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Die Reisen des Mungo Carteret

Die Reisen des Mungo Carteret

Titel: Die Reisen des Mungo Carteret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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… es geht nicht um meine Selbstwertgefühle.« Er machte eine Pause, holte tief Luft und fuhr fort: »Ach, es hilft ja nichts. Es wird kaum möglich sein, die abgenagten Knochen wegzuräumen, ohne andere Hunde anzuketten.«
    Mungo hob die Schultern. »Ihre garmatischen Redewendungen in allen Ehren, aber worauf wollen Sie hinaus?«
    »Rauschgift«, sagte Rodrigo. »Wenn meine Vermutung stimmt … Und dann werden wir nicht nur die fünf Toten zu sortieren haben, sondern auch noch ein paar Hundert Lebende. Wahrscheinlich nicht gerade die unwichtigsten Leute der Stadt.«
    Medina klatschte plötzlich in die Hände; Mungo fand ihren Gesichtsausdruck seltsam – begeistert? Welchen Grund für Begeisterung konnte es da geben?
    »Seelenkot, nicht wahr« sagte sie.
    »Genau. Beziehungsweise Entzug.«
    »Seelenkot?« Carteret runzelte die Stirn. »Ah, dieses Drachenzeug, oder?«
    Bei den Ermittlungen, die er und Medina Cross durchgeführt hatten, war es auch um seltene Substanzen gegangen, die bei einem Lagerunfall beschädigt worden waren. Im Geiste sah er wieder die Liste mit Namen und Definitionen vor sich, darunter diesen Eintrag: Seelenkot – Fortpflanzungsexkremente der vegetabilen Folio- bzw . Deltadrachen von Qalaf VIl ; kleine Bälle , enthalten ein Halluzinogen , implodieren ab 0 , 2 bar . Oder so ähnlich. In der Sendung, die er vor ein paar Tagen zerstreut gesehen hatte, war davon nicht die Rede gewesen; ›wahrscheinlich will man das Zeug totschweigen‹ sagte er sich.
    »Drachenzeug ist ein bißchen ungenau.« Medina lächelte flüchtig. »Laß uns das später klären. Aber wie sind Sie darauf gekommen, Rodrigo?«
    Der aboyeur hob die Schultern. »Haben Sie mal mit Leuten zu tun gehabt, die nach Seelenkot auf Entzug waren? Das Schlimmste, was ich je an Depressionen gesehen habe. Deshalb. Fünf Leute, die so deprimiert sind, daß sie sich das Leben nehmen …«
    Mungo kniff die Augen zusammen. »Das beantwortet aber die anderen Fragen nicht. Wieso fünf Leute gleichzeitig? Wieso diese fünf und nicht auch andere – oder sollten das die einzigen gewesen sein, die das Zeug zu sich genommen haben? Wer hat es geliefert? Wer war dabei?«
    »Das Zeug«, sagte Medina, »macht nur psychisch abhängig. Es ist nicht illegal; aber es ist teuer, und Leute, die es nehmen, sind im Prinzip gesellschaftlich erledigt.«
    »Er hat recht«, knurrte Rodrigo. »Seelenkot mag die einzige Erklärung für diese Selbstmorde aus Trübsinn sein, aber dann müßten wir mehr davon haben. Mehr Selbstmorde, meine ich. Vielleicht weiß jemand mehr, ein Spezialist. Es gibt da einen Arzt …«
    Sie beendeten die fruchtlosen Spekulationen bald; aber auch die Sichtung der Fakten brachte sie nicht weiter. Es gab keine Verbindung zwischen den Toten – abgesehen davon, daß einige von ihnen einander gelegentlich be gegnet sein mochten. Der Streuner hatte nichts zu verer ben; die Ladenbesitzerin hatte kein Testament hinterlassen und nur entfernte Verwandte, von denen niemand besondere Vorzüge oder Chancen hinsichtlich des Erbes besaß; der Verwaltungsbeamte hatte allen Besitz der Stadt vermacht, mit bestimmten Wünschen hinsichtlich wohltätiger Fonds; die Grundherrin hinterließ alles ihren unmündigen Kindern, für die ein amtlicher Vormund eingesetzt werden mußte; der Besitz des Malers schließlich fiel an dessen einzigen Sohn, Priester eines Ordens auf dem Planeten Kurultai, Lichtjahre entfernt.
    »Den werden sie suchen müssen«, sagte Rodrigo. »Der war vor einiger Zeit mal hier und hat Brandreden gegen Räusche und Genüsse und derlei gehalten. Ist aber, wenn ich mich nicht irre, ewig unterwegs.«
    Abends trafen sie in der Bar ihres Hotels den Arzt, an den Rodrigo sie verwiesen hatte. Dr. Mavrogordato mochte um die vierzig sein, war mittelgroß und sehnig und wirkte energisch. Jedenfalls war das Mungos Eindruck.
    Bis er die Augen des Mannes sah. Carteret erschrak beinahe. Nicht einmal in den Augen von Hinterbliebenen am offenen Grab hatte er je derart hoffnungslose Trauer gesehen.
    Mavrogordato schien Carterets Gedanken zu erraten. »Deshalb wollen Sie mich doch sprechen, nicht wahr?« sagte er mit brüchiger Stimme. »Ich bin Spezialist in die ser Angelegenheit.«
    »Erzählen Sie uns von Seelenkot«, sagte Medina.
    Der Arzt nickte. »Es ist ganz einfach.« Er legte die Hände um das Bierglas, als müsse er sich festhalten. »Wer das einmal zu sich genommen hat, will nie wieder etwas anderes. Aber bevor ich Ihnen mehr von den Symptomen

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