Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)
Atmosphäre gelangen. Wie dieser Kreislauf funktionierte, war ihm nicht klar. Dieser Planet war ein einziges Rätsel, fand er.
Da wurde er durch ein schleifendes Geräusch aufgeschreckt, und als er sich umsah, erschrak er. Das Luftschiff touchierte den Felsen. Das Brummen des Elektromotors verstummte plötzlich.
»Unser Motor ist ausgefallen!«, rief er. »Wir sind steuerlos!«
»Nur keine Panik«, beschwichtigte ihn Eliane. »Thomas wird das schon hinkriegen.«
Doch der Elektromotor blieb stumm und das Luftschiff streifte, durch den Wind getrieben, an der Felswand entlang. Dabei gewann es kaum mehr an Höhe.
»Der Sklavenhändler ist ein Bruchpilot«, murmelte Martin. »Jedes Mal, wenn ich mit ihm unterwegs bin, stürzen wir irgendwo ab.«
»Wir sind noch nicht abgestürzt«, entgegnete Eliane, die sein Selbstgespräch gehört hatte. Doch dann rief sie: »Festhalten!«
Vor ihnen war unvermittelt eine Spalte im Fels aufgetaucht und der Wind drückte das Luftschiff hinein. Martin glaubte zuerst, sie seien in eine Höhle geraten, doch als er in die Höhe blickte, bemerkte er, dass der Fels über ihnen nicht geschlossen war. Weit oben war ein kleiner Streifen des hellgrauen Himmels zu sehen.
»Wir müssen dort hinauf, dann sind wir draußen auf der Hochebene«, rief er. »Thomas braucht nur Ballast abzuwerfen.«
Doch was Thomas unten in der Gondel tat, war den beiden verschlossen. Zwischen ihnen waren die Gashüllen und blockierten die Sicht. Anstatt aufzusteigen sank der Ballon tiefer.
»Vielleicht will er hier landen, um den Motor zu reparieren«, sagte Eliane. Das Geschehen schien sie nicht sonderlich zu beunruhigen. Auch nicht, als das Luftschiff mit der rechten Hülle am Felsen rieb und das Netz an einigen Stellen zerriss.
»Wenn wir Leck schlagen, stürzen wir ab«, sagte Martin
»Die Hülle ist aus Gummplast, das ist fast so gut wie Stahl.« Eliane lachte und Martin blickte sie irritiert an. Die gefährliche Situation schien der Hybride gar Spaß zu machen.
»Aber ich werde mal zu Thomas runtersteigen, um zu sehen, ob ich helfen kann.« Sie stieg auf die linke Hülle, um dort am Netz entlang zur Motorengondel hinunterzuklettern. Doch plötzlich gab es einen heftigen Ruck und das Luftschiff schoss in die Höhe. Eliane plumpste zurück auf die Plattform und begrub Martin unter sich. Das Gefährt schlingerte wild und Martin glaubte zu hören, wie die Hülle riss und Gas mit zischendem Geräusch ausströmte. Doch er nahm das nur am Rande wahr, denn er lag auf dem Rücken und Eliane war auf ihm und ihre Gesichter berührten sich fast. So nahe war er einer Frau noch nie gewesen. Er spürte ihren Körper und er fühlte ihren Atem im Gesicht. Sie schaute ihm direkt in die Augen und er bemerkte erst jetzt, dass ihre Augen grün gesprenkelt waren. In diesem Moment vergaß er, dass sie mitten in einer Katastrophe steckten, in einem Luftschiff, das durch eine Felsspalte dem Himmel einer fremden Welt entgegenraste. Elianes Lippen näherten sich den seinen und sie drückte ihm einen Kuss auf den Mund. Nicht ungestüm, wie ihr Wesen war, sondern unendlich sanft. So schien es ihm auf jeden Fall. Die Sekunden, in denen sich ihre Lippen berührten, dehnten sich zu Minuten und Martin verspürte ein Gefühl, das er bisher noch nicht gekannt hatte.
»Ich mag dich, Martin, auch wenn du ein ungeschickter Außenweltler-Tölpel bist, aber ich mag dich.« Mit diesen Worten erhob sie sich, am Netz festhaltend, damit sie von dem schlingernden Luftschiff nicht wieder umgeworfen wurde.
Das Gefährt stieg immer noch rasend schnell nach oben, schlug mal links, mal rechts gegen den Fels. Martin fragte sich, ob Thomas dafür verantwortlich war und ob er tatsächlich so viel Ballast abgeworfen hatte.
»Jetzt kommt der entscheidende Augenblick«, rief Eliane. »Halte dich gut fest!«
Das Luftschiff schoss aus dem Spalt hinaus in eine atemberaubende Welt. Über ihnen der weite hellgraue Himmel, am Horizont zwei Sonnen, eine Handbreit auseinander, die eine weiß glitzernde Landschaft beleuchteten. Eine Wüste aus Eis mit einer unendlichen Reihe von Dünen, von deren Kämmen weiße Schleier wehten. Nur ein einzelnes markantes Objekt unterbrach die Eintönigkeit. Eine Eisblume, eingefasst von weißen Spitzen, Kristallen ähnlich, die schräg in den Himmel ragten. Obschon seinen Augen ein Vergleich fehlte, ahnte Martin, dass dieses Gebilde riesengroß sein musste.
Die ungestüme Fahrt ihres Gefährts war aber noch nicht zu Ende. Als
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