Die reinen Herzens sind
auch eine Pharmavertreterin. Sie muß nur groß und kräftig gewesen sein.«
»Warum?«
»Das sage ich dir, sobald du meine Frage beantwortet hast. Denk nach, Cindy! Gründlich.«
»Vielleicht bin ich nicht die Richtige für diese Frage. Ich habe Marie gemieden, so gut es ging.«
Decker aß seine Grapefruit. »Also, dann machen wir’s kurz. Hast du auf der Station irgendeine Farbige gesehen?«
Cindy überlegte. »Ja, natürlich«, sagte sie plötzlich. »Lily. Sie gehörte zum Team auf der Station.«
Decker sah auf. »Wer ist Lily?«
»Eine der Säuglingsschwestern.«
»Wie bitte?«
»Was ist denn los, Daddy?«
»Diese Lily ist eine Farbige?«
»Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, war sie’s noch.«
»Das ist nicht witzig. Kennst du ihren Nachnamen?«
»Nein, aber Darlene. Ich glaube, Lily war einer ihrer Schützlinge.«
»Warum, zum Teufel, erinnere ich mich nicht an den Namen?« Decker eilte aus der Küche und öffnete seinen Aktenkoffer. Hastig ging er seine Notizen durch. Cindy folgte ihm.
»Was suchst du denn, Daddy?«
»Sekunde.«
Decker setzte sich. »Eine Lily steht nicht auf meiner Schwesternliste der Station. Nur eine Christine Sims.«
»Christine? Das ist keine Farbige.«
»Das weiß ich auch. Erinnerst du dich, Christine in der Nacht gesehen zu haben, als Caitlin Rodriguez entführt wurde?«
»Ja, bestimmt sogar«, antwortete Cindy nachdenklich.
»Und was ist mit dieser Lily?«
Cindy überlegte erneut. »Ich kann mich nicht erinnern, ob ich ihr in der Nacht der Entführung oder am Abend zuvor begegnet bin. Aber Darlene muß wissen, ob sie Dienst hatte.«
»In meinen Notizen steht nichts davon. Und ich habe Darlene eingehend über die Leute befragt, die ihr unterstehen.«
»Dann hatte Lily in jener Nacht keinen Dienst. Diese Zeit im Krankenhaus … ich hatte jedes Zeitgefühl verloren.«
»Aber selbst wenn Lily keinen Dienst hatte, hätte sie in der Säuglingsstation J auftauchen können, ohne daß du dir dabei was gedacht hättest.«
»Natürlich. Aber warum hätte sie dort sein sollen, wenn sie keinen Dienst hatte? Es sei denn, sie hatte etwas mit der Entführung zu tun.«
Decker antwortete nicht.
»Daddy, warum interessierst du dich so für diese große farbige Frau?«
Decker fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Die Leiche im Honda war nicht Marie, Schätzchen. Sie war eine große, füllige Frau, vermutlich schwarzer Hautfarbe. War Lily groß und füllig?«
Cindy nickte ernst. Dann kamen ihr die Tränen. Decker fühlte sich hilflos. Er hätte seine Fragen geschickter stellen müssen. Cindy war nicht alles zuzumuten. Er hatte den Bogen überspannt.
»Sie schien sehr nett zu sein«, murmelte Cindy. »Lily, meine ich. Sie war jung. Kaum älter als ich.«
»Wir haben die Tote noch nicht identifiziert, Prinzessin. Diese Lily ist vermutlich gesund und munter. Ich sollte dich nicht mit diesem Zeug konfrontieren.«
»Nein, nur …« Cindy mußte sich sichtlich überwinden. »Glaubst du, Marie Bellson hat Lily umgebracht?«
»Keine Spekulationen, solange die Tote nicht identifiziert ist. Im Augenblick beschäftigt mich eher Darlene. Hat sie nur einen Fehler gemacht, oder hat sie mich absichtlich in die Irre geführt?«
»Vielleicht hatte Lily wirklich keinen Dienst, Daddy.«
»Möglich.« Decker kehrte in die Küche zurück. Der Appetit war ihm vergangen. Trotzdem mußte er etwas essen, wenn er effektiv arbeiten wollte. Er stellte Kaffeewasser auf, machte sich ein paar Rühreier und zwang sich zu frühstücken. Je genauer er seine Notizen durchlas, desto unverständlicher war es ihm, daß diese Lily ihm völlig entgangen sein sollte. Zehn Minuten später kam Cindy mit Hannah auf dem Arm herein.
»Alles in Ordnung, Cindy?«
»Bestens.«
»Ich mach mich jetzt auf die Socken.« Decker stand auf. »Ich muß ins Krankenhaus und mit Darlene reden, falls sie da ist. Gibt noch ’ne Menge Details zu klären, wenn wir in diesem Fall endlich weiterkommen wollen.«
»Hast du eigentlich die Kassette gefunden, zu der der Schlüssel aus Marie Bellsons Wohnung paßt?« wollte Cindy wissen.
Decker schüttelte den Kopf. »Noch nicht.«
»Wie war es denn mit Tandy Roberts gestern?«
»Warum interessierst du dich für sie?« wollte Decker wissen.
»Weil sie Maries Freundin war. Ich verstehe nicht, wie man mit Marie befreundet sein kann.«
»Paula war mit Marie befreundet.«
»Ist es dieselbe Geschichte wie mit Paula? War Tandy Lernschwester bei Marie?«
Decker antwortete
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