Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die reinen Herzens sind

Die reinen Herzens sind

Titel: Die reinen Herzens sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
Vom Netzwerk:
ihm das nie verzeihen. Er zwang sich, ihr in die Augen zu sehen. Sie waren blau und unergründlich wie ein See.
    »Ich liebe dich, Baby.«
    »Was ist los, Peter?«
    Er küßte ihr die Hand. »Rina, dir wurde die Gebärmutter entfernt«, flüsterte er. »Das ist der Grund, weshalb du keine normalen Blutungen hast.«
    Sie reagierte nicht.
    Nach einigen vergeblichen Versuchen fand er seine Stimme wieder. »Rina, wir haben eine bezaubernde Familie. Ein entzückendes Baby … ein Geschenk Gottes. Das sollten wir nicht vergessen.«
    Sie sagte nichts. Ihre Augen waren ausdruckslos auf ihn gerichtet.
    »Ich weiß, wie dir zumute sein muß … Nein, natürlich weiß ich das nicht. Ich weiß nicht, wovon ich rede.«
    Er küßte erneut ihre Hand.
    »Rina, ich bin ein alter Mann. Mein Gott, wer will schon mit fünfzig im Sandkasten spielen, oder?«
    In ihrem Gesicht spiegelte sich die Unsinnigkeit seiner Argumente wider. Er wußte, er sollte den Mund halten. Aber seine Angst ließ ihn immer weiter reden.
    »Ich weiß, wie viel dir Kinder bedeuten, Liebes. Und ich liebe Kinder doch auch. Aber wir haben drei wunderbare, gesunde Kinder. Ich habe eine fast schon erwachsene Tochter. Babys sind reizend, aber es ist auch nett, wenn Kinder erwachsen und groß werden … ihr eigenes Leben führen. Dann haben wir für uns Zeit … was wir eigentlich nie hatten. Stimmt’s?«
    Keine Antwort.
    »Rina, vier Kinder liegen einem ganz schön auf der Tasche. Gute Schulen, das College. Ich fasse es immer noch nicht, wie viel es kostet, Cindy ein Jahr auf die Columbia University zu schicken …«
    Er sabbelte weiter. An Rina glitt alles ab.
    »Peter, ich bin erst dreißig!«
    Und dann kamen die Tränen, die Trauer, so pur und herzzerreißend, daß sie gnädig seine dümmlichen Ausführungen ertränkte. Er zog ihren Kopf an seine Brust, und sie schluchzte an seiner Schulter.
    »Es ist so gemein, Rina«, flüsterte er. »Es tut mir leid, Baby. So wahnsinnig leid.«
    Die Nachricht war zu niederschmetternd, als daß man rational hätte damit umgehen können. Schließlich weinte Rina sich in den Schlaf.
     
    Mit seiner Tochter im Arm fand Decker Trost. Es gab etwas, wofür er aufrichtig dankbar sein konnte. Wenn Rina Hannah auch nur einen Moment in den Armen halten könnte, dachte er. Er wußte, daß dieser Kontakt, diese Nähe, ihre Depression abschwächen würde.
    Das Baby schlief, während er es sanft wiegte … ein duftendes Paket in seiner Armbeuge. Decker küßte sie durch seinen Mundschutz auf die Stirn, während sein kaffeegeschwängerter Atem durch seine Lungen kreiste. Es war kein unangenehmes Gefühl und überdeckte die Übersäuerung seines Magens in den frühen Morgenstunden. Rabbi Schulman war auf seinen Anruf hin sofort gekommen. Er war jetzt bei Rina, wachte über ihren Schlaf und verschaffte Decker die Chance, bei seiner kleinen Tochter zu sein, ohne sich um seine Frau sorgen zu müssen.
    Decker hatte dem Rabbi nicht direkt gesagt, was mit Rina geschehen war. Aber der alte Mann hatte sich aus dem, was ungesagt geblieben war, die Wahrheit zusammengereimt. Decker war sich Rina gegenüber zwar wie ein Verräter vorgekommen, glaubte jedoch, mit dem Anruf beim Rabbi die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Der alte Mann war stets Trost für sie beide gewesen.
    Cindy zog einen Stuhl zu ihm heran. »Sie ist süß, was?«
    Decker lächelte hinter seinem Mundschutz. »Ich mache nur schöne Mädels!«
    Cindy lachte leise. »Du siehst direkt fröhlich aus, Dad!«
    »Babys schaffen das irgendwie immer. Löst viele Erinnerungen bei mir aus, wie es war, als du geboren worden bist, Schätzchen. Es war heiß und schwül damals. Kaum zu glauben, daß es neunzehn Jahre her ist. Wo bleibt die Zeit?« Decker kicherte. »Klasse! letzt rede ich schon wie ein alter Tattergreis. Bring mich zum Schweigen, bevor ich wie mein Vater zu sabbern anfange.«
    Cindy lachte. Decker sah seine ältere Tochter an. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen.
    »Du bist letzte Nacht nicht nach Hause gefahren, stimmt’s?«
    »Ich bin eingeschlafen. Ich habe mich ausgeruht.«
    »Fahr jetzt heim, Prinzessin. Rabbi Schulman ist bei Rina. Ich warte, bis Rinas Eltern Hannah übernehmen.«
    »Die sind vor fünf Minuten mit den jungen gekommen. Sie möchten das Baby sehen. Leg Hannah in ihr Bettchen, damit die Schwester sie zum Fenster schieben kann.«
    »Ja, natürlich.« Decker stand auf und legte den schlafenden Säugling in sein Bettchen. »Hast du Mrs. Elias gefragt, ob sie

Weitere Kostenlose Bücher