Die Reise in die Dunkelheit
Monitor aus den Händen. Der nächste Schuss landete mitten auf dem Brustharnisch und hätte Pachom beinahe umgerissen . A ls er das Gleichgewicht wiedererlangt hatte, sprang er auf seinen neuen Kontrahenten zu und baute sich als drohender schwarzer Schatten vor ihm auf.
Taran stand immer noch auf den Knien und bewegte sich hart am Rand einer Ohnmacht. Seine zittrigen Hände konnten kaum die Waffe halten, und seinen Körper durchliefen Wellen von Schmerz.
»Na, Stalker, geht’s dir beschissen?«
Vor Tarans Augen tauchte ein Stahlstiefel auf und schlug ihm die Waffe aus den Händen. Der zweite Tritt beförderte den Söldner zu Boden . A us seiner aufgeplatzten Lippe quoll Blut. Langsam schälte sich Pachoms verquollenes, von blauen Flecken übersätes Gesicht aus der Dunkelheit. In seinem Blick – nichts als Verwirrung und Leere.
»Ich kann dir versichern: Es geht noch viel beschissener«, drohte der Waffenhändler und bückte sich nach der Flinte.
Der Stalker hörte in seinen Körper hinein. Die Schmerzen ließen nach. Erstaunlicherweise hatte er den Anfall überstanden, ohne das Bewusstsein zu verlieren. Doch zum Aufstehen hatte er immer noch keine Kraft.
Wortlos betrachtete er seinen ehemaligen Freund und war erschüttert über dessen jähe Verwandlung. Eine teuflische Metamorphose hatte alles Menschliche aus Pachoms Seele getilgt und ein bösartiges Monster nach außen gekehrt.
Mit einem dumpfen Klacken rutschte eine Patrone ins Lager, und die Laufmündung der Flinte schob sich vor Tarans Gesicht. Doch der Gigant zögerte. Wollte er um Gnade angebettelt werden?
Pachoms derbe Stimme durchbrach die Stille: »Möchtest du zum Abschied noch etwas sagen?«
»Weißt du, Pachom … Gleb hatte einen Narren an dir gefressen. Wenn ich groß bin, mache ich auch ein Geschäft auf, hat er immer gesagt.« Taran schaute den Riesen an. Ohne jede Angst. Eher mitleidig. Wie einen unheilbar Kranken. »Du hast alles kaputtgemacht, Pachom. Du selbst. Es nützt nichts, mit dem Finger auf andere …«
»Das reicht jetzt!«, fiel ihm der Waffenhändler wütend ins Wort. »Du bist genauso Söldner wie ich, Taran. Und ausgerechnet du willst mir eine Moralpredigt halten?!«
»Ich weiß, wie es ist, einen geliebten Menschen zu verlieren. Damals waren mir auch alle egal. Bis mir mein Sohn die Augen geöffnet hat.«
»Dein Stiefsohn!«
»Ja, mein Stiefsohn.« Der Stalker nickte flüchtig und schaute dem Giganten gerade in die Augen. »Nur dass nicht er adoptiert wurde, sondern ich. Er hat mich angenommen, so wie ich bin. Wenn du ein bisschen früher zur Besinnung gekommen wärst, hätte dich Aurora vielleicht auch angenommen.«
»Quatsch! Du hast doch einen an der Waffel, Stalker. Es war ein Fehler, dass ich dich damals an der Oberfläche gerettet habe.«
Der Kampf gegen den Trepan. Die schwarze Rüstung. Der graue Himmel. Der Eingangspavillon der Majakowskaja . Wie bei einer Diashow leuchteten die Bilder vor dem inneren Auge auf. Wann war das gewesen? Gestern? Vor zwei Tagen? Vor einer Woche? Im Kopf pulsierte stechender Schmerz – eine Nachwirkung des Anfalls. Taran konnte sich nicht konzentrieren. Die Gedanken flossen zäh wie Brei.
Die Laufmündung drückte gegen die Stirn. Sie fühlte sich wohltuend kühl an. Die Schmerzen verflogen. Der Finger des Waffenhändlers legte sich um den Abzug.
»Halt!«
Pachom zuckte zusammen und sah auf. Die schrille Stimme gehörte Aurora. Blass und zitternd, aber wild entschlossen, ging sie auf ihren Vater zu.
»Lass ihn in Ruhe! Lass alle in Ruhe! Ich bin doch an allem schuld, oder nicht?«
»Allerdings.«
Der Gigant ließ die Flinte sinken und ging ihr entgegen . A ls Aurora das schauderhafte Grinsen in seinem blutverschmierten Gesicht sah, blieb sie vor Schreck wie angewurzelt stehen und ließ ihre Habseligkeiten fallen.
»Die Chipkarte …« Begierig visierte Pachom den am Boden liegenden Stoffbeutel an. »Sie ist doch da drin, nicht wahr?«
Aurora nickte und biss sich vor Anspannung auf die Lippe.
»Dann haben wir beide nichts mehr miteinander zu reden, du Miststück. Jetzt wird abgerechnet.«
Der brünierte Lauf schwenkte erneut in die Waagerechte. In Erwartung des Unvermeidlichen kniff das Mädchen die Augen zusammen. Doch der Schuss blieb aus . A urora blinzelte und traute ihren Augen nicht. Jemand hatte sich schützend vor sie gestellt. Struppiges, kurzes Haar. Die wohlvertraute Windjacke … Gleb?
Langsam griff der Junge nach dem Lauf der Flinte, drückte die Mündung
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