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Die Reisen des Mungo Carteret

Die Reisen des Mungo Carteret

Titel: Die Reisen des Mungo Carteret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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über alles, was bisher zu berichten war. Er hatte den Totenschädel auf die Gilbholzkommode gestellt, neben der Tür zum Bad. Die Aufnahmelinse, in einem der Augen des Schädels, glomm beinahe sarkastisch, wie Mungo sich einbildete, als der Apparat sagte:
    »Und du findest es richtig, mit einem Computer über das Seelenleben von Drachen und ihre Ausscheidungen zu reden?«
    »Worüber soll ich denn sonst mit dir reden, blödes Gerät? Du bist doch unnütz, Moloch.«
    »Dann sprich mit hochdero inzestuöser Kusine, Junge. Vielleicht hat sie das passende Orakel.«
    »Zu Drachen?« Carteret ächzte.
    »Du hast doch schon versucht, sie zu erreichen, oder?«
    »Zum Zeitvertreib. Aber … mal sehen.«
    Es dauerte einige Zeit, bis die Hyperfunkbrücke Anubis-Kynossa-Canistra-Atenoa stand. Genug Zeit für Mungo, um an die Fälle zu denken, die Pamelas Zufallsorakel hatten lösen helfen; und um zu überlegen, wie spät es in Atenoa sein mochte.
    Aber das Kommunikationsgerät von Pamela du Plessis, Spezialistin für die frühe Noastoa, teilte ihm mit, sie sei – wieder oder noch immer – nicht zu Hause. Carteret wollte das Visifon bereits ausschalten; dann schnippte er mit den Fingern und sagte:
    »Kannst du mich identifizieren?«
    »Ihr seid der inzestuöse Vetter Mungo. Ich wurde angewiesen, Euch mit ›Ihr‹ anzureden.«
    Carteret lachte. »Na gut. Hast du Zugriff auf die Sprüchesammlung?«
    »Ich bin nicht der Umweg und die Unwahrheit, aber Kommunikator und Rechner in einem. Ein Orakel? Ein bestimmtes Stichwort?«
    »Drachen«, sagte Mungo.
    »Ei«, sagte Pamelas Computer. Mungo bildete sich ein, ihn leise pfeifen zu hören. Fast wie durch die Zähne.
    Nach wenigen Sekunden hatte das Zufallsprogramm aus den von Pamela gesammelten Aphorismen der Noastoa-Philosophen drei »Orakelsprüche« gesucht.
    »Erstens«, sagte das Gerät. »›Die Laus im Drachenpelz sollte feuerfest sein‹. Zweitens: ›Manchmal fallen Affen von Bäumen und Drachen aus dem Himmel, aber nie Weisheiten in den Schoß.‹ Drittens: ›Die Maus, die einen Drachen essen will, sollte vorm Schlucken gut kauen.‹ Zufrieden?«
    »Ach, alles Unfug. Grüß Pamela; ich melde mich.«
    Eigentlich wollte er zu Bett gehen; aber plötzlich stell te er fest, daß er seit dem Ende des Gesprächs – vielleicht eine halbe Stunde – auf den blinden Bildschirm gestarrt hatte. Es war drei Uhr früh (Ortszeit Anubis) am 24. Ap ril 410CT, er hatte die Lösung, wußte, wie alles abgelaufen war, dankte stumm den blöden Orakelsprüchen und frag te sich, ob er Medina wecken sollte. Aber es war keine Ge fahr im Verzug; erst schlafen, dann reden.
    Er sagte sich, daß er nicht viel von den Anliegen der Neocalvinisten wußte; daß es aber zwischen Fundamentalisten aller Schattierungen keine prinzipiellen Unterschiede gebe. Er dachte an den Mann, den er auf dem Bildschirm gesehen hatte, an die Großaufnahme des verzerrten Gesichts mit den fanatischen Augen. Und an die Predigt, die mit Lust die vorbestimmte Verdammnis ausgemalt hatte. ›Wenn Seelen Religion aufnehmen, scheiden sie speziellen Kot aus – Seelenkot?‹ dachte er.
    Ein Fanatiker, der zwar seinen alten Vater besuchen, aber vor allem predigen, missionieren und Geld eintreiben will. Der feststellt, wie wohlhabend der Vater inzwischen geworden ist dank seiner Bilder, die wüste Rauschzustände bergen, die vom Gefühl erzählen, ein Drache zu sein. Der Sohn predigt gegen den Rausch, dem der Vater huldigt, und für den er jenes Geld ausgibt, das der Sohn für seine Anliegen haben will. Er hat sich, um sie rauschhaft zu verdammen, mit Räuschen und Rauschmitteln beschäftigt, kennt als gebürtiger Garmate Seelenkot. Er sucht andere Süchtige, findet sie, predigt – und entdeckt die Möglichkeit, den sündigen Vater durch eine Überdosis Sünde zu bestrafen, der Verdammnis auszulie fern. Eine nach seinen Vorstellungen heiligmäßige Tat, die ihm als einzigem Sohn und Erben außerdem das ersehnte Geld bringen wird. Es gibt nur zwei Schwierigkeiten: den geeigneten, höllisch präparierten Seelenkot beschaffen und ihn, ohne erkennbare Spuren zu hinterlassen, so verteilen, daß nicht nur, aber auch der Vater ihn erhält.
    »Laus im Drachenpelz, pah«, sagte er halblaut, als er sich auszog. »Drachen haben Schuppen. Oder? Na ja, diese wohl nicht.«
     
    Medina lauschte, staunte über die Zufälle und stimmte seinen Folgerungen zu. Sie wehrte sich auch nicht, als er vorschlug, daß sie als Amtsperson und Vertreterin des SIC

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