Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)
Mikromechanische war nirgends mehr auszumachen. Die Hitze aus dem Loch im Ofen war so stark, dass sich Martin der defekten Tür nicht nähern konnte. Dafür kam Eliane aus dem hinteren Teil des Steuerstandes zu Hilfe. Sie hielt ein großes Stück Eisenblech wie ein Schild vor die Brust und näherte sich damit der kaputten Ofentür. Dann drückte sie das Blech dagegen.
»Schnell, hol hinten im Werkzeugschrank Hammer und Schlagschrauben. Lange kann ich das Blech nicht halten.«
Martin stürzte durch das knöcheltiefe Wasser zum Schrank. Ein Hammer war schnell gefunden, doch was zum Henker waren Schlagschrauben?
»Es ist die Schachtel mit den verschränkten Rädern darauf«, rief Eliane, die Martins Unkenntnis geahnt hatte. Im Nu war er wieder an ihrer Seite und riss die Schachtel auf. Eine Reihe kleiner spitzer Zylinder kam zum Vorschein, so wie kurze Bleistifte.«
»Ein Schlag mit dem Hammer genügt und sie bohren sich automatisch durch das Blech und die Tür.«
Tatsächlich. Als Martin die Zylinder ans Blech setzte und hinten drauf hämmerte, begannen sie sich rasend schnell zu drehen. Dann zerknitterte die Außenhülle wie Aluminiumfolie und fiel zu Boden. Anstelle des Zylinders war nun eine Art Niete im Blech zu sehen.
»Praktisch«, murmelte Martin zu sich selbst, »wieso wurde das auf der Erde nicht schon längst erfunden?« Er setzte weitere Schlagschrauben an, bis das Blech rundum fest mit der Tür verbunden war.
»Hoffentlich hält es«, bemerkte Eliane. »Jetzt nochmals dasselbe beim Wasserloch.« Sie holte ein zweites Blech aus dem hinteren Teil des Steuerstandes und drückte es gegen das Loch, durch das der Wasserstrahl von der beschädigten Tunnelwand ins Innere schoss. Martin sah ihr bewundernd zu, sie musste unheimlich stark sein, vermutlich hatte sie ihre Kraft auch den mechanischen Komponenten zu verdanken.
»Mach schon, ich kann das verdammte Blech nicht ewig andrücken.«
Er beeilte sich, die Zylinder einzuschlagen. Der Inhalt der Packung reichte gerade aus, um auch dieses Blech zu fixieren. Ein Loch mehr zu stopfen, und sie wären aufgeschmissen. Zwar hämmerte der Wasserstrahl noch immer außen gegen den Steuerstand, aber er konnte jetzt nicht mehr eindringen.
»Wo ist der Mikromechanische?«, fragte Martin.
»Vermutlich hat es ihn hinausgespült. Aber wir habe jetzt keine Zeit, nach ihm zu suchen. Sieh nur, die Kessel überlaufen schon!« Sie deutete durch das zersplitterte Fenster hinaus, wo sich ein Sturzbach über die Lokomotive ergoss. »Wir müssen die Ventile schließen.« Sie eilte zu den Armaturen.
»Wir können den Kleinen jetzt nicht im Stich lassen. Es wird noch eine Weile dauern, bis wir Dampf haben. Ich gehe runter und suche nach ihm.«
Doch als er den Kopf zum Durchgang hinausstreckte und die Plattform betreten wollte, schreckte er zurück. Wasser strömte von allen Seiten auf ihn nieder und wahre Sturzbäche ergossen sich über die Lokomotive. In der Dunkelheit war das Gleisbett nicht zu erkennen. Unmöglich, jetzt hinunter zu steigen, geschweige denn, den kleinen Roboter im Wasser zu finden. Ein Fisch schlängelte sich wie ein Aal vor ihm über die Plattform und verschwand in der Tiefe. Vermutlich hatte ihn der Wasserdruck durch eines der Löcher gepresst. Martin ging zurück in den Steuerstand.
»Du solltest mal nach den Notrationen sehen«, sagte Eliane. »Hier kannst du sowieso im Moment nichts tun.«
Betrübt über den Verlust seines kleinen Roboterfreundes schlurfte Martin durch das knöcheltiefe Wasser zur Tür, die zur Wendeltreppe führte. Als er sie öffnete, erwartete ihn das nächste Problem.
»Die Treppe und mit ihr vermutlich die ganze Ingenieurskabine ist voll Wasser. Der Weg nach unten ist versperrt.«
»Dann musst du halt tauchen. Du bist ein richtiger Mensch, du kannst das.«
»Du etwa nicht?«, fragte er und erst jetzt bemerkte er im flackernden Licht der Glühbirnen, wie Eliane nicht mehr bloß hinkte, sondern einen Fuß nachschleifte. Sie schien nicht mehr richtig gehen zu können.
»Ich habe Wasser im Fuß, wie du siehst. Er ist nicht mehr ganz dicht.«
»Lass mich nachsehen, vielleicht kann ich was machen.«
»Hol jetzt die Notrationen. Auch ich brauche dringend neue Energie.«
Martin war schon immer ein guter Schwimmer gewesen. Er fühlte sich im Wasser wie ein Fisch, tauchte gerne und konnte lange die Luft anhalten. Ohne zu zögern entkleidete er sich bis auf die Unterhosen, nahm ein paar tiefe Atemzüge und tauchte dann ins Wasser. Er
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