Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)
Orb. Alexandra ist vor einer Woche auch angekommen und hat die neusten Nachrichten von Stahldorf mitgebracht. Die beiden sind wieder zusammen, wie sie früher immer zusammen waren.«
»Sie ist wieder seine Sklavin?«
»Nein, er ist wieder ihr Ehesklave, so wie auf ihrem Heimatplaneten. Alexandra hatte genug von ihrem Sklavendasein und am Ende fand sie es unnatürlich. Jetzt ist alles wieder so, wie es war.«
»Dann muss er jetzt im Tretrad laufen?«, Martin lächelte bei dem Gedanken.
»In Orb gibt es keine Treträder. Wir lassen die Schuldsklaven auch nicht arbeiten. Wir sperren sie in den Turm, bis jemand für sie bezahlt. Doch Thomas war nie ein Schuldsklave. Als Alexandras Ehesklave muss er nur ein Halsband tragen und wird an der langen Leine geführt.«
»Wie ein Hund«, murmelte Martin, »das ist doch verrückt.« Dann sagte er: »Was ist mit dem Mikromechanischen geschehen? Er hat ja offenbar Erfolg gehabt und die Armee der Rebellen im Eisexpress erfolgreich umprogrammieren können.«
»Was er wirklich getan hat, ist uns allen ein Rätsel. Die Mechanischen aus dem Express haben mit den Rebellen kurzen Prozess gemacht und sich in der Zwischenzeit als treue und nützliche Diener gezeigt.«
»Diener? Dann sind sie wieder das geworden, was sie immer waren.«
»Eigentlich ja, aber sie sehen sich als unsere Partner.«
»Dann sollten wir sie auch so sehen und behandeln«, sagte Martin.
»Was den Mikromechanischen anbelangt, so wissen wir nicht genau, was mit ihm geschehen ist. Thomas hat uns berichtet, er sei von einem winzigen Luftschiff abgeholt worden. Vermutlich haben ihn die Mikromechanischen, die im Æther wohnen, zurückgeholt.«
»Schade, ich mochte den kleinen Kerl und habe viel von ihm gelernt. Hoffentlich kommt er eines Tages zurück.«
Eliane musterte ihn aufmerksam, dann sagte sie: »Ich dachte, du wolltest auf deinen Heimatplaneten zurück?«
Martin zuckte die Schultern.
»Was soll ich dort? Isabelle ist tot und ich bin zu einem halben Roboter geworden. Ich weiß nicht mehr, wo ich hingehöre, Eliane.«
Ohne darauf zu antworten, nahm in Eliane in die Arme und drückte ihn an sich. Martin schlang seine Arme um sie und ihre Lippen fanden sich. Dann nahm Eliane seinen Kopf in beide Hände und sagte: »Willkommen in Orb, Martin.«
DIE KAISERIN
Obschon ihm jetzt manches klar geworden war, gab es noch vieles, was er gerne erfahren hätte. Tiffany war immer noch eine Welt voller Rätsel und Geheimnisse. Doch Eliane hatte zum Aufbruch gedrängt. Die Kaiserin erwarte sie, hatte sie gesagt. Sie hatte einen Koffer mit Kleidern mitgebracht, auch Frack und Zylinder waren dabei und natürlich die allgegenwärtigen Goggles, deren Sinn und Zweck er bisher nicht vollständig hatte ergründen können. Und nun marschierten sie beide durch die Straßen von Orb, vorbei an den Ständen der Händler und den Imbissbuden, deren Gäste trotz des kühlen Wetters im Freien saßen. Vor Regen brauchten sie sich nicht zu fürchten, denn über der quirligen Stadt mit ihren verschachtelten, asiatisch anmutenden Häusern und den verwinkelten Gassen erhob sich ein schützendes Dach wie der Oberteil einer riesigen Muschelschale. Dort, wo sie verwurzelt war, auf einem Hügel am Ende der Stadt, war ihr Ziel: der Palast der Kaiserin. Das muschelförmige Dach, das die Stadt in zwei bis dreihundert Metern Höhe überspannte, war nicht natürlichen Ursprungs, erkannte Martin, und es war teilweise beschädigt. Risse, Löcher und hervorragende Teile ließen darauf schließen, dass es schon sehr alt war und kaum unterhalten wurde.
»Wird den Bewohnern von Orb das Dach nicht eines Tages auf den Kopf fallen?«, fragte Martin.
»Dieses Dach, wie du es nennst, ist robuster, als es aussieht. Denn es ist nichts anderes als das Weltenschiff der Alten, das hier gelandet ist. Die Beschädigungen, die du siehst, stammen noch von der harten Landung.«
Martin blieb stehen und blickte nach oben. Das Raumschiff musste riesig sein. Der größere Teil lag wohl hinter dem Hügel am Stadtrand verborgen und nur ein Stück davon ragte als Dach über Orb. Darum war die Stadt genau hier gegründet worden. Die Schiffbrüchigen hatten ihr Lager im Schutze des Wracks aufgeschlagen und von hier aus die Welt erforscht und besiedelt: Die Alten waren dann im Laufe der Zeit degeneriert und zu dem geworden, was die Schremp heute waren: zu blutsaugenden Monstern mit hypnotischen Fähigkeiten. Wobei die Frage offen blieb, wovon sich die Alten
Weitere Kostenlose Bücher