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Die Reisen Des Paulus

Die Reisen Des Paulus

Titel: Die Reisen Des Paulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernle Bradford
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Und jetzt sagte er, dieser Gott, sein Gott, habe die Welt geschaffen und gebiete über das Universum. Nichts Neues. Er hatte wohl auch einmal die gro-278
    ße Hymne des Kleanthes gelesen: »Ruhmreichster der Unsterblichen, oh, Zeus der vielen Namen, allmächtig du und ewig, der Herrscher der Natur, der du alles dem Gesetz ge-mäß lenkest …« Wie? »Gott … wohnt nicht in Tempeln«
    – das brauchte er ihnen nun wirklich nicht zu sagen. Ihre Ahnen mochten das geglaubt haben, aber sie wußten, daß die Tempel nur Glaubens Symbole waren und die Standbilder und Malereien darin nur Trost und Beruhigung für die Massen. Also zur Sache! Was hatte er ihnen Neues zu sagen? Ah, jetzt, endlich. Es würde ein Gerichtstag kommen, und die ganze Welt würde gerecht von einem Mann gerichtet werden, den dieser Gott auserwählt habe. Unglaublich. Unglaublicher noch, daß dieser Richter auf Erden gewandelt und von den Toten auferstanden war! Zuviel des Guten. Wer bis dahin nur gegähnt hatte, brach in schal-lendes Gelächter aus. Zeitverschwendung, nichts als Zeitverschwendung, hierherzukommen und diesem ignoranten, arroganten, völlig irrwitzigen Marktschreier sein Ohr zu leihen. Aber trotzdem, sie waren Athener. Selbst wenn sie ihm nie wieder lauschen wollten, mußten sie ihm, dem Fremden, die übliche Höflichkeit erweisen: »Wir wollen dich davon ein andermal hören …« Was in Anbetracht des geistigen Klimas in Athen wirklich überrascht, ist die Tatsache, daß nicht alle skeptisch waren. Als Paulus den Areopag verließ, folgten ihm einige, die mehr über diesen Glauben erfahren wollten. Unter ihnen befanden sich ein Mitglied des Rats von Athen, Dionysius, und eine Frau namens Dama-ris. Er hatte nicht umsonst in der intellektuellsten Stadt der Welt zu den Klügsten gesprochen. Aber einen großen Erfolg kann man das nicht nennen. Wenn er mehr Erfolg ge-279
    habt hätte, wäre er wohl länger in Athen geblieben, aber so
    »schied Paulus von Athen und kam nach Korinth«. Diese kurze Feststellung ist ein Zeugnis der Ablehnung.
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    Korinth, die alte Rivalin Athens, war – zumindest in der griechischen Mythologie – die Heimat der Zau-berin Medea, des Sisyphos, der seines habgierigen Lebens wegen dazu verurteilt wurde, im Hades für alle Ewigkeit einen Stein hügelan zu rollen, und des Bellerophon, der versuchte, auf seinem Flügelroß Pegasus zum Himmel aufzu-steigen. Der Überlieferung nach galt Korinth als Wiege der Seemannskunst und des Handels. Hier wurde die Trireme erfunden. Und besonders in Korinth hatte der Handel mit den Ionischen Inseln, mit Sizilien und Italien geblüht. Das Korinth, das Paulus nun vor sich sah, war eine Neuschöpfung.
    146 v. Chr., im selben Jahr, da Karthago von den Römern besiegt und geplündert wurde, hatte auch die letzte Stunde des alten Korinth geschlagen. Erbost wegen mehrerer Aufstände der Griechen hatten die Römer beschlossen, an dieser mächtigen und berühmten Stadt ein Exempel zu statuieren. Der Konsul Lucius Mummius leitete die Strafaktion und tat seine Arbeit mit wahrhaft verheerender Gründlichkeit. Korinth wurde dem Erdbeben gleichgemacht. Die Heimatstadt solcher Philosophen wie Diogenes (der Alexander den Großen einmal frank und frei zurückwies), die Heimatstadt großer Kunsthandwerker und Künstler war nunmehr von der Landkarte ausradiert. Die Männer von Korinth wurden getötet, die Frauen und Kinder in die Sklaverei verkauft, die Kunstschätze nach Rom geschafft. Mit typisch rö-
    mischer Schläue schloß Mummius mit den Kapitänen, die 281
    die Beute nach Italien transportieren sollten, einen Vertrag ab, der dahingehend lautete, daß bei der Überfahrt verloren-gegangene Kunstgegenstände durch andere, ebenso kostbare, ersetzt werden mußten. Seine Wertmaßstäbe waren die des homo novus, des Emporkömmlings, der nichts vom verfeinerten Leben versteht. 44 v. Chr., im selben Jahr, da er ermordet wurde, gründete Julius Cäsar die Stadt neu. Mittlerweile war Griechenland römisches Protektorat geworden.
    Korinth wurde die Hauptstadt der Provinz Achaia. Die neue Einwohnerschaft bildeten römische Veteranen und die Nachkommen von Freigelassenen. Vielleicht erreichte Paulus die Stadt auf dem Landweg, vielleicht ging er aber auch in Piräus, dem Handelshafen Athens, an Bord eines Kü-
    stenfahrzeugs und fuhr nach Kenchreä, dem Hafen an der Ostseite des Isthmus von Korinth. Diese Landenge, die Ionisches Meer und Agäis

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