Die Reise der Jona
zum vorderen Kielschacht hinunter und ging vorsichtig weiter in Richtung Brücke. Brik folgte ihm entschlossen. Nakahari blickte sich um und erschauerte. Dann ging er zur Hauptkonsole des Maschinenraums und stöpselte ein tragbares Terminal ein. Anschließend fuhr er das System hoch.
Korie schlich vorsichtig durch den Betriebsraum hinauf in die Kommandozentrale – und verharrte.
Er wußte nicht, woher er es wußte – aber er war nicht allein. Er drehte sich um – es schien eine Ewigkeit zu dauern – und starrte.
Im Kapitänssitz…
… saß Hardesty.
Korie zuckte zusammen.
Brik schloß zu ihm auf.
Der Kapitän war in einen großen transparenten Plastiksack gestopft – einen luftdichten Transfersack. Grüner Nebel hüllte ihn ein.
»Er ist nicht tot«, sagte Brik.
Auf der Brust des Kapitäns arbeitete ein medizinisches Überwachungsgerät. Der Schirm glomm. Selbst von hier aus konnte Korie die Diagramme erkennen.
Der Kapitän öffnete blinzelnd die Augen. Sie bewegten sich langsam, unendlich langsam. Sie suchten. »O nein!« stöhnte Korie auf. Er sprang die Stufen zur Brücke hinauf.
Hardestys Stimme ertönte wie aus großer Entfernung. Sehr schwach und sehr mühsam setzte der Kapitän zu sprechen an: »Helft… mir…«
Korie konnte nicht anders, er war gleichzeitig entsetzt und fasziniert. Die Haut des Kapitäns schimmerte in einem grauenhaften Ton. Er sah aus wie ein Zombie.
»Er befindet sich in einem Übergangszustand«, erklärte Brik. »Seine Körperfunktionen arbeiten nicht mehr, aber seine Gehirnprothese ist noch immer aktiv.«
»Was ist das?« Korie konnte seine Augen nicht losreißen.
»Phullogine«, erklärte Brik. »Es ist ein sehr schweres, inertes Gas. Man benutzt es zur Hibernation…« Und dann fügte er zu Kories Bestürzung hinzu: »… und um Essen zu konservieren.«
Hardesty sprach erneut. Er keuchte, und die Worte waren beinahe unhörbar. »Der… Assassine…« Er verlor das Bewußtsein, ohne den Gedanken ausgesprochen zu haben.
»Eine Trophäe, ein Andenken«, sagte Brik. »Oder einfach nur Proviant.«
»O Gott, nein! Das ist grauenhaft!« Korie sprach in sein Mikro: »Wir haben den Kapitän gefunden. Auf der Brücke der Burke. Schicken Sie ein Mediteam. Sofort!«
Dann, als ihm ihre Aufgabe in den Sinn kam, fügte er hinzu: »Und die Arbeitsmannschaften.«
Er sah über die Schulter zu Brik. »Können wir ihn retten?«
»Ich weiß nicht genug darüber. Vielleicht Doktor Williger. Aber ich bezweifle es.« Er wandte sich ab. In diesem Augenblick erreichten Bach und Armstrong die Kommandozentrale. Als sie den Kapitän erspähten, stieg Entsetzen in ihnen auf. Brik zog sie mit sich fort. »Kommen Sie. Ich will diesen Assassinen finden.«
Die drei verschwanden durch die vordere Schleuse und ließen Korie allein unter dem starren Blick des künstlichen gelben Auges von Kapitän Hardesty zurück.
Krankenstation
Vielleicht war Molly Williger wütend, aber Korie konnte es nicht sagen. Er hatte sie nie gesehen, wenn sie nicht fluchte. Korie war glücklich, daß er die meisten Sprachen nicht kannte, die sie dabei benutzte. Er war beinahe sicher, daß sie einige ihrer elegantesten Flüche in antikem Latein rezitierte.
»… keine Art, einen menschlichen Körper zu behandeln!« sagte sie soeben. »Warum zur Hölle mache ich mir die Mühe und verschwende meine Zeit, um sie aufzupäppeln, wenn sie hinterher mit Monstern Fangen spielen?«
Korie folgte dem Mediteam, das die Bahre von Kapitän Hardesty trug, den ganzen Weg zurück bis in die LS-1187, hinunter in den vorderen Kielschacht, halb hindurch bis in die Krankenstation und durch den Warteraum bis in das Untersuchungszimmer, das gleichzeitig als OP-Saal diente. Er stand abseits an einer Wand und beobachtete, wie Williger, Fontana und Stolchak den Kapitän aus den Plastiksack befreiten und an die Lebenserhaltungssysteme anschlossen. Stolchak, die Neue, war sehr geschickt. Ihre Hände bewegten sich zielstrebig von hier nach da, installierten Monitore, setzten Schläuche ein, starteten Programme und das Blutreinigungssystem und hielten Werkzeuge für die Ärztin bereit, noch bevor sie danach fragte.
Korie blickte auf die Reihe von Bildschirmen an der Decke. Einige der Linien zeigten beinahe keinen Ausschlag. Der Herzschlag des Kapitän ging nur noch schwach. Seine Sauerstoffaufnahme war beinahe Null. Beide Augen waren geschlossen, und seine Blässe hatte, seit er aus dem Sack geholt worden war, noch weiter
Weitere Kostenlose Bücher