Die Reise
höher und mächtiger als wir, so unendlich weit von uns entfernt sozusagen, dass wir nie und nimmer eine Verbindung zu ihm aufbauen könnten. Wie sollte das denn zugehen? Das wäre ja so ähnlich, als wenn eine Ameise versuchen würde, mit uns Menschen in Verbindung zu treten.«
»Das ist eine gute Frage.« Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee. »Wie wäre es, wenn Sie sie mal von der anderen Seite aus stellen?«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich meine, aus der Perspektive Gottes.«
»Sie meinen, ob Gott mit uns in Verbindung treten könnte?«
»Nicht so sehr
könnte
. Wollte. Wenn es einen Gott gibt, würde er dann die persönliche Begegnung mit uns suchen?«
Ich überlegte einen Moment. »Das ist doch das Gleiche. Wenn es einen Gott gibt und er so groß ist, dass er das ganze Universum erschaffen hat, mit all den Jahrmilliarden, die dazu gehören, und wir Menschen sitzen hier unten auf diesem mickrigen kleinen Planeten in diesem Hinterhof von Milchstraße – für was sollte Gott uns denn brauchen? Wozu wären wir für ihn wichtig?«
»Das ist jetzt sogar eine
sehr
gute Frage.«
»Ich kann mir echt nicht vorstellen, dass wir für irgendeinen Gott so wichtig sein könnten, dass er versucht, mit uns in Kontakt zu treten. Ich meine, er hätte doch wohl wichtigere Dinge zu tun, oder?«
Er lachte. »Das sollte man meinen, ja.« Er nahm einen Bissen von seinem Mokkakuchen und wischte sich den Mund mit der Serviette ab. »Vielleicht liegt die Antwort auf diese Frage im Wesen Gottes.«
»Sie meinen …«
»Wenn es einen Gott gibt, wie ist er dann? Erschafft er einfach die Welt und dann lässt er sie los und macht den unbeteiligten Zuschauer? Oder, noch abstrakter, ist Gott so eine diffuse, unpersönliche ›Kraft‹, wie in
Krieg der Sterne?
Oder ist er eine Person – jemand, der denkt, der Entscheidungen trifft, der Gefühle hat wie wir und der zum Beispiel lieben kann?«
Ich nahm den nächsten Schluck von meinem Latte. »Woher soll man das wissen? Gott kommt ja nicht vom Himmel herabgesegelt und sagt: ›Schaut her, hier bin ich.‹ Wie soll einer wissen, wie Gott ist?«
»Nun …« Er nahm einen langen Schluck. »Gehen Sie einfach mal von dem aus, was Sie an Material zur Verfügung haben. Wenn es einen Gott gibt, müssen wir dann nicht annehmen, dass er Spuren in der Welt hinterlassen hat – bestimmte Indizien, die uns etwas davon zeigen, wie er ist?«
»Indizien?« Ich musste plötzlich an das Umschlagbild des Romans
Sakrileg
denken. »Was für Indizien?«
»Nun, was würde uns das Universum über seinen Schöpfer erzählen?«
»Also, bestimmt, dass er alt ist. Ich meine, echt alt.« Ich lachte.
»Echt alt?« Er grinste mit mir.
»Na, ich stell’ mir gerade so einen uralten Mann mit tausend Runzeln im Gesicht und Krückstock vor, wie diese Filmschauspieler, die alte Leute darstellen sollen. Aber so sieht Gott wahrscheinlich eher nicht aus. Jemand, der schon seit Milliarden Jahren existiert, altert wahrscheinlich nicht.«
Er lächelte. »Nein, wahrscheinlich nicht.« Er nahm den nächsten Schluck. »Also gut, Gott wäre also echt alt. Was noch?«
»Und er müsste echt intelligent sein. Das Universum ist ja ziemlich kompliziert. Und die Menschen eigentlich auch, nach all dem, was wir mittlerweile über DNS und all das wissen.«
»Okay, Gott müsste also superintelligent sein.«
»Ja. Ich weiß nicht recht, ob ich diese ›Intelligent Design‹-Theorie glauben soll – also dass die fantastische Ordnung im Universum ein Hinweis auf einen Gott ist –, aber wenn es einen Gott gäbe, müsste er echt intelligent sein – und mächtig –, um das alles zu schaffen.«
»Und warum das?«
»Nun, wenn wir alle durch den Urknall hier sind, dann müsste Gott diesen Urknall und alles, was danach kam, ja von vornherein so gelenkt haben, dass genau das Universum entstehen musste, das wir heute haben. Nick hat mir mal erzählt, wie ungeheuer präzise die ganze Sache ist; wenn von tausend Dingen nur eines ein bisschen anders wäre, wäre das ganze Weltall anders. Oder wir wären überhaupt nicht da.«
Mein Gott, ich klinge ja wie einer, der Gottes Existenz beweisen will. Aber wenn wir mal davon ausgehen, dass es Gott gibt
…
»Gut«, sagte er. »Wenn es Gott gibt, muss er also echt alt, superintelligent und äußerst mächtig sein – mindestens so mächtig wie das Universum selbst?«
»Wenn er das alles hervorgebracht hat, dann schon, ja.«
»Sie sagen also, wenn ich das einmal zusammenfassen darf, dass
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