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Die Reise ins Licht

Die Reise ins Licht

Titel: Die Reise ins Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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erblickte eine Granitplatte, die direkt in das Kopfsteinpflaster eingelassen war. Darauf war offenbar ein Plan dieser Insel abgebildet, die ihnen widerwillig ihre Geheimnisse offenbarte. Seine Vermutung bestätigte ein Stern, dessen steinerne Zacken wohl die vier Himmelsrichtungen markierten. Umzäunt war das Denkmal von gusseisernen Kugeln und einer dicken Kette, die bereits zur Hälfte in der Erde versunken war.
    Das Interessanteste entdeckte Gleb jedoch nicht sogleich. Auf einem der Kartensegmente war undeutlich ein merkwürdiges farbiges, im Laufe der Jahre verblichenes Zeichen zu erkennen. Der Junge erkannte darin sofort das Symbol des Todes – einen Totenschädel mit gekreuzten Knochen. Während er seinen Fund betrachtete, bemerkte er nicht, wie die Stalker von hinten herantraten.
    »Der Abend wird noch richtig interessant«, sagte Taran, als er die Platte betrachtete. »Das Zeichen weist auf die Kronstadter Werft.«

    »Wie es aussieht, Junge, hast du uns den weiteren Weg gezeigt.« Schaman verglich pedantisch die Karte in Granit mit der auf dem Papier. »Ja, das ist genau unsere Richtung. «
    Beseelt von seiner Entdeckung eilte Gleb den anderen nach. Er rückte das Mundstück seiner Atemmaske zurecht und lächelte über seine eigenen Gedanken. Es war angenehm, im Zentrum der Aufmerksamkeit dieser erfahrenen Stalker zu stehen und ihnen, wenn auch nur ein klein wenig, geholfen zu haben.
    Sie verließen die Gasse und standen vor einem langen, breiten Graben, der bis oben hin gefüllt war mit einer dicken Brühe aus faulenden Algen. Unter der Oberfläche des Wassers, auf der grünliche Entengrütze schwamm, konnte man eine ständige Bewegung ausmachen. Gleb verzog das Gesicht. Er hatte einmal zugesehen, wie jemand mit Blutegeln behandelt wurde. Kein angenehmer Anblick. Wie es aussah, hauste hier etwas Ähnliches.
    Taran warf im Gehen ein: »Der Ringkanal.«
    Der Junge hatte angenommen, dass der Anführer sie zu der Brücke bringen würde, die in der Ferne zu sehen war, aber Taran schritt zielsicher auf eine Aufschüttung zu, die den Kanal blockierte. Aus dem Wasser ragten verschiedene hohe Haufen heraus, die zur Hälfte aus Schotter und aus zertrümmerten Betonbrocken bestanden. Die anderen folgten den Entscheidungen des Wegführers wortlos. Mehr als einmal hatten sie sich vergewissern können, dass Taran auf dem Marsch immer Recht hatte.
    Die Überquerung des Grabens war gar nicht so schwierig, wie Gleb anfangs vermutet hatte. Der Trupp passierte
einen imposanten Hangar, dessen Bedachung nach innen eingestürzt war, und blieb an der Grenze des Petersdocks stehen, wie der Meister diesen Ort nannte. Der Junge wollte ihn schon nach der Bedeutung des unbekannten Wortes fragen, als dieser ihm zuvorkam und erklärte: »Hierher wurden die Schiffe zur Reparatur gebracht. Man ließ das Wasser ab, und das Schiff gelangte durch sein eigenes Gewicht in ein Spezialbecken – das ist da weiter hinten ausgehoben. Übrigens ist dies ein historisches Dock, der Grundstein wurde noch von Peter dem Großen gelegt. «
     
     
    Gleb betrachtete den mit Steinquadern ausgekleideten Kanalboden und konnte überhaupt nicht verstehen, weshalb sein sonst so unzugänglicher Meister auf einmal mit einer solchen Ehrfurcht gesprochen hatte. Das waren doch nur zwei sich kreuzende Gräben mit einer tiefen Grube in der Mitte. In der Metro hatten sie da noch ganz andere Dinge ausgebuddelt.
    Die Stalker kletterten vorsichtig zum Kanalgrund hinab. Die Überreste der steinernen Verkleidung waren von dichtem Gras überwachsen. In der Mitte der Grube war eine Schachtöffnung zu sehen – offenbar für den Wasserabfluss. Instinktiv hielt sich der Junge von diesem Loch fern und machte einen respektvollen Bogen darum.
    Bei der Erkundung des Docks trafen sie hier und da auf Haufen von verfaulten Wurzeln und Heu. Der Blick stieß überall auf vertrocknete Exkremente. Durch ihre Atemmasken drang ein modriger Geruch.

    Schaman erklärte kategorisch: »Hier wurde Vieh gehalten, da geh ich jede Wette ein! Klar, war ja auch bequem! Niemand brauchte es zu hüten, und Gras gab’s im Überfluss. «
    »Wenn wir nur die Hirten finden würden.« Taran durchsuchte akribisch das Gestrüpp an den Rändern des Kanals. »Hier ist es ungemütlich. Lasst uns weitergehen.«
    Zwischen den Bäumen tauchte die Kuppel einer Kathedrale auf. Gleb hätte sich furchtbar gern diesem grandiosen Bau genähert, doch sein Meister wandte sich wie zum Trotz in die andere Richtung. Sie

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