Die Reise der Jona
zugenommen.
Sein Autolobus funktionierte allerdings noch. Der autonome Teil seines Gehirns war es auch, der Williger leise und mit metallischer Stimme über den Zustand der Körperorgane berichtete, bis sie wütend wurde und ihm über den Mund fuhr. »Ich weiß selbst, was ich zu tun habe, verdammt noch mal!«
Korie wollte fragen, aber er kannte Molly Williger gut genug, um sie nicht während ihrer Arbeit zu unterbrechen.
»Keinerlei motorische Funktionen«, sagte sie – nicht allein zu ihrem medizinischen Stab, sondern auch zum Autolog. »Herzschlag, Atmung, EEG – alles auf Tiefschlafniveau. Das hier wird ein Fall für die Lehrbücher. Ich habe noch nie zuvor die Auswirkungen von Phullogine auf den menschlichen Organismus beobachten können.« Sie straffte sich, machte einen Schritt zurück und studierte, schielend vor Konzentration, die Bildschirme an der Decke. Sie fluchte erneut. Korie war froh, daß er nichts verstand.
»Was ist mit seinem mentalen Zustand?« fragte er.
Achselzuckend erwiderte sie: »Er kann reden, aber nur langsam. Ich kann nicht feststellen, ob er Schmerzen hat oder nicht.«
»Kann er kommandieren?«
Williger funkelte ihn an. »Liegt Ihnen so verdammt viel an diesem verdammten Stuhl?«
»Doktor…«, begann Korie vorsichtig. »Wenn Hardesty kommandieren kann, dann ist er der Kapitän. Wenn nicht, bin ich es. Aber einer von uns muß es sein, uns Sie sind als einzige Person qualifiziert, seinen Zustand zu beurteilen.«
»Seine Gehirnprothese arbeitet einwandfrei«, lenkte Williger ein. »Wenn es nur um diesen Apparat ginge, würde ich sagen, er ist fit. Aber Sie und ich wissen beide, daß der Kapitän mehr ist als dieses Implantat, und daß es gewichtigere Fragen gibt, die ich aber bisher nicht beantworten kann. Beispielsweise, wie gut ist die Integration seiner Prothese in den Rest seiner Persönlichkeit? Ich habe keine Ahnung. Was ist mit dem seelischen Gleichgewicht? Keine Ahnung. Wie lange wird dieser Zustand andauern? Ich habe nicht die leiseste Idee. Ich kann mich nicht deutlicher ausdrücken, als ich es bereits getan habe.«
»Ich benötige Ihre Entscheidung, Doktor. Selbst wenn sie falsch ist.«
Jetzt war er sicher – sie war wütend. Sie wirbelte zu ihm herum und schob ihn zurück gegen die Wand. »Nicht jetzt, verdammt! Verstehen Sie nicht? Er kann uns hören!«
»Um so besser. Ich will das sowieso nicht hinter seinem Rücken tun. Wir beide wissen, was für eine Sorte Kapitän er ist.«
»Sie kapieren einfach nicht, was? Hardesty wußte, was mit ihm geschah. Jede Minute. Er verstand, was Cinnabar tat, und warum er es tat. Der Schock wirkt noch immer nach. Die meisten Menschen…« Mitten im Satz hielt sie inne und packte Kories Arm. Sie zog ihn nach draußen in den Warteraum und weiter durch die Hälfte des Korridors. »Hören Sie mir gut zu! Für die meisten Menschen geht das Sterben relativ schnell. Für Hardesty kann es Monate dauern. Oder noch länger. Und die ganze Zeit über ist er bei Bewußtsein. Wie würde es Ihnen gefallen, im Bett zu liegen und zu wissen, daß Ihr Tod ein ganzes Jahr dauert? Oder zwei?«
Korie öffnete den Mund zu einer Antwort, dann schloß er ihn wieder.
Er überlegte sich seine nächsten Worte, während er hinunter in Willigers wütendes Gesicht starrte. Er senkte seine Stimme und sagte leise: »Wenn das hier vorbei ist, werde ich genügend Zeit haben, um entsetzt zu sein über die Situation und all die schwierigen Entscheidungen, die Sie und ich zu treffen hatten. In der Zwischenzeit – nur für den Fall, daß Sie es noch nicht bemerkt haben – befinden wir uns in einem Krieg, und dieses Schiff braucht einen kommandierenden Offizier. Ich muß Befehle erteilen, und sie müssen legal sein!«
»Sie kennen die möglichen Konsequenzen, die sich für ihn – und für Sie – ergeben, wenn ich falsch liege? Was, wenn er sich innerhalb sechs Stunden völlig erholt? Was, wenn Sie in der Zwischenzeit unwiderrufliche Entscheidungen getroffen haben?«
»Wenn er sich erholt, dann schreiben Sie ihn wieder gesund, und ich gebe ihm den Stab mit Freuden zurück. Und ich verspreche Ihnen, daß ich bis dahin versuchen werde, uns alle am Leben zu halten. Und jetzt«, fragte er demonstrativ, »werden Sie den Kapitän für dienstunfähig erklären oder nicht?«
Willigers Gesicht verhärtete sich. In diesem Augenblick wurde offenkundig, daß sie Korie nicht besonders leiden konnte.
Aber schließlich nickte sie. »Sie haben das Kommando.«
Sie drehte
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