Die reinen Herzens sind
mich bist du noch immer sehr sexy!«
»Es genügt nicht, daß du mich sexy findest, Peter«, flüsterte Rina. »Ich will mich sexy fühlen! Wieder wie eine Frau fühlen. Wieder wie eine Frau aussehen. Nicht wie eine nutzlose Gebärmaschine. Deshalb hole ich Hannah immer zu mir. Da sehe ich wenigstens, wozu ich gut bin.« Sie lächelte unwillkürlich. »Sie ist jedes Fettpolster wert. Ich wünschte nur …« Tränen traten in ihre Augen. »Nichts haben wir in der Hand, nicht wie wir aussehen, wie wir altern, wenn sie einem die Gebärmutter herausnehmen.«
Decker nahm seine Frau in die Arme. »Rina, ich liebe dich und nicht deine Gebärmutter. Und für mich bist du wunderschön. Und ich meine damit nicht nur die äußere Hülle, sondern auch das, was drin ist. Natürlich habe ich mich von deiner rein äußeren Schönheit angezogen gefühlt, keine Frage. Aber verliebt habe ich mich in deine innere Schönheit. Auf diese Weise bist du für mich auch noch schön, wenn du mal alt und runzlig bist.« Er hielt inne. »Denn wie alt du auch immer bist, ich bin dir zwölf Jahre voraus.«
Rina gab ihm einen Klaps auf die gesunde Schulter, in der keine Kugel steckte.
»In den letzten drei Jahren hast du wie meine Tochter ausgesehen. Wie wär’s, wenn du mir mal eine Verschnaufpause gönnst und aussiehst wie meine zweite und jüngere, sehr viel jüngere Frau?«
Rina war eine Weile still.
»Wir sollten jetzt schlafen!« sagte sie schließlich.
»Soll das heißen, daß du dich jetzt nicht wild und leidenschaftlich von mir lieben lassen willst?«
Rina lachte, schüttelte den Kopf und küßte ihn. »Ich liebe dich. Danke, daß du mit mir geredet hast.«
»War mir ein Vergnügen, Honey.«
Rina ließ sich in die Kissen fallen. »Ich bin tot. Gute Nacht.«
»Gute Nacht.« Decker zog sein Kissen unter den Kopf. Es war um Lichtjahre bequemer als der Stamm eines Avokadobaumes.
25
Decker verschlief die Stillzeit seiner Tochter um sechs Uhr morgens. Um halb acht jedoch hatte er geduscht, sich rasiert, angezogen und fühlte sich fast wieder wie ein Mensch. Rina war erneut eingeschlafen. Decker nahm seinen Tallit und den Tefillin aus dem Schlafzimmer, um sein Morgengebet im Wohnzimmer zu verrichten. Während er vor Hannahs Bettchen stand und das schlafende Baby betrachtete, wußte er, daß er allen Grund hatte, dankbar zu sein, und er fand, daß Gott das wissen sollte. Er hatte gerade die Gebetsriemen um die Kapseln mit den Toratexten gewickelt, als Hannah unruhig zu werden begann. Mit roten Backen, einen unwilligen Ausdruck im kleinen Gesicht, ließ sie einen unwirschen Schrei los. Decker nahm seinen Gebetsschal ab und steckte ihn in das Samtsäckchen; dann hob er seine Tochter hoch.
»Na, was gibt’s?«
Hannah wandte den Kopf in die Richtung, aus der die Stimme kam. Langsam schlug sie die Augen auf.
»Guten Morgen«, sagte er leise.
Das Baby starrte ihn stumm aus schläfrigen Augen an. Decker fühlte etwas an seinem Arm; ein feuchter, dunkler Fleck zeichnete sich auf seinem Jackettärmel ab. »Ich schlag dir einen Deal vor, Hannah Rosie. Ich wechsle dir die Windel, und du verzichtest auf weitere Überraschungen, okay?«
Decker legte sie sanft wieder in ihr Bettchen und wechselte die durchweichte Windel. »Besser?« fragte er schließlich.
In diesem Moment kam Nora herein. Sie streckte die Hände nach Hannah aus. »Gehen Sie frühstücken, Sergeant. Den Rest übernehme ich.«
»Sind die Jungen gut zur Schule weggekommen?«
»Natürlich. Ihre große Tochter hat ihnen Frühstück gemacht und ist mit ihnen vor einer halben Stunde losgefahren. Auf dem Tisch stehen Cornflakes. Milch ist im Kühlschrank.«
»Danke.«
Die Haustür ging auf, und Cindy schwebte herein. Sie umarmte ihren Vater, und gemeinsam gingen sie in die Küche. Decker halbierte eine der Grapefruits, die er in der Nacht gepflückt hatte. »Du scheinst gut gelaunt zu sein heute morgen, Cindy.«
»Ich habe gut und lange geschlafen.« Cindy schenkte sich ein Glas Wasser ein. »Wenn ich ausgeschlafen habe, bin ich unwiderstehlich.«
»Wie ist es um dein Gedächtnis bestellt, Superfrau?«
»Hm, mal sehen. Stell mich auf die Probe.«
»Als du auf der Säuglingsstation warst, Cindy. Sind dir da in der Umgebung von Marie Bellson irgendwelche Farbigen aufgefallen?« fragte Decker.
»Farbige?«
»Oder vielleicht eine Farbige. Muß nicht unbedingt eine Schwester gewesen sein. Könnte auch eine Ärztin, Putzfrau oder Verwaltungsangestellte gewesen sein. Vielleicht
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