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Die Reise zum Ich

Die Reise zum Ich

Titel: Die Reise zum Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Naranjo
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perfekter geworden, weil wir sie
    nun gemeinsam erleben. Ich fühle mich freier beim Akt und
    empfinde weit mehr Genuß. Ich fühle mich in meiner Ehe
    nicht mehr als Gefangener, ich merke, daß wir vieles gemeinsam haben. Ich glaube, meine Frau jetzt besser zu kennen.«
    Bisher habe ich hier Prozesse spontanen Selbstausdrucks in
    Bild, Wort oder Tat dargestellt sowie deren Auslösung mit
    Hilfe gesteuerter Wachträume, durch Rekapitulierung beziehungsweise Wiederholung von Träumen, Betrachten von Fotos sowie den Umgang mit verschiedenen Materialien mit Hilfe der
    Konfrontation und Personifizierung. Letztere können gelegentlich (mit Ibogain oder Gestalttherapie ohne Anwendung von Drogen) zu sehr datailliertem Ausagieren führen. Doch
    gibt cs weitere Situationen, die ich hier erörtern möchte, nicht
    nur weil sie mir bei jeder dritten Sitzung etwa begegneten,
    sondern wegen ihrer besonderen Qualität und Bedeutung: das
    Reminiszieren und Ausagieren früher Jugenderlebnisse, das
    durch In-Beziehung-Setzen zur momentanen Situation oder
    Imagination, durch Betrachten von Fotos oder Deutung des
    Patientenverhaltens in Gang gebracht werden kann.
    Wie erwähnt, typisch für Ibogain ist, daß es die Erinnerung an
    innere Vorgänge oder Fantasien, und weniger an äußere, wie
    bei MDA der Fall, wachruft. Hierbei kann es sich um fixierte
    Vorstellungen wie zum Beispiel die Elternbilder oder um gegenwärtige Vorgänge handeln. Als Beispiel dafür kann die Geschichte einer Frau mittlerer Jahre dienen, die sich zu einem
    bestimmten Zeitpunkt der Sitzung plötzlich wieder an folgendes Erlebnis erinnerte: Ihr Vater kam mit Geschenken für die Familie nach Haus und schenkte ihren Brüdern und Schwestern
    alle möglichen Mitbringsel, die sie sich vorher gewünscht hatten. Sie aber hatte nur den Wunsch geäußert, seine Lieblingstochter zu sein: »Meinetwegen, Papa, solltest du kein Geld ausgeben.« Und so brachte er ihr dann tatsächlich ein ziemlich
    wertloses Geschenk mit: eine kleine Brosche in Gestalt eines
    Hundes. Diese Geschichte war ihr vermutlich bewußt in Erinnerung gewesen, doch hatte sie seit ihren Kindertagen nicht mehr daran gedacht. Jetzt aber fiel ihr zu ihrer Überraschung
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    noch etwas Anderes ein: daß sie sich aus Enttäuschung über das
    geringe Geschenk ausgemalt hatte, wie der kleine Hund ihrem
    Vater den Penis abbiß und ihn verschlang. Außerdem erinnerte
    sie sich, daß sie darüber heftige Gewissensbisse empfand, als sei
    das Eingebildete Wirklichkeit gewesen. Dieses Schuldgefühl
    hatte seitdem ihr Verhältnis zu ihrem Vater schwer belastet.
    Jene wenigen Sekunden inneren Erlebens hatten sich magisch
    auf ihr ganzes Leben ausgewirkt und ihrem engen Verhältnis zu
    ihrem Vater ein Ende gesetzt. Als ich sie nun aufforderte, sie
    möge sich vorstellen, sie spräche jetzt zu ihrem Vater, erzählte
    sie ihm, was geschehen war. »Er« zeigte Verständnis, und so
    durfte sie sich wieder frei von Schuld fühlen. Als sie dann
    wirklich wieder mit ihrem Vater zusammentraf, spürte sie für
    ihn wieder die gleiche Liebe wie ehedem.
    Dieser Episode läßt sich entnehmen, daß ein seelischer Vorgang sich auf das Leben ebenso oder sogar mehr auswirken kann, als ein Faktum; doch ist sie insofern aufschlußreich, als
    sie dokumentiert, daß es möglich ist, sich selbst noch nach sehr
    langer Zeit einer Vorstellung zu erinnern, die vermutlich in
    dem damaligen Augenblick nicht ins Bewußtsein trat. Diese
    spezielle Fantasie scheint ihrem Wesen nach von gleicher Art
    zu sein, wie die Iboga-Imaginationen (das Tier, das die Genitalien abbeißt und verschlingt, als ödipale Situation), und desgleichen ebenso die Empfindungen (Zorn, Groll, Frustration), die Iboga auszulösen neigt, so daß wir sogar versucht sein könnten,
    diesen ganzen Aspekt der »Iboga-Welt« als Manifestation der
    Regression zu bezeichnen. Doch lasse ich diese Frage zunächst
    im Raum stehen.
    Während die Patientin des letzten Beispiels ihre Fantasievorstellung als solche erkannte, kommt es auch vor, daß sich der Analysand weitgehend einer äußeren Wirklichkeit erinnert,
    von der man annehmen kann, daß sie als Pseudoerinnerung in
    die Vergangenheit projiziert wird, genau wie die Halluzination
    eine Pseudowahrnehmung der Gegenwart ist. Wann immer ich
    einen solchen Fall vor mir zu haben glaube, behandle ich die
    Erinnerung, als sei sie Imagination, und die agierenden Personen als Projektionen der Persönlichkeit. Darum fordere ich den

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