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Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Bärtschi
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Die erste der beiden Sonnenschwestern stand nur noch eine Handbreit über dem Horizont, als es Eliane gelang, eine Klappe an der Dampfmaschine zu öffnen.
    »Es ist die Brennertür«, erklärte sie und nahm vorsichtig ein paar Brocken aus ihrem Metallbehälter mit dem Karbonfluxer. Dann warf sie sie durch die Öffnung. Nachdem sie den Behälter wieder verschlossen und am Gürtel unter ihrem Mantel verstaut hatte, nahm sie ihr Metallpfännchen und füllte es mit Schnee. Darauf leerte sie das Pfännchen in die Öffnung und verschloss die Klappe des Brenners.
    »Jetzt hilft nur noch Warten«, sagte sie offensichtlich gut gelaunt. »Los geht’s sowieso erst morgen, wenn die Hitze die Maschine freigeschmolzen hat. Wenn es dann gut aussieht, kriegt sie die volle Ladung.«
    »Was genau ist eigentlich dieser Karbonfluxer?«, wollte Martin wissen. »Eine dermaßen komprimierte Energiequelle kennen wir auf unserem Planeten nicht.« Außer bei der Atomenergie, fügte er in Gedanken hinzu. Dabei wurde ihm etwas mulmig zumute. Handelte es sich beim Karbonfluxer gar um nukleares Material?
    »Karbonfluxer ist Karbonfluxer, mehr weiß ich nicht. Außer dass es nicht ratsam ist, ihn mit bloßen Händen anzufassen und ihm allzu nahe zu kommen, wenn er brennt. Man kann sich an ihm verbrennen, ohne wirklich die Hitze zu spüren.«
    In Martins Kopf schrillten Alarmglocken. Also doch! Ein spaltbares Material. Doch in diesem Fall müssten sie doch schon längst tot sein, schoss es ihm durch den Kopf. Sie waren ungeschützt die ganze Nacht der Strahlung des Karbonfluxers ausgesetzt gewesen. Er hoffte innbrünstig, dass er sich irrte und es sich dabei um etwas ganz anderes handelte.
    Plötzlich rumpelte es in der Maschine und aus dem Kamin schoss eine Schneefontäne, gefolgt von einer Dampfwolke, die in der Luft sofort zu Eiskristallen gefror.
    »Sie arbeitet!«, rief Eliane von unten. »Komm, wir verziehen uns in das Zelt und ruhen uns bis zum nächsten Morgen aus.«
    In ihrer Unterkunft angekommen, entzündete Eliane nochmals einen Brocken Karbonfluxer, der alte war verbraucht und zu Martins erstaunen, vollständig verschwunden. Auf der ausgebreiteten Metallfolie waren keine Rückstände zu erkennen, nicht einmal Brandflecken.
    »Das ist erstaunlich«, meinte er. »Es bleibt nichts übrig, und auch die Folie hat der großen Hitze ohne Beschädigung standgehalten.«
    »Ja, sie ist enorm widerstandsfähig. Man benutzt sie zum Bau von Heißdampfluftschiffen.«
    »Dann wird hier also doch noch ein anderes Trag-Gas als Wasserstoff verwendet.« Martin dachte an die kleinen Überhitzer, die er im Hangar gesehen hatte.
    »Unsere Welt ist nicht so rückständig, wie du meinst, Martin. Nur weil unsere Technik anders ist, ist sie nicht schlechter als eure.«
    »Trotzdem gibt es gute und schlechte Technik«, entgegnete Martin. »Maschinen und Verfahren, die die Umwelt belasten und schließlich die Menschen vergiften sind nicht gut.«
    »Es ist nicht die Technik, die böse oder gut ist, es ist der Mensch, der sie anwendet.«
    Martin antwortete nicht auf den Einwand. Hier prallten die Philosophien zweier unterschiedlicher Welten aufeinander. Eine Diskussion darüber würde zu nichts führen. Sie beide waren nicht nur durch die Natur verschiedener Welten geprägt, sondern auch durch ein unterschiedliches soziales Umfeld. Die Technik war vermutlich nur ein Nebenschauplatz in diesem Zusammenhang. Abgesehen davon war er nicht in der Position, hier den Moralapostel zu spielen. Die Menschen der Erde waren kein gutes Beispiel für eine vernünftige Nutzung von Technik und Ressourcen.
    Eliane bereitete nochmals ihren goldenen Tee zu. Erstaunlicherweise stillte er nicht nur den Durst, sondern auch den Hunger. Trotzdem zauberte sie aus ihrem Mantel zwei kleine Würfel Schokolade und gab sie ihm.
    »Ich habe sie extra für dich aufgehoben«, sagte sie. Martin war gerührt ob dieser liebenswürdigen Geste. Wie sehr hatte sich doch ihr Umgang mit ihm in der letzten Zeit verändert. Ihr kratzbürstiges Wesen schien sie abgelegt zu haben. Martin breitete seinen Mantel aus und rollte sich darin zusammen. Kurz bevor er einschlief, vermeinte er einen sanften Kuss auf der Wange zu spüren.
     

 
    DAS RENNEN
     
    »Hallo, Martin, es ist Zeit aufzubrechen.«
    Verwirrt rieb er sich den Schlaf aus den Augen. Gerade noch hatte er von einem riesigen Reaktor geträumt, der mit Karbonfluxer betrieben wurde und den Æther mit radioaktiver Strahlung verseuchte.
    »Ist es

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