Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)
steht.«
»Wir könnten auch einfach warten. Vielleicht hat es Thomas ja geschafft. Er wird sicher das alte Stahldorf alarmieren und wir können auf eine Rettungsexpedition hoffen.«
Eliane verdrehte die Augen.
»Mein lieber Martin. Uns rettet niemand, schon gar nicht die Stahldorfer. Da ist die Chance größer, dass wir von Piraten aufgegriffen und verkauft werden.«
»Aber vielleicht kommt uns jemand anderer zu Hilfe«, sagte Martin in seiner Ratlosigkeit. Doch im Grunde wusste er, dass dies nichts als ein verzweifelter Wunschtraum war. Hier gab es kein Rettungswesen, keinen Hubschrauber, der nach Vermissten suchte. In dieser Welt musste man sich selbst helfen oder man war verloren. Das wurde ihm auch von Eliane bestätigt:
»Martin, du musst dich an die Regeln hier gewöhnen, wenn du überleben willst. Jeder hilft sich selbst. Auch wenn jemand wüsste, dass wir hier sind, er würde nur kommen, wenn es für ihn etwas zu gewinnen gäbe.«
Was für ein egoistischer Planet, dachte Martin. Schlimmer hätte er es nicht treffen können.
»Trink, der Tee gibt dir neue Kraft, dann ruhen wir uns aus. Draußen wird es jetzt rasch dunkel und etwas Ruhe wird uns gut tun.« Sie reichte ihm das Pfännchen mit dem goldgelben Getränk.
Du brauchst doch keine Ruhe, dachte er, du bist doch ein halber Roboter. Aber er hütete sich, diesen Gedanken laut auszusprechen. Stattdessen nippte er von der Flüssigkeit. Sie schmeckte sonderbar, weder süß noch sauer, noch in einer Geschmacksrichtung, die ihn an ein bekanntes Getränk erinnerte. Sie kitzelte seine Zunge und verströmte von dort eine wohlige Wärme, die sich im ganzen Körper ausbreitete. Ein äußerst angenehmes Gefühl, fand er. Doch auf die Wärme folgte Müdigkeit und innert kürzester Zeit schlief er im Sitzen ein. Er träumte von Roboterfabriken, fliegenden Lokomotiven und Bootsfahrten auf unterirdischen Flüssen, von einem Vulkan mitten im Eis und von Flix Krok, der seinen Hut lüftete und unter dem ein monströses Uhrwerk zum Vorschein kam. Er träumte aber auch von Eliane, wie ihre Lippen die seinen sanft berührten und wie sie sagte: »Ich mag dich, Martin, du Tölpel.«
Als er aufwachte, lag er in ihren Armen, den Kopf an ihre Schulter gelehnt. Sie saß immer noch aufrecht im Schneidersitz und das kleine Stück Karbonfluxer verströmte nach wie vor wohlige Wärme und ein wenig Licht. Draußen heulte der Sturm in den Eispfeilern und es war finstere Nacht. Aber er war hellwach und fühlte sich ausgeruht und gut.
»Schläfst du?«, flüsterte er.
»Nein. Ich denke nach.«
»Darüber, wie wir uns retten können?«
»Das auch, aber vor allem über die Welt da draußen und uns beide.«
»Woher kommst du eigentlich, Eliane? Auch aus Tiffany?«
»Nein, ich wuchs in einem Luftschifffriedhof auf, hier oben auf der Eisebene.«
Kein Wunder, dass sie so ruhig war, dachte er. Sie war Schnee, Kälte und Wind gewohnt. Sie befand sich in ihrer vertrauten Umgebung.
»Ist das weit weg von hier?«
»Ja, auf der anderen Seite des Planeten, doch der Mitte weniger nah und deshalb noch kälter.«
Er schauderte.
»Noch kälter? Wie kann man dort überleben? Und wieso gibt es dort einen Friedhof für Luftschiffe?«
»Das ist ein Rätsel, das bisher niemand bisher lösen konnte. Viele stürzten dort ab, alle am gleichen Ort. Einige Luftschiffer meinen, es habe mit dem Magnetfeld des Planeten zu tun, und in der Tat funktioniert dort kein Kompass. Die Instrumente drehen alle wild im Kreis. Dafür gibt es Gratis-Energie und das ist auch der Grund, wieso man dort überhaupt leben kann.«
»Das muss ein faszinierender Ort sein. Meinst du mit Gratis-Energie Karbonfluxer, der dort vorkommt?«
»Nein, es handelt sich um Elektrizität, um Strom aus dem Nichts. Glühbirnen, mit großen Spulen verbunden, leuchten ohne weiteres Zutun und heizen natürlich auch die Wohnungen. Wir nennen dieses Phänomen Tesla-Energie.«
»Tesla war auch ein bekannter Wissenschaftler in der Welt, aus der ich komme. Eine schillernde Gestalt und ein nicht ganz unumstrittener Erfinder. Zur ferngesteuerten Weichenstellung soll ja in den Lokomotiven auch eine Teslamaschine verwendet werden, wie du mir erklärt hast. Funktioniert das nach dem gleichen Prinzip – drahtlose Energieübertragung?«
»Das kann ich dir nicht sagen, ich bin keine Elektrizitätsspezialistin. Alles, was ich weiß, ist, dass dazu Strom aus dem Generator der Lokomotive verwendet wird.«
Martin vermutete, dass es sich dabei doch
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