Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Regenbogentruppe (German Edition)

Die Regenbogentruppe (German Edition)

Titel: Die Regenbogentruppe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Hirata
Vom Netzwerk:
Mahar trug eine Männerjacke, die ihm bis zu den Knien reichte, und A Kiong folgte ihm beflissen mit einem Koffer im Schlepptau, wie ein Medizinstudent, der gerade famuliert. Der Koffer hatte etwas Besonderes, denn er war über und über mit peneng sepeda beklebt, Fahrradsteuermarken, und einigen markanten Aufklebern der Bezirksverwaltung. Meine Freunde wirkten damit wie Beamte der Bezirksbehörde.
    A Kiong und Mahar sagten nichts. Mit einer Handbewegung bedeutete Mahar Syahdan, der bei mir saß, er solle zur Seite gehen.
    Mahar trat neben mich, betrachtete mich aufmerksam vom Scheitel bis zu den Fußspitzen. Er sagte immer noch nichts. Er hatte eine ernste Miene aufgesetzt, ganz wie ein Doktor, der über die richtige Diagnose nachdenkt. Er schüttelte den Kopf zum Zeichen, dass er es mit einem schwierigen Fall zu tun hatte. Sorgenvoll holte er tief Atem und wandte sich dann zu A Kiong.
    »Das Messer!«, befahl er.
    A Kiong drehte an der Kombination des Kofferschlosses und holte dann ein verrostetes Küchenmesser hervor. Syahdan und ich sahen uns erschrocken an. Ehrerbietig reichte A Kiong Mahar das Messer, der es wie ein erfahrener Chirurg ergriff.
    »Kurkuma!«, befahl Mahar jetzt barsch.
    A Kiong langte abermals in den Koffer und gab Mahar ein Stück Gelbwurzel, etwa von der Größe eines Daumens. Ohne lange Umstände schnitt Mahar es auf, presste mir so schnell, dass ich mich nicht wehren konnte, die Schnittfläche auf die Stirn und beschrieb damit ein großes Kreuz. Er malte mir ein X auf die Stirn. Nun entnahm A Kiong dem Koffer einige beblätterte Beluntas-Zweige, warf sie Mahar zu, der sie behände auffing und mir damit gnadenlos auf den ganzen Körper hieb, wobei er einen unverständlichen Gesang anstimmte.
    Damit nicht genug: Während Mahar mit den Beluntas-Zweigen herumfuchtelte, besprühte mich A Kiong mit Wasser. Ich versuchte vergeblich, mich zu wehren, aber die beiden gingen zu entschlossen und zügig vor.
    Zum Glück ließen sie bald von mir ab. Mahar atmete auf und A Kiong ahmte ihn mit blödem Gesicht nach.
    »Drei kleine Geister sind beleidigt, weil du einfach in ihr Reich gepinkelt hast, neben dem Schulbrunnen«, erklärte Mahar in einer Art, als wäre ich verloren gewesen, wenn er nicht so rasch gekommen wäre. »Sie waren es, die dir das Fieber gebracht haben«, fuhr Mahar fort, wobei er seine Heilmittel wieder in den Koffer räumte. Mit einem eleganten Schwung reichte er den Koffer A Kiong.
    »Doch keine Angst, mein Lieber, ich habe sie gerade verjagt, morgen kannst du wieder in die Schule gehen.«
    Damit drehten sich beide auf dem Absatz um und verschwanden, ohne sich zu verabschieden. Und nun lag ich da, nass und elend wie eine räudige Katze im Regen.

 
     
     
    27  Ich ging wieder zur Schule, aber mein Herz blieb krank. Immer wieder überkam mich Melancholie. A Ling zu vergessen war schwer. Ich fühlte eine Leere in der Brust, gleichzeitig konnte ich vor Sehnsucht kaum atmen. Also wandte ich mich an Mahar und fragte ihn: » Boi , was ist das bloß für eine Krankheit, die mich befallen hat?«
    Ich fragte das aus reiner Verzweiflung. Ich wusste natürlich, woran ich litt. Aber ich hoffte, dass ein Exzentriker wie Mahar mir vielleicht mit einer magischen Antwort einen anderen Blick auf meine Lage eröffnen könnte. Wie die meisten Liebeskranken dachte ich nicht rational.
    Mahar sah mich schief an und sagte: »Ich hab’s dir doch gesagt! Überleg dir, wo du hinpisst!«
    *
    Zwei Wochen nachdem A Ling fortgereist war, zeigte ich Lintang in der Pause die Schachtel, die sie mir durch ihren Vater hatte geben lassen. Darauf war ein Turm abgebildet.
    »Lintang, weißt du, was das für ein Turm ist?«
    Lintang sah sich das Bild an.
    »Das ist der Eiffelturm, Ikal. Der steht in Paris, in der Hauptstadt von Frankreich«, erklärte Lintang voller Bewunderung. »Paris ist die Stadt, wo lauter kluge Leute leben, Künstler und Wissenschaftler. Es heißt, Paris ist wunderbar. Viele Leute träumen davon, einmal dorthin zu reisen.«
    Zu Hause legte ich mich lustlos auf mein Bett und betrachtete die Schachtel. Schließlich machte ich sie auf. Ein Tagebuch und ein Buch mit blauem Einband lagen darin.
    Ich schlug das Tagebuch auf und stieß zu meiner Überraschung auf meine eigenen Worte. Seite für Seite waren dort die Gedichte eingetragen, die ich A Ling geschickt hatte. Sie hatte sie alle in ihr Tagebuch übertragen. Dann griff ich nach dem blauen Buch.
    Es trug den Titel »Der Doktor und das liebe

Weitere Kostenlose Bücher