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Die Reise ins Licht

Die Reise ins Licht

Titel: Die Reise ins Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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schlagen uns durch! Gleb schämte sich. Er hatte schon wieder schlappgemacht, und dabei ging es den anderen gerade viel dreckiger als ihm.
    Farid war verwundet, Kondor verfluchte sich für Natas unsinnigen Tod, Ischkari war niedergeschlagen darüber, dass sein Mythos von der Arche in Scherben zerbrochen war.
    Plötzlich hörte der Junge zu seiner eigenen Verwunderung, dass er laut sprach: »Mein Vater hat mir erzählt, dass es auf der Erde viele Orte wie unsere Metro gibt. In anderen Städten, auf der ganzen Welt. Dass sich auch dort Menschen gerettet haben. Er hat gesagt, dass eine Zeit kommen würde, da würden sie sich alle miteinander in Verbindung setzen, einander besuchen und miteinander handeln.«
    »Dein Wort in Gottes Ohr!«, antwortete Schaman.
    Der Tadschike lebte auf und erklärte souverän: »In Moskau ist die Metro die allergrößte. Hat mir mein Onkel erzählt. «
    »Von London hat er dir nichts erzählt?«, schaltete sich Taran ein. »Die ›Allergrößte‹ ist nämlich dort.«
    »Wieso London? Mein Onkel hat in Moskau Handel getrieben. Später in Piter.«
    »Ja, so manches ist in Mütterchen Erde auf der ganzen Welt verbuddelt«, äußerte sich der Mechaniker und wandte
sich an Ischkari. »Warum schweigst du? Du bist doch sonst so gesprächig?«
    Der Tadschike grinste. »Taran hat doch versprochen, ihm den Schädel wegzuschießen. Darum schweigt er.«
    Wie auf ein Kommando lachten die Stalker los. Ihre Anspannung ließ etwas nach.
    Schaman seufzte verträumt. »Für andere Länder kann ich nicht garantieren, aber unsere Leute haben wir ganz sicher im Äther herausgefischt! Es war ein schwaches Signal. Höchstwahrscheinlich ist der Transformator hier in der Nähe. Was denkst du, Taran? Gibt es ein Licht am Ende des Tunnels?«
    Der Wegführer antwortete nicht sofort, sondern druckste nur irgendwie herum und zog den Riemen seines Gewehrs straff.
    »Ich mutmaße nicht gern. Wenn wir überleben, werden wir es schon sehen. Und wir werden überleben, nicht wahr, Gleb?«
    »Werden wir!«
    Der Junge lächelte ermutigt. Auch die anderen ließen sich von der Stimmung anstecken und begannen schneller zu laufen. Nicht umsonst hatte Ksiwa gesagt, dass Worte eine große Kraft hatten. Schade, dass er nicht mehr unter ihnen war. Kraft würden sie noch brauchen können. Vor ihnen lag die Stadt. Irgendwie spürte Gleb, dass sie dort Antworten finden würden, und diese Antworten würden sie nicht enttäuschen. So ist eben die Natur des Menschen: Wie schlimm es auch sein mag, er hört nie auf zu hoffen.

13
DIE NEKROPOLIS
    Kaum hatten sie sich dem Container-Terminal genähert, als ihre Geigerzähler schon wieder anfingen zu knacken. Sie verstummten erst, nachdem der Trupp den gefährlichen Ort in einem weiten Bogen umgangen hatte. Durch das Fernglas waren deutlich die Stapel von länglichen Eisenboxen zu erkennen sowie jener Ort, wo die Frachtcontainer wie Würfel in einem chaotischen Durcheinander verstreut herumlagen und den Anlegeplatz blockierten. Gleb stellte sich die Kraft der Druckwelle vor, die einst hier vorbeigerollt war, und runzelte die Stirn.
    Den Hochhäusern des 19. Wohnbezirks näherten sie sich von Nordwesten. Die Gebäude waren recht gut erhalten, nur der Putz hatte unter dem Druck des Windes, der über die Jahre an ihm genagt hatte, gelitten. Die Betonbrunnen in den Innenhöfen waren von dichtem Unkraut überwuchert. Die Häuser wirkten genauso menschenleer wie in Petersburg. Taran besah sich das Panorama eingehend und führte den Trupp am äußeren Ring der Neubauten entlang.
    Bald darauf wurden die Gebäude immer weniger. Vor den Gefährten lagen zwei Kilometer über zerborstenen
Asphalt auf einer kerzengeraden Straße. Die trostlose Gegend hatte ihnen bisher keine einzige Überraschung bereitet, obwohl Schaman keine Gelegenheit ausließ, ihnen seine Beobachtungen mitzuteilen: »Zuerst der Platz, dann die Straße, und jetzt kommen wir auf die Kronstadter Chaussee. Schon wieder ein Zeichen, nicht wahr, Kondor? Wenn wir nur wüssten, ob ein gutes oder ein schlechtes.«
    Kondor gab keine Antwort. Mit jedem Schritt wurde er immer apathischer, schien mal Natas Tod und dann wieder sich selbst zu bedauern. Er lief jetzt ganz hinten, ohne jedoch darauf zu achten, was hinter seinem Rücken geschah. Als Taran dies bemerkte, schickte er Schaman ans Ende des Trupps.
    Der Regen hatte mittlerweile nachgelassen, es nieselte nur noch leicht. Die Straße war schlammig, und in den unzähligen Pfützen spiegelten sich

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