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Die Reise der Jona

Die Reise der Jona

Titel: Die Reise der Jona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gerrold
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jetzt geradewegs in die Augen. »Jon, wir sind so stolz auf dich. Aber ich vermisse dich sehr, genau wie die Jungs. Wir wünschten, du könntest hier bei uns sein.«
    »Das wünschte ich mir auch. Wenn ich nur… dann würden wir jetzt Zusammensein.« Aber sie konnte ihn nicht hören. Die aufgezeichnete Nachricht war alles, was von seiner Familie geblieben war; die Aufzeichnung – und seine Erinnerungen.
    Es reichte nicht. Nichts würde jemals wieder reichen.
     
    Als er nach vier Wochen an Bord der LS-1187 zurückkehrte, war er ein anderer Mensch geworden.
    In seinen Augen stand eine neue Schärfe, und seine Haltung verriet düstere Wildheit. Selbst wenn er sich entspannte, schien eine innere Entschlossenheit in ihm zu schwelen, die noch keinen Brennpunkt gefunden hatte, aber gefährlich war…
    Seine Mannschaft merkte sofort, daß etwas nicht mit ihm stimmte, und sie ging auf vorsichtige Distanz. Sie wandten die Köpfe von ihm ab und beeilten sich, ihrer Arbeit nachzukommen.
    Irgend etwas an Korie war anders.
    Seine gelassene Art, seine Geistesgegenwart und das blitzende Lächeln waren verschwunden. Statt dessen hatte er sich in eine düstere Gestalt verwandelt. Sein Mitgefühl war ausgebrannt, und in der Lücke, die es hinterlassen hatte, schwelte eine unbestimmte Ruhelosigkeit. Niemand wollte das erste Ziel seiner Wut werden, falls sie eines Tages ausbrechen sollte.
    Sie erkannten den Wahnsinn in seinen Augen und erschauerten.

 
Die Mannschaft
     
     
    Die Arbeitsbeleuchtung auf der Hülle der LS-1187 ließ das Schiff knallbunt aussehen. Es glitzerte und glänzte auf dem den Hintergrund der endlosen Nacht. Die LS-1187 war das hellste Objekt im Dock.
    Es war Absicht.
    Wenn Stardock entdeckt und angegriffen wurde, dann würde die LS-1187 das erste Schiff sein, das der Gegner zerstörte. Sie war ein Köder – und jeder wußte es.
    Aber – falls Stardock entdeckt und angegriffen würde, dann wäre die Zerstörung total. Nichts würde übrigbleiben. Und daher war es vollkommen bedeutungslos, daß die LS-1187 so hell angestrahlt war.
    Außer, daß es ebenso absichtlich eine Demütigung darstellte.
    Die vier Schiffe, die außerdem angedockt hatten, lagen in dunklen Hangars. Die Wartungsmannschaften schwärmten mit tragbaren Scheinwerfern über die Schiffshüllen. Die LS-1187 war hell beleuchtet – aber wenn überhaupt jemand an ihr arbeitete, dann ihre eigene Besatzung.
    Sie war Jona.
    Jedes Schiff trug eine Nummer. Schiffe, die bereits Blut geschmeckt hatten, trugen einen Namen.
    Schiffe, die einen Ruf besaßen, trugen inoffizielle Namen.
    So wie die LS-1187. Sie war Jona. Die Verfluchte.
    So wurde sie von den Mannschaften der anderen Schiffe genannt, die an Stardock angelegt hatten.
    Judas war in Erwägung gezogen worden. Eine Weile schien es, daß Judas ihr Spitzname werden sollte; aber schließlich hatten sie den Namen wieder verworfen, weil die LS-1187 sich nicht schlau genug angestellt hatte, um einen Judas abzugeben.
    Das Schiff besaß keinen Kapitän. Die Gerüchte wußten, daß sie auch weiterhin keinen Kapitän besitzen würde.
    Sie konnten sie nicht außer Dienst stellen. Sie war noch immer als funktionstüchtig klassifiziert. Aber sie konnten sie auch nicht nach draußen schicken. Niemand wollte auf ihr fahren. Ihre alte Mannschaft hatte keine großartige Auswahl; aber außer ihr stimmte niemand freiwillig einer Versetzung an Bord der Jona zu.
    Also wartete die LS-1187.
    Ihre Besatzung wußte Bescheid.
    Sie konnten nicht nicht wissen.
    Es hinterließ seine Spuren. Es gab Arbeiten an Bord, die getan werden mußten, aber sie wurden nur oberflächlich erledigt. In der Hülle klaffte ein großes Loch. Harlie litt an einem schweren Trauma. Die Backbord-Disruptoren waren ein zerschmolzener Haufen Schrott. Das Systemanalysenetzwerk existierte nur in Fragmenten. Und auch sonst war nichts so, wie es hätte sein sollen. Die Reparaturarbeiten schritten planlos voran, ohne Weitblick und ohne Sorgfalt.
    Der Leitende Ingenieur Leen versuchte alles, aber schließlich erlag auch er der Hoffnungslosigkeit, die Stardock beherrschte.
    Das Schiff war nach Hause gekommen, aber es trieb noch immer dahin. Der Erste Offizier Korie war nur ein düsterer Schatten, und die Mannschaft vertraute ihm nicht mehr. Man hatte ihm das Kommando verweigert, das er verdiente. Das hatte bestimmt etwas zu bedeuten, obwohl niemand sich einen Reim darauf machen konnte. Wilde Spekulationen machten die Runde, aber vergeblich: jeder kannte den

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