Die Reise zu den Elfeninseln
eingelegt hat.«
»Absolut«, stimmt mir Makri zu. »Sie ist ein nettes Kind. Ich mochte sie schon immer.«
Wir durchqueren einige gut beleuchtete Räume und Flure. Der Baumpalast ist zwar größer als alle anderen Elfenhäuser auf der Insel, aber weit kleiner als die Paläste, die für die Menschenkönige erbaut wurden. Außerdem strahlt er eher Gemütlichkeit als Luxus aus. In dem ganzen Gebäude herrscht ein angenehmer Duft, entweder von Weihrauch oder aber durch das natürliche Aroma des Holzes. Wir werden in einen Empfangssalon geführt, der ebenfalls weit kleiner ist als der entsprechende Raum im Kaiserlichen Palast in Turai, aber dafür ist er gemütlich und einladend. Ein Gobelin an der Wand zeigt, wie ein Rotwild aus einem Teich trinkt.
»Lady Yestar wird Euch gleich empfangen«, sagt der Lakai.
»Könnt Ihr mir vielleicht ein Bier besorgen?«, frage ich hoffnungsvoll.
Der Diener sieht mich zweifelnd an. »Ich glaube nicht, dass wir Bier im Palast haben.«
In dem Moment betritt Lady Yestar den Salon. Ein kleines Silberdiadem in ihrem Haar ist das einzige Zeichen ihres Ranges. Isuas hängt an ihrem Rockzipfel. Als das Kind Makri sieht, schreit sie vor Freude auf und reißt ihrer Mutter beinah den Ärmel vom Kleid, weil sie die beiden unbedingt vorstellen will.
»Das ist Makri!«, ruft sie. »Sie hat einen Drachen getötet, als sie noch eine Gladiator-Sklavin bei den Orgks war, und sie hat mal gleichzeitig acht Trolle besiegt, und dann hat sie alle niedergemetzelt und ist entkommen und ist nach Turai gegangen, und wenn sie jetzt mit Thraxas ermittelt, bringt sie auch Leute um, und sie hat mich ihr Schwert anfassen lassen, und sie hat ein orgkisches Schwert, und das hat sie erbeutet, als sie alle Orgks abgeschlachtet hat, und sie zeigt mir, wie man kämpft, und sie war Meisterin bei den Gladiatoren!«
Nach dieser atemlosen Vorstellung überrascht mich Lady Yestar mit schallendem Gelächter. Es ist das erste Mal, dass ich eine Elfe lachen sehe, seit diese ganze unselige Geschichte angefangen hat. Ich habe fast vergessen, dass sie das ja auch können.
11. KAPITEL
Lady Yestar ist ganz anders, als ich erwartet habe. Als Gemahlin Lord Khurds und aufgrund ihrer eigenen, sehr vornehmen Herkunft hatte ich mir vorgestellt, dass sie eher kühl und zurückhaltend wäre, auf diese unnachahmliche Art und Weise distanziert, die nur ein Elf aus einem alten, aristokratischen Geschlecht beherrscht. Einige der großen Elfenfamilien können ihren Stammbaum bis zur Großen Flut zurückverfolgen. Dieser Vorfall ist für die Menschen zu einem Mythos geworden, aber für die Elfen ist er einfach nur ein Datum im Geschichtsbuch.
Und Yestar sieht schon beeindruckend aus: Sie ist groß, blass und hat beinah ätherische Züge. Der erste Eindruck legt nahe, dass sie eine Elfe ist, welche die Angelegenheiten eines turanianischen Ermittlers nicht einmal wahrnimmt. Aber da habe ich mich geirrt. Wie sich herausstellt, ist sie eine sehr freundliche, fröhliche und intelligente Elfenlady, die uns herzlich begrüßt, während sie über den Begeisterungsausbruch ihrer Tochter lacht. Außerdem schminkt sie sich die Augen, was unter den Avulanerinnen ziemlich selten vorkommt.
Isuas wiederum scheint in der Gegenwart ihrer Mutter wie verwandelt. Sie stolpert zwar immer noch über Teppiche, aber ihre Schüchternheit ist verflogen, und sie benimmt sich auch nicht mehr wie das hoffnungslos unzulängliche Kind einer sehr beschäftigten und wichtigen Familie.
Mein Respekt für Lady Yestar steigt noch weiter, als sie mir auf meine höflich vorgebrachte Bitte um eine Flasche Bier erklärt, dass es zwar im Palast und anderen ähnlich eleganten Orten nicht genossen wird, aber dennoch gebraut und von vielen gemeinen Elfen auch mit Vergnügen getrunken wird.
»Ich könnte meine Dienerschaft fragen, wo Ihr vielleicht andere Elfen trefft, die dem Getränk frönen.«
Mittlerweile habe ich die Wirkung des Thazis längst abgeschüttelt, bin aber nicht sicher, dass Makri das ebenfalls gelungen ist. Überrascht bemerke ich, wie sie Isuas liebevoll eine Kopfnuss gibt und ihren grünen Schlapphut bewundert.
»Möchtet Ihr ihn gern haben?«, meint Isuas und reibt sich den Hinterkopf.
Makri möchte und akzeptiert das Geschenk hocherfreut.
»Geiler Hut«, sagt sie und stülpt ihn sich auf ihre Mähne. Sie sieht ziemlich lächerlich aus.
»Geil« ist ein Wort aus der orgkischen Umgangssprache, das Makri benutzt, wenn sie etwas schätzt. Es ist allerdings
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