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Die Reise Nach Helsinki

Die Reise Nach Helsinki

Titel: Die Reise Nach Helsinki Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Gibiec
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man nur entdecken konnte, wenn man ihn gut
kannte, wie du ja weißt. Elias mit seinem treuen Hundeblick.
Vielleicht wäre er sogar infrage gekommen, wenn Pekka nicht gewesen
wäre, bestimmt wäre ich gut mit ihm gefahren, niemals hätte ich
Angst haben müssen, dass er mich betrügt oder verlässt. Vielleicht
hätte ich mich mit ihm arrangiert, weil ich ja gar nichts anderes
gekannt hätte. Von den Interessen her hätten wir ganz
gut zusammengepasst, in den ersten Jahren sprach Pekka
manchmal davon, ein zweites Geschäft in Barmen aufzumachen, das
hätten wir gemeinsam führen können. Aber ich konnte es nicht,
obwohl er eine Weile um mich geworben hat in seiner schüchternen,
zurückhaltenden Art, vor allem konnte ich mir nicht vorstellen, mit
ihm das Bett zu teilen.   
    Als Emma mir dann eröffnete, dass
sie schwanger sei und Pekka heiraten werde, da dachte ich, die Welt
geht unter. Ich hatte keine Ahnung, dass sich zwischen den beiden
etwas angebahnt hatte, wahrscheinlich habe ich es auch nicht sehen
wollen. Später, als ich merkte, wie wenig sie ihn liebte und immer
wieder darüber nachdachte, warum sie ihn wohl geheiratet hatte, war
mein Gefühl oft, sie habe ihn mir bewusst ausgespannt, sie habe
gespürt, dass sich zwischen Pekka und mir etwas entwickelte, und
das hat ihn für sie interessant gemacht. Ehe Louise ihn kriegt,
nehme ich ihn lieber, zu Emmas Art würde das passen. Heute noch
spüre ich, wie die Stelle in meiner Brust einfror, wie mein Herz zu
einem harten, schmerzenden Klumpen wurde und Eis sich auf meine
Seele legte. Das ganze Eis von Finnland, habe ich manchmal gedacht.
Vielleicht erinnerst du dich an Pekkas Beschreibungen, wie sich im
Winter die Eisschollen auf der Ostsee blaugrün und knirschend
übereinander schieben und in der kalten Mittagssonne
dampfen.
    Zuerst sah es aus, als seien die
beiden das ideale Paar, bis ich merkte, dass Emma in ihm nur den
starken, erfolgreichen Pelzhändler sehen wollte, nicht den
schwachen, ängstlichen Pekka, der er ja auch sein konnte, wie wir
wissen, manchmal mehr als alles andere. Und noch weniger den
Verrückten, der, wenn er getrunken hatte, sang und mit
ausgebreiteten Armen und schwingenden Hüften tanzte, der eine
finnische Sauna im Haus einbauen und sich im Winter nackt im Schnee
wälzen wollte, am liebsten mit uns allen zusammen. Dann zog sie
ihren schönen Mund verächtlich herunter und
sagte, er sei ein Idiot, wie sie nur so einen habe heiraten können.
Und er trank und weinte sich bei mir aus, dass es ihm an Liebe
mangele. Andererseits hättest du sie sehen müssen, wenn sie auf die
Bälle der Elberfelder Geschäftsleute oder später in die Konzerte
der neuen Stadthalle gingen, Emma in ihrer ganzen Schönheit, ein
wenig geschminkt und mit dem Kronenzobel über den Schultern, am Arm
von Pekka, der mit dem blonden Haar zum schwarzen Frack eine
hervorragende Figur machte. Das war schon ein imponierender
Anblick, und kein Mensch hätte vermuten können, was für Dramen sich
zu Hause abspielten. Ein großer Streitpunkt warst von Anfang an du.
Emma wollte nicht, dass er dich so vergötterte und verwöhnte, oft
hatte ich den Eindruck, dass sie regelrecht eifersüchtig war. Schon
als kleinen Säugling trug er dich in der Gegend herum, er ging mit
dir durch Elberfeld und zeigte dich den Nachbarn und den Kunden mit
einem Stolz, als habe er dich höchstpersönlich geboren. So ist kein
Mann, keifte Emma, das ist doch weibisch, einen solchen Narren an
einem Kind zu fressen. Nie werde ich von Anna weggehen, sagte er,
wenn es wieder Streit gegeben hatte, lieber ertrage ich diese Hölle
auf Erden, als meine Tochter zu verlassen. Als noch mal eine
Tochter zu verlassen, ergänzte ich dann im Stillen für mich, das
erste Mal hat es dich ja schier um den Verstand gebracht. Aber ich
habe mich gehütet, dieses Thema anzusprechen, er kam selten darauf,
nur manchmal, wenn wir allein waren und wenn er genug getrunken
hatte.
    Meine kleine Riikka, meine kleine
braune Haselnuss, die nichts von ihrem isi wissen will, sie hat
mich einfach in ihren Gedanken getötet, einfach ausgelöscht, so wie
ihre Mutter, wie sie mich alle ausgelöscht haben, als hätte es mich
niemals gegeben, den Teufel haben sie aus mir gemacht, nur Carl
nicht, mein einziger, treuer finnischer Freund, er ist mir wie ein
Vater.
    Pekka weinte oft bitterlich, und ich
habe natürlich versucht, herauszubringen, wer die Mutter des
Mädchens war und warum er sie verlassen hatte. Aber da biss ich auf
Granit,

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