Die Reise ins Licht
Gestalt immer weiter entfernte. Der Wegführer schwamm mit kräftigen, bedächtigen Zügen, schon hatte er fast die durchbrochene Bordwand erreicht. Vor dem Hintergrund des Kreuzers wirkte er nun wie ein winziger Floh. Einen Augenblick später verschwand er in dem Leib des Riesen.
»Sieht aus, als hätte er’s geschafft. Der Teufel hat Glück!« Kondor senkte erleichtert seine Waffe.
Taran zog sich hoch und hievte seinen Körper auf die Eisenrampe. Vor Kälte zitternd öffnete er seinen Sack und zog seine Sachen an. Ein rascher Blick auf den Geigerzähler – alles normal. Sofort wurde ihm leichter zumute. Er knipste die Lampe an und leuchtete das rostige Innere des mit Wasser gefüllten Schiffsraums aus. Nachdem er die Atemschutzmaske wieder aufgesetzt hatte, blickte er sich um und begann sich entlang eines Schotts vorwärtszubewegen. Die Treppe vor ihm war nicht vertrauenerweckend, aber eine andere Möglichkeit schien es nicht zu geben. Taran stieg vorsichtig die verfaulten Stufen hinauf und gelangte in eine weite Halle: den Maschinenraum. Hier herrschte eine Atmosphäre der Verwüstung. Rostige Getriebegehäuse, orangefarbene Pfützen
aus Kondenswasser auf dem metallenen Boden, herabhängende Kabel, zerfetzte Spinngewebe … Ein Geisterschiff.
Bald darauf hatte der Stalker den Ausgang zu den oberen Decks des riesigen Schiffes ausfindig gemacht. Die folgende Exkursion durch die Schlafkabinen brachte jedoch keinerlei Ergebnis. Überall das gleiche Bild: wild auf dem Boden verstreute Sachen, halbvermoderte Wäsche, Rahmen mit vergilbten Fotografien.
Auch die kurze Durchsuchung der Kapitänskajüte endete erfolglos. Es hatte den Anschein, als seien alle Dokumente absichtlich vernichtet worden. Der Stalker stieg die Treppe hinauf, die nach oben zur Kommandobrücke führte, aber die Luke klemmte fest. Er musste auf das Außendeck des Kreuzers hinaus.
Eine Bö eisigen Windes schlug ihm ins Gesicht. Taran blickte sich nach allen Seiten um und schlich sich dann über die Galerie der Außengänge und Treppen, bis er schließlich die Brücke erreicht hatte. Wohin war nur die Mannschaft verschwunden? Wann war das Schiff in diese Gewässer eingelaufen? War dies die Arche, von der die Sektierer ständig sprachen? Auf der Suche nach irgendwelchen Anhaltspunkten durchwühlte er alle Abstellräume und Schränke, konnte aber keinen einzigen Hinweis auf das Schicksal des Schiffes finden – weder ein Schiffstagebuch noch irgendwelche Register.
Etwas kitzelte den Stalker im Nacken: Er spürte einen fremden Blick auf seinem Rücken, auf seiner Haut.
Taran hob sein Sturmgewehr und drehte sich jäh um. In der Kajüte war niemand, aber durch das von der salzigen
Gischt bespritzte Schiffsfenster bemerkte der Stalker eine widerwärtige Gestalt. Ein Pterodon.
Der Mutant saß auf der Bordwand, hatte die Signalplattform besetzt und verfolgte unverwandt die Bewegungen des Menschen. Taran warf sich in den Schatten, ohne das Raubtier aus seinem Blickfeld zu verlieren. Unzufrieden mit einer solchen Nachbarschaft gab der Pterodon einen bedrohlichen Schrei von sich und breitete seine krallenbewehrten Flügel aus.
»Na, na, Freundchen, da musst du dir einen anderen Platz suchen …« Taran riss seine Kalaschnikow hoch, öffnete das Fenster und feuerte einige Einzelschüsse ab. Die Kugeln schlugen Funken, als sie an dem Gitter der Bordwand abprallten. Der Mutant schwang sich erschrocken in die Höhe, sperrte seinen Schnabel auf und schnarrte erzürnt.
»Na los, verschwinde von hier!«
Endlich gab das Ungeheuer nach, schlug mit seinen Hautflügeln und erhob sich behäbig von seinem Sitz. Zum Abschied kreischte es durchdringend und flog fort in Richtung Damm.
»So ist es besser …«
Kaum war die Kreatur aus seinem Blickfeld verschwunden, wandte Taran seine Aufmerksamkeit der Signalplattform zu. An sich gab es hier nichts von Interesse, dennoch stimmte etwas nicht an dem Bild, das sich ihm darbot. Als ob ein bestimmtes, wichtiges Detail fehlen würde. Nach einem erneuten Blick auf das Schiffsfenster begriff der Stalker plötzlich, was es war. Es hatte sich gelohnt, hier vorbeizuschauen. Er merkte sich diesen letzten
Punkt seiner Exkursion und suchte einen Weg nach draußen.
Farid und Schaman setzten ihre Untersuchung des schmalen Streifens Ufervegetation fort: Mit den Läufen ihrer Kalaschnikows strichen sie durch das Gebüsch. Nata stiefelte direkt am Wasser entlang und kickte dabei Muscheln herum. Als sie dem Kommandeur
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