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Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Bärtschi
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Vogelschwingen geformt waren, gerieten ins Flattern. Der Gleiter war nun vollends zum Vogel geworden.
    »Er reagiert nicht mehr«, rief Eliane. »Das wird eine Bruchlandung.«
    »Wir stürzen ab!«, rief Martin entsetzt. »Direkt in den See!« Bilder der Zeremonie schossen durch seinen Kopf. Er sah die Piraten von der Planke in den Abgrund springen.
    Plötzlich umgab sie wieder dichter Nebel. Der angeschlagene Gleiter war in eine Wolke getaucht. Nicht schon wieder, dachte Martin. Einen zweiten Aufstieg in einer Wolke würde das Fluggerät nicht überstehen. Doch das Schicksal war ihnen gnädig. Die Wolke spie sie auf der anderen Seite wieder aus. Vor ihnen lag eine weiße Ebene bis zum Horizont. Die vom Wind aufgeschichteten Dünen sahen aus wie Wellen in einem Ozean.
    »Wir befinden uns über der Ebene!«, rief Martin. Er wusste nicht, ob er deshalb erleichtert sein sollte. Denn der Gleiter, der sich in einen kaum steuerbaren Vogel verwandelt hatte, flatterte rasch dem Boden entgegen. »Wir sind wieder dort zurück, von wo wir gestartet sind.« Unwillkürlich hielt er Ausschau nach der Eisblume. Doch außer den Dünen gab es hier nichts zu sehen.
    »Nicht ganz«, rief Eliane, »wir befinden uns diesmal auf der anderen Seite des Grabens.«
    »Auch das noch. Hoffentlich hat es hier keine Piraten.«
    Die Dünen unter ihnen wurden rasch größer, und Eliane gelang es, den lahmen Vogel aufzufangen und aufzurichten. Der Gleiter wurde langsamer und das Flattern hörte auf. Sie rauschten nun knapp über die Dünenkämme hinweg, die bereits im Dunkeln lagen. Auch die zweite Schwester war untergegangen.
    »Gute Nacht«, murmelte Martin. Diesmal hatten sie kein Zelt dabei. Ob Eliane noch einen Zylinder mit Karbonfluxer am Gürtel trug? Ein heftiger Schlag schreckte ihn aus seinen Gedanken. Der Gleiter war in einen Dünenkamm gerast. Eine Schneewolke nahm Martin die Sicht und puderte ihn ein. Doch die Kollision mit dem weichen Hindernis reichte nicht, um den kaputten Flieger zu stoppen. Nachdem er durch den Dünenkamm gepflügt war, machte er wieder einen Satz in die Luft, als wolle er nochmals davonfliegen. Doch der Luftsprung war nur von kurzer Dauer. Als sie im Dünental aufschlugen, wurden sie beide aus ihrer fliegenden Kiste geschleudert und blieben kopfüber im Schnee stecken.
    Diesmal rappelte sich Martin als erster auf und half Eliane aus dem Schnee. Er vergewisserte sich, dass sie beide unverletzt waren.
    »Mein Bedarf an Bruchlandungen ist gedeckt«, meinte er. »Was soll jetzt aus uns werden?«
    »Das kann ich dir nicht sagen. Lass uns zuerst ein wenig ausruhen. Ich bin etwas erschöpft.«
    »Du? Du bist erschöpft?«, staunte er.
    »Ich bin auch nur ein Mensch«, sagte sie. »Es war anstrengend, die Maschine so lange in der Luft zu halten.«
    »Es wird rasch dunkel«, entgegnete Martin. »Wir haben nicht per Zufall ein Zelt dabei?«
    »Nein, Martin, diesmal haben wir leider kein Zelt. Wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen, um die Nacht zu überstehen. Mindestens weht der Wind weniger stark als auf der anderen Seite, als wir mit den Piraten ein Rennen fuhren. Aber die Nacht wird trotzdem eiskalt. So gesehen wären wir jetzt besser dran, wenn wir noch hoch über den Wolken schweben würden.«
    Martin setzte sich auf den umgekippten Gleiter und betrachtete nachdenklich dessen Überreste.
    »Ich habe einen Zylinder mit Karbonfluxer dabei. Er wird uns diese Nacht Wärme und Licht spenden«, sagte Eliane. »Gut, dass wir unsere Mäntel und die warmen Sachen angezogen haben, als wir mit dem Personenlift zurück ins Fort fuhren.«
    »Wie es dort wohl inzwischen aussehen mag? Hoffentlich sind die Wachen wieder aktiv geworden …« Da stutzte Martin plötzlich. Trotz der Dämmerung entdeckte er am lädierten Gleiter immer mehr Details, die in seinem Kopf einem gewissen Schema folgten.
    »Der Konstrukteur dieses Gleiters war ein Genie und die Kiste ist keineswegs so primitiv, wie sie aussieht. Das ist wohl auch der Grund, wieso wir heil heruntergekommen sind. Das Ding ist vermutlich so gebaut, dass es auch ohne Steuerung eine stabile Fluglage einnimmt.«
    »Wenn das alles ist …«
    »Nein, das ist noch lange nicht alles. Er ist auch so gebaut, dass man ihn ohne Werkzeuge auseinandernehmen kann.«
    »Der Absturz hat ihn schon ziemlich auseinandergenommen, Martin.« Eliane lachte bei diesen Worten nicht. Sie musste wirklich sehr müde sein. Dafür arbeitete sein technischer Verstand auf Hochtouren. Vor seinem inneren

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