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Die Regenbogentruppe (German Edition)

Die Regenbogentruppe (German Edition)

Titel: Die Regenbogentruppe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Hirata
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reißen Sie unsere Schule nicht ab.«
    *
    Zur festgesetzten Zeit fanden wir uns vor dem Haupteingang zum Gedong ein. Wir hatten unsere besten Sachen angezogen. Bei Syahdan und Mahar fehlten allerdings auch am besten Hemd einige Knöpfe. Lintangs bestes Hemd und seine beste Hose zeigten Flecken von Jambu -Saft, während mein schönstes Hemd ein Gebetshemd war, das ich letztes Jahr beim Wettbewerb der Gebetsrufer als Trostpreis gewonnen hatte. Bevor wir uns zum Direktionsbüro der Bergbaugesellschaft im Gedong aufmachten, sprachen wir gemeinsam ein Gebet.
    Die Wachleute öffneten uns das Tor und baten uns herein.
    Wir betraten den Gedong. Was wir dort erlebten, vergaßen wir so schnell nicht wieder. Es war das erste Mal, dass wir das Innere des Gedong sahen. Bei dem ungewohnten Anblick stand uns der Mund offen, so etwas hätten wir uns nicht in unseren kühnsten Träumen vorstellen können. Wir drängten uns aneinander und zögerten weiterzugehen, weil wir so überwältigt waren.
    Das nächste Gebäude vor uns sah aus wie ein Palast. Von dort war merkwürdige Musik zu hören, von der ich jetzt weiß, dass es klassische Musik war. Auf dem Gelände liefen seltsame Tiere herum. Erst viele Monate später lernten wir aus einem Lexikon die Namen dieser Wesen kennen. Es waren Truthähne, Pfauen, englische Tauben und Pudel. Alle liefen frei herum, wurden nicht bewacht.
    Es gab auch merkwürdige Katzen, wie wir sie noch nie gesehen hatten, so anders als unsere Dorfkatzen, die immer aussahen, als wollten sie etwas erbeuten. Diesen eleganten Katzen mit dem prächtigen Fell sah man an, dass sie verwöhnt wurden. Es waren Angorakatzen.
    Da Flo aus dem Gedong stammte, wollte sie sich nützlich machen und uns führen. »Das sind Häuser aus der holländischen Kolonialzeit im viktorianischen Stil«, erklärte sie.
    An den Fenstern hingen Vorhänge aus feinster Spitze. Die Vorgärten, wie Golfplätze mit gepflegtem Manilarasen bewachsen, waren größer als unser Schulhof. Da gab es Parks und Teiche, an deren Ufer herrliche Lilien wuchsen, wunderschön.
    » Ibunda Guru «, flüsterte Sahara, »das Paradies liegt offensichtlich hier, in unserem Dorf.«
    » Subhanallah , mein Kind, gepriesen sei Allah … Sieh doch nur diese Pracht!«
    *
    Leute vom Sicherheitsdienst begleiteten uns zum Direktionsbüro der Bergbaugesellschaft. Dort wurden wir ins Sekretariat gebeten. Bu Mus traf ihre alten Freundinnen aus der Schulzeit, die als Sekretärinnen und Büroangestellte bei der Bergbaugesellschaft arbeiteten: Midah, Aini, Nizam, Izmi und Nurul. An ihrer Kleidung konnte man sehen, dass es ihnen besser ging als Bu Mus, die sehr einfach gekleidet war.
    Ein Herr im Safarianzug führte uns in das luxuriöse Sitzungszimmer, das mit großen und hohen Möbeln ausgestattet war. Wir waren kaum eingetreten, da erschienen vier Herren, alle in feinen Anzügen. In einem von ihnen erkannten wir sofort den obersten Chef der Bergbaugesellschaft, denn er strahlte deutliche Autorität aus und wurde von allen anderen, die mit ihm gekommen waren, eilfertig bedient. Einer der Herren war der Taikong .
    Wir hatten uns den obersten Boss der Bergbaugesellschaft mehr oder weniger wie den Bergwerksdirektor vorgestellt, furchteinflößend und rechthaberisch. Doch wir hatten uns sehr geirrt, er war völlig anders. Der Chef der Bergbaugesellschaft war von kleiner Statur und hatte klare, kluge Augen. Sein graues Haar begann bereits dünn zu werden. Er war freundlich und bereit, die Meinung anderer anzuhören. Er sah Bu Mus an und lächelte.
    Eine Dame erhob sich, begrüßte uns und forderte nach einigen Höflichkeitsfloskeln Bu Mus auf, unser Anliegen vorzutragen.
    Bu Mus strich sich ihren Dschilbab zurecht und stand auf. Bu Mus hatte schon viele Prüfungen bestehen müssen. Die rücksichtslosen Machtbezeugungen von Mister Samadikun und dem Bergwerksdirektor hatten sie nicht einschüchtern können, doch hier sah ich sie zum ersten Mal zittern. Sie nahm die fünf Seiten ihrer Rede zur Hand.
    Wir warteten darauf, dass Bu Mus nun ihre Rede mit der Präambel der Verfassung beginnen würde. Wir warteten darauf, jeden einzelnen Punkt durch unseren Beifall zu unterstützen. Aber Bu Mus blickte nur stumm auf ihr Manuskript. Eine Weile verging, nichts passierte.
    »Bitte schön, Ibunda Guru «, forderte die Dame sie nochmals auf.
    Bu Mus reagierte nicht. Sie sah aus, als wollte sie tausend Dinge sagen, die auf den fünf Seiten nicht zum Ausdruck kamen. Aber sie brachte kein Wort über

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