vor der Tribüne auf und entrichtete den Honoratioren seine Ehrerbietung.
    Auf der Ehrentribüne saßen sämtliche Würdenträger der Umgebung: der Chef der Bergbaugesellschaft und sein Sekretär, der stets mit einem Walkie-Talkie herumlief, einige weitere leitende Angestellte der Firma, der Bezirkshauptmann, die Dorfvorsteher, Geschäftsleute, der Postmeister, der Leiter der Bankfiliale, der Häuptling der Sawang, das Oberhaupt der Sarong, der Vorsitzende des chinesischen Bürgervereins, Schamanen und verschiedene andere Funktionäre mit ihren Ehefrauen. Die Tribüne erhob sich mitten auf dem Marktplatz. Dort fanden sich auch die meisten Zuschauer ein, denn hier, vor der Tribüne, musste jeder Teilnehmer des Zuges eine Extraeinlage vorführen und sich vor der strengen Jury ins rechte Licht rücken.
    Die Schule der Bergbaugesellschaft errang schon seit Jahren den ersten Platz in allen Kategorien, während wir immer die gleiche armselige Vorstellung ablieferten. In diesem Jahr aber hatten wir einen Hoffnungsschimmer: Mahar!
    *
    Für die meisten Schüler der Muhammadiyah war der Karneval eine frustrierende, ja beinahe traumatische Erfahrung. Unser Karnevalszug bestand lediglich aus einer Horde Schülern und zwei Dorfschullehrern an der Spitze, die ein ausgefranstes Transparent aus roher Baumwolle mit dem Symbol der Muhammadiyah trugen. Das Tuch hing traurig an zwei einfachen Bambusstöcken. Dahinter marschierten in drei Reihen die Schüler in Sarong, Batikhemd und der schwarzen Kappe der malaiischen Muslims auf dem Kopf. Sie stellten die Gründer der indonesischen Sarekat Islam dar, der ersten islamischen Handelsgenossenschaft, und die Gründungsväter der Muhammadiyah.
    Samson ging immer als Schleusenwärter. Nicht etwa, weil er später Schleusenwärter werden wollte wie sein Vater, sondern nur, weil er kein anderes Karnevalskostüm besaß. Syahdan kam entsprechend stets als Fischer. A Kiong wiederum zog sich an wie der Hüter des Gongs in einer Shaolin-Schule.
    Trapani kam in der Kleidung seines Vaters, lange Stiefel, Arbeitskittel und Schutzhelm. Er stellte damit einen einfachen Arbeiter der Zinngrube dar. Kucai besaß weder Stiefel noch einen Helm, wollte aber unbedingt mitmachen. Er zog sich einen Kittel an und sagte, wenn er gefragt wurde, er sei ein Zinnarbeiter auf Urlaub.
    Um mehr herzumachen, brachte Syahdan ein Fischernetz an. Lintang ging als Schiedsrichter und pfiff in eine Trillerpfeife, ich lief als Linienrichter mit einer roten Flagge hin und her. Ein Schüler war sehr ordentlich angezogen, trug eine dunkle lange Hose, ein weißes langärmeliges Hemd, einen breiten Gürtel, schwarze Schuhe und schleppte einen großen Koffer mit.

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