Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Reise ins Licht

Die Reise ins Licht

Titel: Die Reise ins Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
Vom Netzwerk:
Ratte auf und warf ihn nach vorn.
Das Tier schien zuerst ungehindert nach draußen zu fliegen, doch dann schnellte das »Gewebe« plötzlich von dem Vordach herab, erfasste blitzartig seine Beute und wickelte sich in mehreren Schichten fest darum.
    »Wir können gehen«, brummte der Führer und blickte Kondor an.
    Der nickte schweigend. Die Weggefährten traten auf die Oberfläche hinaus, und im selben Augenblick vollzog sich mit dem Trupp eine Verwandlung: Die Kämpfer strafften sich, ergriffen ihre Waffen und verteilten sich geschickt im Gelände zur Erkundung. Mit einem Mal waren alle Witze und Plaudereien verstummt. Es herrschten nur noch Stille und äußerste Konzentration.
    Gleb sah Ischkari, der sich dicht neben ihm hielt, von der Seite an. Der Sektierer fühlte sich offensichtlich nicht wohl in seiner Haut. Er blickte gehetzt um sich und rückte immer wieder das Mundstück seiner Atemmaske zurecht.
    Etwa eine Minute lang blieb Taran stehen, als ob er auf seine innere Stimme lauschte, dann ging er mit einem Mal entschlossen in einen leichten Trab über. Die anderen folgten ihm. Der Reihe nach stiegen sie über einen hohen Betonzaun und verließen das Gebiet des Depots. Etwa hundert Meter weiter links war eine große Bresche in der Wand zu sehen: Vielleicht könnten sie ja dort durchschlüpfen? Doch Glebs Meister folgte seiner eigenen, nur ihm bekannten Logik. Ohne eine Sekunde stehen zu bleiben, trieb Taran den Trupp weiter an – vorbei an einem großen, offenen Platz voller verrotteter LKW-Gerippe, vorbei an einem gigantischen Gebäude, dessen Dach eingestürzt war, immer weiter, bis sich dem Jungen plötzlich ein faszinierender
Anblick darbot: eine gewaltige, unbebaute Ödnis, eine schier endlose, sich in der Ferne verlierende kahle Fläche zwischen Häusern auf der einen Seite und einer Wand aus Baumgiganten auf der anderen.
    »Der Prospekt Statschek? Ref. 15 «, fragte Kondor. »Da verrecken wir auf offenem Gelände. Wir sollten besser durch die Höfe gehen.«
    »Hier wimmelt es von Wolfsmenschen«, erwiderte Taran, ohne stehen zu bleiben. »In den Höfen kesseln sie uns ein, und dann sitzen wir in der Falle. Auf dem Prospekt können wir sie einschüchtern. Wir haben viele Gewehre.«
    Die Stalker trabten gleichmäßig atmend auf dem zerbröckelten Asphalt vorbei an Autowracks, die bereits in die Erde eingesunken waren, schief hängenden Reklametafeln und abgerissenen Stromleitungen. An die vergangene Macht der Menschen erinnerten nur noch die verlassenen, trostlosen Hochhäuser. Überall stießen sie auf unbekannte Tierspuren, Haufen von Exkrementen und üppige Vegetation – die Gerippe der Gebäude wirkten dagegen deplatziert und unnatürlich. Gleb konnte es nicht fassen, dass der Mensch hier einst uneingeschränkt geherrscht hatte. Noch schwerer fiel es ihm, sich vorzustellen, dass man in den Gewässern hatte baden können und dass in den Stadtparks anstelle unerbittlicher Kreaturen verliebte Pärchen umhergestreift waren. Vielleicht hatte Palytsch das alles ja nur erfunden?
    Vor ihnen tauchte ein von dichtem Gebüsch bewachsenes Feld auf, auf das gleich mehrere breite Asphaltstraßen zuliefen.
    »Das ist übrigens der Kronstadter Platz.« Kondor vergewisserte sich gerade auf der Karte. »Ein gutes Zeichen!
So kommen wir irgendwann vielleicht sogar in Kronstadt an.«
    »Verschrei es nicht, Chef«, erwiderte der grauhaarige Schaman.
    Als sie an dem verunstalteten Kasten des »Maxidom« vorbeiliefen, hielt der Stalker, den sie »Okun« nannten, inne.
    »Wartet mal … Sollten wir das nicht auskundschaften, wenn wir schon da sind? Da gibt es sicher noch einiges, was wir brauchen könnten.«
    »Nein«, unterbrach ihn Taran lakonisch.
    Kondor blickte den Wegführer feindselig von der Seite an und wandte sich zu dem ehemaligen Großmarkt-Gebäude um.
    »Wir schauen rein.«
    »Wozu?«
    »Wir schauen rein!« Nervös packte der Kämpfer sein Sturmgewehr noch fester.
    Einige Momente lang starrten sie sich finster an, dann gab Taran nach. Offenbar wollte er diesmal die Autorität des eigensinnigen Stalkers nicht untergraben. Die Gefährten liefen auf das heruntergekommene Gebäude zu, das von einem Geflecht graubrauner Schlingpflanzen umwunden war. Gleb entging nicht, dass Taran sein AK-74 Ref. 16 näher an sich heranzog, ohne den Blick von dem schwarz gähnenden Schlund des Eingangs zu wenden. Die Kämpfer schalteten ihre Stirnlampen ein und rückten vorsichtig zwischen den chaotisch verstreuten Einkaufswagen

Weitere Kostenlose Bücher