Die Reisen des Mungo Carteret
stämmige mittelalte Frau in blauem Overall, runzelte die Stirn, als er sein Anliegen vortrug.
»Die haben uns zwar gesagt, daß noch so’n Detektiv kommt, und wir sollen, eh, hilfsbereit sein … Aber warum wollen Sie nicht drüben hausen, solang Sie hier sind?«
»Ich will möglichst genau wissen, wie es hier zugeht. Arbeitsabläufe und alles. Darum. Sie haben doch bestimmt Platz in den Quartieren, oder?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Meinetwegen. Aber jammern Sie mir nix vor, von wegen Service, klar?«
Es gab spartanische Einzelkabinen – Bett, Schrank, Tisch, Waschbecken –, dazu Gemeinschaftseinrichtungen wie zwei Bäder, Küche und Freizeitraum mit Unterhaltungsgeräten.
Die Belegschaft bestand etwa zur Hälfte aus festen, zur Hälfte aus wechselnden Leuten – Tramps, die sich die Passage zum nächsten Planeten verdienen wollten, Tagelöhner, die auf Garm angeheuert wurden und verschwanden, wenn sie keine Lust mehr hatten. Nach 20 Tagen Schicht gab es 9 Tage Freizeit, meist auf Garm absolviert.
Carteret verstaute sein Gepäck in der unwirtlichen Kabine, die die Frau ihm anwies, und machte einen Rundgang durchs Quartier. Von einem der Küchenautomaten bezog er eine Portion dessen, was »drüben«, im Luxus teil, an diesem Tag als Personalessen ausgegeben wurde – ein undefinierbares Stück Fleisch in zweifelhafter Sauce, abstrus aussehendes Gemüse (bräunliche Stachelkugeln), Brot und glibberigen schwarzen Quark. Alles schmeckte besser, als es aussah, und jedenfalls erheblich besser als der widerliche Kaffee, den eine andere Maschine absonderte. Nachdem er gegessen hatte, überflog er die Titel der Filme, Lesewürfel und der wenigen zerfledderten Bücher im U-Raum, seufzte und wartete auf eine Inspiration.
Drei Tage später wartete er noch immer. Er hatte mit den sieben Leuten gesprochen – drei Frauen, vier Männer –, die zur Zeit Dienst taten. Er hatte die Lagerhallen staunend (und schaudernd, beim Anblick der Säcke mit dehydriertem Wein aus dem Anbaugebiet um Teckelton) durchwandert, mit und ohne Schutzanzug. Er hatte die Schleusen und Schotts überprüft, die Sicherheitsvorkehrungen, die zentralen und dezentralen Steuergeräte für besondere Druck- und Atmosphärenbedingungen. Er hatte die Listen der Waren wieder und wieder durchgesehen.
Eine Garmatin, die im Moment Schichtdienst tat, war auch zur Zeit des Unfalls in Canistra-Ost gewesen. Mit deutlichem Überdruß erzählte sie Carteret mehrmals die Geschichte, ohne sich zu widersprechen.
»Hab ich doch alles schon siebenmal gesagt. Aber na gut. Also, einer von uns hatte was zu feiern, an dem Tag. Geburtstag oder so. War ziemlich ruhig, nix Besonderes zu tun, also haben wir im U-Raum gehockt und auf ihm rumgetrunken. Dazwischen immer wieder die üblichen Rundgänge. Wir waren sechs, fünf und der Lademeister. Der hat mitgesoffen, klar. Dann sind drei von uns los, von wegen Rundgang und so. Jeder eine Sektion. Halbe Stunde, dann weiterfeiern. Die war aber noch nicht rum, da geht der Alarm los. Der Lademeister rast in die Zentra le, wir hinterher. Osmin, der hatte Geburtstag, ist in irgend ’ner Halle, und Ghilyana in ’ner anderen; sehn wir, als der Lademeister die Rundumoptik anwirft. Und Turko liegt, wo er eben liegt. Da war alles schon passiert.«
Turko Asperny, Garmate, 41 Jahre alt, im offenen Schutzanzug tot vor der offenen Doppelschleuse. In beiden betroffenen Lagerhallen beschädigte, verschmutzte, zerstörte Handelsgüter; aber Carteret fand kein Schema, nichts, was auf Absicht hindeutete. Asperny hatte keine persönlichen Feinde gehabt, soweit feststellbar. Die Handelsgüter waren Eigentum verschiedener Agenturen, Firmen, Prospektorgruppen oder Kooperativen gewesen; es gab keinen Anhaltspunkt dafür, daß jemand durch Vernichtung einer bestimmten Ware eine bestimmte Fir ma hätte schädigen wollen. Das Depot Canistra hatte eine gewisse Unordnung, aber keinen Schaden erlitten. Kein feststellbarer Sinn, keine nachvollziehbare Absicht.
Und trotzdem … Irgend etwas störte Mungo Carteret, aber er wußte nicht, was es sein mochte. Im Prinzip war er genau so weit wie die beiden Versicherungsdetektive – sie hatten Canistra untersucht, wie der SIC vorher, und sich dann auf dem Planeten umgesehen. Im Lager einer Handelsfirma waren sie von stürzenden Frachtkisten begraben worden – Unfall, Zufall, Anschlag? Aber die Firma in Kynoborg, einem Flußhafen an der Mauthe, einem Nebenfluß des Chihuahua, stand in keinem
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