Die Reise
schenken, wenn das ginge.«
»Sagen Sie mal«, sagte er, »was finden Sie am Mutter sein eigentlich am schönsten?«
Ich spürte, wie ein breites Lächeln über mein Gesicht glitt. Mutter sein – der bloße Gedanke ließ mir die Freude ins Herz schießen. »Alles. Sie mögen die Stunden nicht missen, wo die Kinder auf Ihrem Schoß sitzen und Sie ihnen über das Haar streichen und ihren Geruch einsaugen und die Wärme ihrer kleinen Beine und ihres Rückens spüren. Sie haben den Eindruck, dass
Ihr
Kind das schönste auf der ganzen Welt ist. Sie studieren seine Gesichtszüge wie kein anderer Mensch das tut. Dieses Kind kommt von Ihnen, es sieht Ihnen ähnlich. Sie halten es mehr auf dem Schoß und in den Armen als jeder andere Mensch und können es beobachten und kennen lernen wie kein anderer.«
Ich sah, wie das Lächeln auf seinem Gesicht immer heller wurde. »Was noch?«, fragte er.
»Na, Sie mögen es, wenn die Kinder etwas Neues entdecken, zum Beispiel wie man Treppen steigt oder Auf Wiedersehen winkt. Jedem, der es hören will, erzählen Sie, was für ein tolles Kind Sie haben. Sie könnten ganze Bücher darüber schreiben, wie Sie es lieben, wie wunderbar es ist und wie es jeden Tag etwas Neues lernt.«
Ich machte eine Pause. Was war mir an Sara besonders lieb? Welche Szenen würde ich am liebsten sofort noch einmal erleben? »Wissen Sie, was Sie als Mutter noch mögen? Den Klang der Stimme Ihres Kindes; kein anderes hat genau diese Stimme. Und wenn Sara zielsicher zu mir rennt, obwohl noch ein Dutzend andere Eltern und Kinder in dem Raum sind, das ist einfach toll.«
Ich musste an jenen Morgen am Frühstückstisch denken. »Es geht natürlich nicht immer, aber Sie möchten Ihren Kindern jeden Wunsch erfüllen – ihnen zum Beispiel noch mehr von dem süßen Müsli geben oder das nächste Stofftier, obwohl Sara schon mehr Tiere hat, als ich zählen kann. Sie genießen die Freude in den Augen ihrer Kinder, auch wenn sie nur kurz ist. Und wenn sie unartig sind – was oft genug passiert –, müssen Sie sich zwingen, Ihr Lächeln zurückzuhalten, weil sie doch so ein Schatz für Sie sind. Vielleicht ist das das, was ich am meisten mag: Jemanden so lieben, egal wie er sich benimmt.«
Er beugte sich nach vorne, legte die Ellbogen auf den Tisch und verschränkte seine Finger. »Da hätte ich gleich die nächste Frage. Wenn es einen Gott gibt, der alles erschaffen hat, wäre es dann nicht denkbar, dass er ähnliche Gefühle Ihnen gegenüber hat wie Sie gegenüber Sara? Dass er Sie genauso viel liebt? Bereit ist, Ihnen die Welt zu schenken? Sich nichts Schöneres vorstellen kann, als Sie an der Hand zu halten? Mit anderen Worten: Ist es möglich, dass auch Ihre Liebe zu Sara etwas von dem Wesen des Schöpfers widerspiegelt?«
Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und dachte kurz nach. »Ich weiß nicht«, antwortete ich ehrlich. »So hab’ ich das noch nie gesehen.«
Er fuhr fort. »Könnte es nicht möglich sein, dass die Sehnsucht der Menschen, mit Gott in Verbindung zu treten, von Gott selbst kommt? Dass Gott ihnen diese Sehnsucht eingepflanzt hat, weil er selbst diese Verbindung wünscht? Dass er die Menschen zur Gemeinschaft mit ihm erschaffen hat und dass wir ohne diese Verbindung zu Gott nur halbe Menschen sind?«
»Vielleicht. Doch, könnte schon sein …«
»Und wenn das so wäre, wäre das Verhalten Ihres Mannes dann nicht eine eigentlich ganz vernünftige Art, mit dieser inneren Sehnsucht umzugehen? Wäre es wirklich Unsinn, wenn er eine Beziehung zu Gott wünscht, oder wäre es nicht im Gegenteil das Sinnvollste der Welt?«
Ich hatte das Gefühl, dass dies nicht mehr ein bloßes Gedankenexperiment war.
Kapitel 7
Sie klingen ja gerade so, als ob Sie an Gott glauben«, sagte ich nervös.
»Das tue ich auch.«
»Aber … vorhin im Flugzeug haben Sie doch das Gegenteil gesagt.«
»Das habe ich nicht. Ich habe gesagt, dass ich Religion hasse.«
»Und wo ist da der Unterschied?«
»Religion – das sind die selbst gebastelten Versuche der Menschen, zu Gott vorzudringen. Sie versuchen, anständig zu sein, bestimmte Regeln zu halten, gewisse Rituale zu vollziehen und so weiter. Aber Gott? Natürlich glaube ich an Gott.«
Dies war überhaupt nicht das, was ich erwartet hatte.
»Dann glauben Sie also auch, dass es möglich ist, eine persönliche Beziehung zu Gott zu haben?«
»Ja. Ich glaube das nicht nur, ich weiß es.«
Ich spürte, wie mein Blutdruck stieg.
Das hier ist ein abgekartetes
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