Die Regenbogentruppe (German Edition)
Rückzug antrat. Wir fassten uns an den Händen und tanzten um den Mast.
Bu Mus teilte uns zur Arbeit ein, um die Schule wieder in den Zustand von früher zu versetzen. Wir reparierten das Dach, nagelten Bretter an die Wände der Schule, brachten einen großen Stützbalken aus Medang-Holz an, damit das Gebäude nicht einstürzte, und richteten die zerstörten Blumenbeete wieder her…
Es war schon komisch. Als sich herumsprach, dass unsere Schule nun doch nicht abgerissen werden sollte, waren die Politiker, die Vertreter der Parteien, die Abgeordneten, die uns jeden Tag besucht hatten, mit einem Mal verschwunden. Sie waren wieder mit Blindheit geschlagen. Niemand kümmerte sich mehr um unsere Schule. Die Menschen kehrten zu ihrer Gleichgültigkeit zurück.
Die Institution, die uns ohne unsere Erlaubnis die Wasserpumpe eingebaut hatte, baute sie wieder ab, ebenfalls ohne unsere Erlaubnis.
Aus diesen Ereignissen lernte ich etwas Wichtiges, dass nämlich Armut, wenn sie romantisiert wird, eine Handelsware ist. Die Bergbaugesellschaft machte ihre Absicht, unter unserer Schule nach Zinn zu schürfen, rückgängig, was unsere Armut jedoch nicht im Mindesten linderte. Da wir aber nicht vertrieben wurden, gab es keinen Konflikt mehr mit der Bergbaugesellschaft. So konnte niemand mehr die Gesellschaft unter Druck setzen, konnte sich niemand mehr als Anwalt der Armen einen Namen machen. Es gab keine Wählerstimmen mehr zu gewinnen, und es gab auch keine mitleiderregenden Fotos mehr, die einem Spendenaufruf hätten beigelegt werden können. Mit dem Rückzug der Bagger verlor die Armut unserer Schule ihren Handelswert.
40 Der Himmel war vom frühen Morgen an dunkel und trübe, und dann setzte heftiger Regen ein. Wir rannten zur Schule, platschten durch die Pfützen, bedeckten uns den Kopf mit dem, was gerade da war.
Wir waren schon alle im Klassenraum, elf Schüler, nur Bu Mus fehlte noch. Der Regen fiel immer dichter. Wir lugten durch die Ritzen der Bambuswände der Klasse, warteten auf Bu Mus und waren langsam besorgt. Dann endlich war sie von Weitem zu sehen, sie lief mit kurzen Schritten durch den prasselnden Regen, ein Bananenblatt über dem Kopf, suchte Schutz unter den Tahitikastanien am Rand des Schulhofs und kam dann über den Hof.
Wir spürten, dass sie ein Teil von uns war. Keiner sagte ein Wort. Aber ich wusste, dass ihr Bild dort im Regen uns alle tief berührte. Wir empfanden Mitleid, aber zugleich auch Stolz und Bewunderung. Ein Hindernis nach dem anderen hatte die schmächtige, scheinbar machtlose junge Frau überwunden. Wir stark sie war!
Bu Mus hatte uns schon gesehen, wie wir aufgereiht dastanden und durch die Wand spähten. Sie war pudelnass, lachte aber heiter, froh darüber, wieder bei ihren Schülern zu sein. Wir spürten, dass wir die Malaienkinder waren, die sie am liebsten hatte. Bu Mus wollte keinen Einzigen von uns verlieren, und sie war für jeden von uns die zweite Hälfte der Seele. Wie herrlich, dass uns Gott so eine Lehrerin geschickt hatte. Was sie für uns getan hatte, lässt sich nicht mit Worten beschreiben. Wie sie so über den Schulhof kam mit dem Bananenblatt über dem Kopf, schwor ich tief in meinem Herzen, wenn ich einmal groß wäre, würde ich ein Buch für sie schreiben.
*
Rasch gelang es Bu Mus, uns neuen Mut zu machen. Durch ihre Art wurde unsere Schule bald wieder der ruhige, stille Ort, an dem wir trotz aller Einfachheit mit Freude lernten, ein Ort, der bei aller Bescheidenheit Würde hatte, bei aller Armut friedlich war.
Ehe wirs uns versahen, war der Zeugnistag da. Wir freuten uns, denn zu diesem Anlass kamen unsere Eltern in die Schule. Nach der Zeugnisausgabe würde unsere Versetzung ins letzte Trimester verkündet werden.
Den ersten Platz belegte selbstverständlich Lintang, und ich belegte den zweiten. Harun wollte keine andere Note als eine Drei. Er flehte Bu Mus an, ihm in allen Fächern eine Drei zu geben. Voller Freude betrachtete er die lange Reihe von Dreien und lachte sich halbtot dabei. Er war glücklich, obwohl er auf diese Weise auf den viertletzten Platz rückte.
Was Kucai anging, so gestand er zum ersten Mal in seiner Laufbahn als Politiker und Klassensprecher einen Fehler ein. Er entschuldigte sich dafür, dass er die Regenbogentruppe angestiftet hatte, die Schule aufzugeben und ganztags zu arbeiten. Wie ein Gentleman bat er Bu Mus, ihm von seiner Note in Ethik zwei Punkte abzuziehen. Sein schwacher Schnitt reduzierte sich damit
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