Die Regentin (German Edition)
häufig und weihte sich täglich Christus, dem himmlischen König.«
Demgegenüber steht die Anklage des angelsächsischen Hagio-graphen Eddius Stephanus, der in seiner »Vita Wilfridi« über eine Regentin mit Namen Balthild berichtet, die eine böswillige Verfolgerin der Kirche Gottes gewesen wäre, verantwortlich für nicht weniger als neun Bischofsmorde (was reichlich übertrieben scheint und dieser Frau offenbar fälschlicherweise manche der Missetaten zuschreibt, die die berühmt-berüchtigte Bruni-child mehrere Jahrzehnte zuvor begangen hat).
Doch ungeachtet dessen, wie die historische Bathildis wirklich war – ob eine zutiefst fromme, mildtätige, abgeklärte Frau oder eine kompromisslose, grausame Politikerin – in einem scheint Übereinstimmung zwischen meiner Romanfigur und der Heiligen Bathildis zu bestehen, zumindest wenn man der Vita des Heiligen Eligius von Noyon Glauben schenkt, in der von einer merkwürdig anmutenden Episode berichtet wird:
Als die Regentin vor dem Sarg des verehrten Toten steht, so heißt es dort, führte ihre Trauer dazu, den Toten nicht nur zu beweinen, sondern sogar abzulecken, und das so lange und heftig, bis die Nase des Leichnams blutete. Und selbst dann wollte sie ihn nicht loslassen, ja, bemühte sich sogar eigenhändig darum, den Sarg zu verschieben – zum Zeichen, dass sie ihn nach Chelles bringen wollte.
Das Bild, das hier von der Merowingerkönigin vermittelt wird, ist nicht das einer demütigen und sanften Heiligen. Vielmehr wird eine Frau beschrieben, wie ich sie auch in meinem Roman zu zeichnen versuchte: hartnäckig und trotzig, fordernd und unkonventionell, mit einem überaus hohen Maß an Willensstärke und Leidenschaft ausgestattet.
Weitere Kostenlose Bücher