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Die Reise in die Dunkelheit

Die Reise in die Dunkelheit

Titel: Die Reise in die Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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aus einem mit Wellblech verkleideten Stahlgitter. Die Seeleute hatten es gleich nach ihrer Ankunft an der Tschkalowskaja angebracht. Die Konstruktion wackelte bedenklich, und durch Risse im rostigen Blech quetschten die Bestien ihre geifernden Kiefer. Die oberen Verankerungen der Stäbe im Beton waren völlig ausgeschlagen – eine Folge des ständigen Ansturms der Mutanten. Die improvisierte Wand hatte sich dadurch leicht nach vorne geneigt und direkt unter der Decke einen schmalen Spalt freigemacht. Durch dieses Schlupfloch drangen die nach Menschenfleisch gierenden Raubtiere ein.
    Mit Dauerfeuer aus beiden Gewehren schafften es Gennadi und der Kommandeur, die Bestien einstweilen zu vertreiben. Die Barrikade wieder an ihren Platz zu rücken, erwies sich indes als schwieriger als gedacht. Die sperrige Konstruktion hatte sich hoffnungslos in einem Spalt zwischen den Wandsegmenten verklemmt.
    »Schieb an!«, schrie der Marineinfanterist mit hochrotem Kopf. »Hau ruck!«
    Auf dem feuchten Boden fanden die Füße keinen Halt. Dym legte seine Waffe ab, suchte sich eine trockene Stelle und stemmte sich mit beiden Armen gegen das Gitter. Seine kräftigen Muskeln schwollen an, und sein mächtiger Rücken bebte vor Anstrengung. Jetzt rührte sich was. Die Konstruktion gab nach und rutschte knirschend in ihre ursprüngliche Position zurück.
    Unglücklicherweise waren inzwischen auch die Bestien zurückgekehrt und warfen sich wütend gegen das Hindernis. Stoisch hielt der schweißgebadete Gennadi dem Ansturm stand, während der Marineinfanterist die Barriere mit massiven Balken verrammelte.
    »Du kannst loslassen«, rief der Babylonier endlich und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    Erleichtert setzte sich Dym mit dem Rücken zur Wand auf den Boden und rieb sich die schmerzenden Hände. Der alte Kämpfer ließ sich neben ihm nieder und zog ein Zigarettenetui mit zerkratztem Deckel hervor.
    »Magst du eine?«
    Dankbar nahm Gennadi die Selbstgedrehte an. Ein Feuerzeug ratschte.
    »Nicht schlecht, Mann. Wie heißt du?«
    »Gennadi. Meine Freunde nennen mich Dym.«
    »Renat. Freut mich.«
    Die beiden gaben sich die Hand und genossen schweigend die plötzlich eingetretene Stille. Das Geschrei hinter der Barriere war verstummt. Die Bestien hatten sich offenbar wieder an die Oberfläche verzogen. Der beruhigende Effekt des aromatischen »Genkrauts« war eine Wohltat nach dem heftigen Adrenalinschub.
    Im Dunkel des Korridors flackerte der Schein einer Taschenlampe auf. Den Rastenden näherte sich eine gebeugte Gestalt.
    »Da seid ihr ja!«, rief Afanassi erfreut, als er Gennadi erkannte. »Es gibt gute Neuigkeiten . A n der Station ist keine einzige Bestie mehr übrig – alle erschossen. Ich sollte mal nachsehen, wie es hier an der Front aussieht …«
    »Alles bestens, Großväterchen. Ruf eine Reparaturbrigade. Die sollen die Absperrung neu einbetonieren.«
    Der Greis nickte und humpelte mit für sein Alter erstaunlicher Behändigkeit davon.
    »Dann sind die Anschuldigungen gegen dich also fallen gelassen worden?«, sagte der Marineinfanterist. »Wo wirst du jetzt hingehen?«
    Der Mutant zuckte mit den Achseln. Er hatte keine Ahnung, wo er hingehen sollte. Mit offenen Armen würde man ihn höchstens in der Bar an der Elektra aufnehmen . A ber selbst der Gedanke an seine frühere Arbeit widerte ihn an.
    »Du brauchst nicht zu antworten. Dein säuerlicher Gesichtsausdruck sagt alles.« Renat drückte seine Zigarette aus und sah den Giganten verschmitzt an. »Du hast was auf dem Kasten. So einen wie dich könnten wir dringend brauchen. Wie, sagst du, nennen dich deine Freunde?«

16
    DER ROTE FADEN
    »Hände rauf, Stalker! Halte sie so, dass ich sie sehen kann. Und keine Mätzchen!«
    Eine unangenehme Stimme – überdreht und nassforsch. Erstaunlich, von welchen Grünschnäbeln die Handelsstadt ihre Aufklärungstrupps befehligen ließ.
    Es bestand kein Zweifel daran, dass es sich um Tjortys Leute handelte. Offensichtlich hatte sich Gleb wohlbehalten zur Sennaja durchgeschlagen und von den Kellern unter dem Apraxin dwor erzählt. Kein Wunder, dass der umtriebige Terentjew sich brennend für die unerforschten Schatzkammern interessierte. Wie brennend, konnte man an der Anzahl der Kämpfer ablesen, die den Söldner gerade aufs Korn nahmen.
    Taran schüttelte ärgerlich den Kopf . A llmählich war er es leid, ständig in irgendwelche Gewehrrüssel zu gucken. Mal hielten ihn die Militärärzte für einen Mörder, mal hatten ihn die

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