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Die reinen Herzens sind

Die reinen Herzens sind

Titel: Die reinen Herzens sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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und begann mit dem Bizepstraining. Marge ging auf sie zu. Es war ein Hindernislauf durch schweißtriefende Muskelmassen. Als Marge sie erreichte, hatte sie ihr den Rücken zugewandt.
    »Tandy Roberts?«
    Keine Antwort. Die Frau griff nach einem anderen Hantelpaar, setzte sich an die Kante einer Bank und trainierte weiter.
    »Entschuldigung, wissen Sie, wo ich Tandy Roberts finde?« versuchte Marge es erneut.
    »Hau ab. Ich bin beschäftigt!« zischte die Frau, ohne aufzusehen.
    Die unverhohlene Aggressivität verschlug Marge im ersten Moment die Sprache. Die Dame schien Steroide zu nehmen. Marge zückte ihre Polizeimarke. »Polizei. Sind Sie Sondra Roberts?«
    Die Frau stand auf und warf einen Blick auf die Polizeimarke. »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
    »Ich habe Ihnen eine einfache Frage gestellt, Miß Roberts. Ihre feindselige Reaktion überrascht mich. Was geht in Ihnen vor?«
    Tandy legte die Hanteln ab. Dann griff sie nach einem Handtuch und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. »Sie haben wohl keine Ahnung von Bodybuilding. Ist eine verdammt anstrengende Sache. Und man sollte die Übungen nicht einfach unterbrechen. Ist tödlich für das Timing. Könnten Sie warten, bis ich fertig bin?«
    Marge zögerte. Tandy wirkte zwar gereizt, aber etwas respektvoller. Nervös war sie nicht. Sie hielt Marges Blick ruhig stand.
    »Tandy, ich brauche Ihre Hilfe. Jetzt.«
    Tandy befeuchtete die Lippen. »Meine Hilfe? Wozu?«
    Erneut ertönte ein ohrenbetäubender Knall.
    »Idiot!« zischte Tandy. »Man darf die Gewichte nicht einfach fallen lassen. Zeigt, daß man nicht kontrolliert genug arbeitet.«
    »Können wir uns irgendwo unterhalten, wo’s ruhiger ist?«
    »Auf der anderen Straßenseite gibt’s ’ne Saftbar.« Sie stand auf. »Kommen Sie! Geben Sie mir einen Tip, worum’s eigentlich geht?«
    »Marie Bellson.«
    »Marie?«
    »Richtig. Soviel ich gehört habe, waren Sie mit ihr befreundet.«
    »War! Ja.«
    Marge folgte der jungen Frau zum Ausgang. Sie hatten die Tür schon erreicht, als ein Muskelpaket brüllte: »He, Tandy! Du bist doch wohl noch nicht fertig?«
    Tandy warf dem Muskelprotz ein Lächeln zu. »Um es mit den Worten des einmaligen Arnold zu sagen: Bin gleich zurück!«
    »Ist doch Scheiße, Roberts, aufzuhören und wieder anzufangen.«
    »Erzähl das mal den Bullen, Eric.«
    »Den Bullen?«
    »Maulhalten, ihr Arschlöcher!« keifte eine andere Stimme.
    »Fick dich!« schrie Eric.
    Tandy hielt Marge die Tür auf. »Kultivierter Laden, was?«
    »Nerven sind hier wohl Mangelware.«
    »Gehört mit zur Psychologie«, sagte Tandy. »Ans Gewichttraining muß man rangehen wie an einen Feind. Das Fluchen und das ganze Drum und Dran ist nötig, um sich psychisch aufzubauen. Bodybuilding ist die reinste Sklaverei.«
    »Und warum tun Sie das?«
    Die Frage schien Tandy zu verblüffen. Sie zögerte. »Jeder hat da seine ganz persönlichen Gründe.«
    »Und die Ihren wären?«
    »Was hat das mit Marie zu tun?«
    »Nichts.«
    »Dann bleiben meine persönlichen Gründe meine persönlichen Gründe.«
    »Geht in Ordnung.«
    Sie überquerten schweigend die Straße und betraten die Saftbar. Dort setzten sie sich an die U-förmige Theke. Marge bestellte einen Orangensaft. Tandy verzichtete, versuchte Marge jedoch zu einem speziellen Obstsalat zu überreden.
    »Ich hab keinen Hunger«, wehrte Marge ab. »Hab erst einen Hot dog mit Sauerkraut gegessen.«
    Tandy runzelte die Stirn. »Jedem das Seine. Als ich Gewichtsprobleme hatte, konnte mich auch keiner zur Vernunft bringen.«
    »Gewichtsprobleme?«
    Tandy seufzte. »Wollen Sie über Marie reden oder über mich?« Sie hielt kurz inne. »Was ist eigentlich mit Marie los?«
    »Haben Sie heute noch keine Fernsehnachrichten gesehen?«
    »Nee, danke. Nachrichten gucke ich nicht. Ist mir zu deprimierend. Wenn’s irgend geht, mache ich die Kiste nicht an.«
    »Dann haben Sie nichts von dem verschwundenen Säugling gehört?«
    Tandy fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Nein.«
    Kathy, die Barkeeperin, stellte einen Krug mit Orangensaft auf die Theke. Marge trank einen Schluck, wartete darauf, daß Tandy etwas sagte, den Ball zurückspielte. Sie parierte ihn schließlich gelassen.
    »Was ist mit dem verschwundenen Säugling?«
    »Marie war im Krankenhaus für das Neugeborene zuständig. Sie ist ebenfalls verschwunden.«
    »Marie ist verschwunden?«
    »Sagte ich doch bereits. Wie gut haben Sie sie gekannt?«
    Tandy zögerte. »Ziemlich gut, schätze

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