Die Reise in die Dunkelheit
sich kurz, um den Sturmtrupp durchzulassen. Durch glitschige Blutlachen bahnten sich die Kämpfer ihren Weg über den Bahnsteig. In ihrem Rücken hämmerten die Maschinengewehre los, um ihnen die an den Gleisen entlangstürmenden Bestien vom Leib zu halten.
»Ziel auf zwei Uhr!«
Wie aus einem Rohr feuerten die Männer auf einen Schatten, der im Halbdunkel kaum zu erkennen war. Ein kurzes Brüllen – und die angeschossene Bestie verschwand unter der Bahnsteigkante.
»Obacht! Augen auf!«
Obwohl vor ihnen kein Feind zu sehen war, mischten sich scharrende und kratzende Geräusche in ihr Stiefelgetrampel. Die unsichtbare Anwesenheit der grässlichen Bestien war eine Zerreißprobe für die ohnehin zerrütteten Nerven der Männer und ließ ihren Adrenalinspiegel überschießen. Manche murmelten Gebete, andere zischten Flüche durch die zusammengebissenen Zähne.
Trotz allem schaffte es der tapfere Haufen, sich ohne Verluste bis zum Tunneleingang durchzukämpfen. Dort nahm der Widerstand der Mutanten allerdings merklich zu. Mit beängstigender Geschwindigkeit sausten die Bestien über die Tunnelwände und entgingen so dem Kugelhagel. Die Kämpfer konnten gar nicht so schnell schauen, wie ein besonders dreistes Vieh einen von ihnen in die finstere Röhre zerrte. Nur für einen Augenblick wirbelten die gebogenen, mit gefährlichen Spornen besetzten Klauen durch die Luft und eine Blutfontäne spritzte empor.
»Feuer verstärken! Schlaft nicht ein!«
Leuchtkörper flogen in den Tunnel. In ihrem gespenstischen Licht tauchten verschwommene Silhouetten auf. Die Sturmgewehre tackerten los und erstickten das Geheul getroffener Bestien . A us allen Rohren feuernd arbeitete sich der Sturmtrupp Meter um Meter voran und erreichte schließlich den Kontrollposten.
Neben den Sandsäcken lagen mehrere bis auf die Knochen abgenagte Leichen – das vollständige ehemalige Wachkontingent. Ein umgeworfenes Maschinengewehr auf einem Dreibein, eine leere Munitionskiste … Die Kämpfer hatten alles versucht, um die hungrigen Monster von der Station fernzuhalten, doch deren zahlenmäßige Übermacht hatte sie buchstäblich erdrückt.
Wie versteinert stand der Kommandeur vor den Überresten seiner Stammesgenossen. Das Entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben . A ber nur für einen kurzen Augenblick. Schon kurz darauf strahlte er wieder grimmige Entschlossenheit aus.
»Was sagst du dazu, Mutant?«
Die grobe Anrede machte Gennadi nichts aus. Er war daran gewöhnt, dass man ihn so ansprach.
»Da gibt’s nicht viel zu sagen. Die Sache ist klar. Die Grenzen der Allianzler sind dicht. Von dort können die Biester nicht gekommen sein. Bleibt der Lüftungsschacht 514. Durch den sind sie eingedrungen.«
»Klingt logisch. Wir müssen die Absperrung am Schacht kontrollieren. Vielleicht ist dort irgendwo ein Loch.« Der Marineinfanterist rief seinen Stellvertreter zu sich, einen dunkelhäutigen Kraftprotz, auf dessen Oberarm eine Königskobra tätowiert war. »Goradse, du übernimmst das Kommando. Verstärkt die Brustwehr und haltet den Posten um jeden Preis!«
Der Kämpfer nickte, legte seine Weste mit den Granaten ab und gab seine Anweisungen. Rasch nahmen die Seeleute die Verteidigungsstellung ein. Sie hatten keine Zeit zu verlieren – schon näherte sich die nächste Bestie und wurde prompt abgeknallt.
Dym sprang über die Absperrung und folgte dem schneidigen Marineinfanteristen, der eine fast tollkühne Sorglosigkeit an den Tag legte. Mit gezückter Taschenlampe trabte er an der Wand entlang, als wenn nichts wäre. Selbst sein Gewehr hielt er aufreizend lässig. Gennadi kannte diesen Zustand nur zu gut: Nach außen gibt man sich betont mutig und selbstsicher, obwohl man sich innerlich in die Hose macht. Dieser nicht mehr ganz junge, ausgekochte Kämpfer, der die Katastrophe überlebt hatte und durch Feuer und Wasser gegangen war, hatte Angst . A ber er bot dieser Angst die Stirn und machte seinen Job. Jetzt wurde klar, wie diese aufopferungsvollen Inselbewohner es geschafft hatten, so lange an der Oberfläche zu überleben.
Die Mutmaßung über ein Loch in der Absperrung bestätigte sich. Kaum hatten sie die Abzweigung erreicht, drangen unverkennbare Scharrgeräusche aus dem Seitengang. In dem engen Korridor konnten die Bestien ihre Wendigkeit nicht ausspielen. Die Männer schossen sie einfach über den Haufen, und buchstäblich auf den Kadavern laufend, erreichten sie den Lüftungsschacht.
Die Absperrung am Schachteingang bestand
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