Die reinen Herzens sind
Maries Collegering gehalten haben. Ich habe ein wenig herumgespielt, während die Reste vom Kiefer unserer Leiche gebleicht wurden. Ich habe den Goldklumpen gewogen und das mutmaßliche Gewicht des Steins abgezogen. Dann bin ich zu Krechers in Pasadena gefahren. Schon mal von Krechers gehört?«
»Das ist ein großer Juwelier, stimmt’s?« warf Marge ein.
»Fast richtig. Krechers ist der Lieferant für Wachsmodelle und Werkzeuge für Juweliere. Ich habe mir dort fünf Wachsformen von verschiedenen Collegeringen besorgt und Gold vom Gewicht des Klumpens, den wir im ausgebrannten Wagen gefunden haben. Ich wollte Maries Ring nachbilden. Mit einer Dublette läßt sich besser arbeiten als mit einem Goldklumpen. Irgendwelche Fragen bisher?«
Decker und Marie schüttelten den Kopf.
»Ich habe mit Hilfe der Wachsformen fünf verschiedene Ringe hergestellt«, fuhr Annie fort. »Sie haben ungefähr dasselbe Gewicht wie die Reste aus dem Wagen.« Hennon legte eine Kollektion von Ringen auf den Tisch. »Hier sind die Schätzchen. Alles Standard-Collegeringe ohne den Stein. Der Juwelier setzt den Stein erst zum Schluß ein.«
Marge griff nach einem Ring. »Hübsche Arbeit.«
»Danke.«
Decker wog einen Ring in der Hand. »Fühlt sich leichter an als der Klumpen aus dem Honda.«
»Es fehlt ja auch der Stein«, gab Annie zu bedenken. »Aber grundsätzlich haben sie dasselbe Gewicht, nur unterschiedliche Formen.«
Annie nahm vorsichtig zehn Gipsmodelle aus der Tasche. »Seht euch die mal an.«
»Finger?« fragte Decker.
»Gutes Auge«, lobte Annie. »Ich habe Gipsformen von den Fingern unseres Opfers anfertigen lassen. Keine leichte Aufgabe. Die Knochen waren sehr brüchig.« Sie betrachtete einen Gipsfinger. »Die Nachbildungen sind nicht perfekt, aber sie haben die richtigen Proportionen und Durchmesser. Und was fällt euch dabei auf?«
Decker griff nach einem Ring und schob ihn auf einen Gipsfinger. Vor dem zweiten Fingergelenk blieb er stecken. Er versuchte es mit sämtlichen Ringen auf allen Gipsfingern. Immer mit demselben Resultat.
»Wie lautet Ihr Urteil, Pete?«
»Die Ringe, die Sie angefertigt haben, sind für diese Finger zu klein.«
»Genial, mein Lieber«, bemerkte Annie. »Haben Sie nicht gesagt, die Bellson habe immer mit dem Ring gespielt?«
»Meine Tochter hat das behauptet«, antwortete Decker. »Wie übrigens auch Lourdes Rodriguez.«
»Wenn es sich um einen der Standard-Collegeringe mit entsprechendem Gewicht gehandelt hat, konnte sie damit nicht spielen. Dazu saß er viel zu eng.« Annie griff nach einem anderen Ring. »So müßte der Ring aussehen, wenn er das richtige Gewicht haben und über ihren Finger passen soll.«
Das Stück war für einen normalen Ring nicht zu schmal, aber viel zu schmal für die üblichen Collegeringe, die Decker kannte. Die meisten Collegeringe hatten Gravuren an den Seiten. Bei diesem Ring wäre dafür kaum Platz gewesen. Annie steckte den Ring über die Gipsfinger.
»Seht ihr, wie gut der paßt?«
Decker betrachtete den Ring eingehend. »Sieht nicht annähernd wie die Collegeringe aus, die ich kenne.«
»Kann ich nur bestätigen«, sagte Annie. »Der Reif ist zu schmal für die üblichen Gravuren und Monogramme.«
»Du glaubst also nicht, daß der Ring zu der Leiche gehört, die wir gefunden haben?« fragte Decker.
»Das möchte ich mal so ganz locker behaupten«, antwortete Annie. »Beweisfähig ist das natürlich nicht unbedingt. Dazu gibt es noch zu viele Unwägbarkeiten. Habe mir damit sozusagen nur die Zeit vertrieben. Aber vielleicht bringt euch das auf andere Gedanken.«
»Kann man sagen.« Marge leckte sich die Lippen. »Wenn der Ring also Marie gehörte, aber nicht auf die Finger der Leiche paßt – wessen Leiche haben wir dann in Maries Wagen gefunden?«
Decker fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Gute Frage.«
Annie lächelte schief. »Wirklich gute Frage.«
22
Decker, der ein Chaos erwartet hatte, war perplex, als er den Haushalt wohlgeordnet vorfand. Das Wohnzimmer war aufgeräumt, der Tisch im Eßzimmer hübsch gedeckt. Aus der Küche duftete es aromatisch. Decker ging seiner Nase nach und öffnete die Backofentür. In zwei Brätern brutzelten gefüllte Hühnchen. Er goß sich ein Glas Milch ein.
Dann atmete er tief durch und genoß die Stille, bis ihm auffiel, daß das Haus eigentlich zu still war.
Er zog den Vorhang vor dem Küchenfenster zurück. Unterhalb der Veranda saß seine Schwiegermutter mit der Kinderschwester beim
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