Die reinen Herzens sind
Baby?«
»Können wir noch nicht sagen, Pete. Ist alles ein ziemliches Chaos.«
»Scheiße!« Decker wandte sich an Marge: »Sie wissen nicht, ob das Baby im Wagen ist.«
»Mein Gott!« Cindy wurde bleich. Marge nahm ihre Hand.
»Können Sie mir sagen, wie ich dorthin komme?« fragte Decker mit heiserer Stimme. Die Vorstellung, Caitlin Rodriguez könne im Wagen verbrannt sein, war ein Albtraum.
»Ich habe die Wegbeschreibung hier, Pete. Übrigens, kannst du dich noch an den Namen dieser Zahnärztin erinnern? Du weißt schon, diejenige, die Leichen anhand ihres Gebißschemas identifizieren kann? Wir haben im Fall Lindsey Bates mit ihr zusammengearbeitet.«
»Annie Hennon.«
»Dr. Hennon«, sagte Hollander. »Richtig. Ihre Nummer dürfte in unserer Kartei stehen, oder?«
»Normalerweise schon.«
»Sah die nicht verdammt gut aus?«
»Kann man sagen.«
»Dann rufe ich sie an!« schloß Hollander geradezu euphorisch.
17
Decker stand am Rand einer Schlucht, die vor ihm gut dreihundert Meter steil abfiel, und ließ den Blick über die Canyons von Angeles Crest in der Ferne schweifen. Der Vegetationsteppich, der sich über die schroffen Felsen gelegt hatte, war ausgeblichen und weizengelb von der unbarmherzigen Sommersonne. Watteförmige Wolken zogen über den türkisblauen Himmel und warfen ihre wandernden Schatten auf die Berge. Wo die Sonne ungeschützt draufprallte, glitzerte die Landschaft in unverfälschtem Smaragdgrün und unterschiedlichen Goldtönen. Krähen zogen krächzend ihre Kreise, ebenholzfarbene Flügel glitzerten in der heißen Brise. In diesen Bergen herrschte ein beschaulicher Friede, der nur gelegentlich vom Rascheln des Windes in den Blättern, einem Falken auf Beutesuche oder einer fliehenden Eidechse gestört wurde.
Decker wischte sich über die Stirn und krempelte die Hemdsärmel hoch.
Heute hatte leider der Mensch die Dramaturgie der Wildnis völlig durcheinandergebracht. Am Fuß des Steilhangs lag ein rauchender Blechhaufen. Im beißenden Qualm verstreut standen Feuerwehrwagen wie Spielzeugautos. Die Stimmen der Feuerwehrmänner hallten durch die Canyons. Decker konnte ganze Satzfetzen auf eine Distanz von 250 Metern verstehen. Nicht daß in diesem Stadium noch viel geredet worden wäre. Die Männer erledigten hauptsächlich Papierkram und füllten Formulare aus. Das Feuer war gelöscht. Was blieb, waren Aufräumungsarbeiten. Er hatte sich mit dem Leiter der Einsatztruppe unterhalten, sobald die Spurensicherung und die Fotografen eingetroffen waren. Die Deputies des Sheriffs hatten begonnen, das Gelände abzusperren.
Der schwierigste Teil war, sich auf den Job zu konzentrieren und die Gedanken an Caitlin Rodriguez auszuschalten.
Er sah über die Felskante hinunter und versuchte die Szene vor dem Absturz zu rekonstruieren. So wie es aussah, mußte der Wagen gut fünf Meter von Deckers Standort entfernt abgestürzt sein. Dort lag der kritischste Abschnitt der scharfen Kurve, die die Straße an dieser Stelle machte. Dabei war die Stelle nicht einmal gefährlich zu nennen. Sie hatte nicht im entferntesten Ähnlichkeit mit einer Haarnadelkurve. Vorausgesetzt der Fahrer war nüchtern und fuhr mit vernünftiger Geschwindigkeit, konnte kaum etwas passieren. Die Reifen hatten deutliche Spuren in der Pflanzendecke hinter der Bankette hinterlassen. Einige niedrige Sträucher waren mit den Wurzeln ausgerissen worden, als sie sich vermutlich in den Kotflügeln des Wagens verfangen hatten.
Decker überlegte. Falls Brandstiftung im Spiel war, konnte man logischerweise davon ausgehen, daß der Wagen absichtlich hinuntergestoßen worden war. Die Stelle war einsam, der Abhang fast senkrecht, die Straße schmal und von Bergen und Steilhängen umgeben. Weder Ranger-Stationen noch Camping- oder Picknickplätze lagen in unmittelbarer Nähe. Außerdem gab es an dieser Kurve einen schmalen Seitenstreifen, auf dem der Wagen in aller Ruhe für einen getürkten Unfall hatte vorbereitet werden können.
Der Santa-Ana-Wind war heiß und trocken, und brachte den Gestank von Rauch und Benzin mit sich. Decker ging zu den Reifenspuren hinüber, pflückte einige Blätter aus den Furchen und steckte sie in einen Plastikbeutel. Dann sperrte er das Terrain mit gelbem Plastikband ab. Nachdem der Ort auf diese Weise gesichert war, legte er einen Film in seine Kamera ein und machte Nahaufnahmen von den niedergewalzten Pflanzen und Reifenspuren. Kurz vor eins war er fertig. Die Sonne stand im Zenit. Er fühlte sich wie
Weitere Kostenlose Bücher