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Die Reisen Des Paulus

Die Reisen Des Paulus

Titel: Die Reisen Des Paulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernle Bradford
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    de, diente dem nützlichen politischen Zweck, die zahllosen Völker unter römischer Herrschaft zusammenzuschließen.
    Obwohl Augustus zum Schein die glanzvolle republikanische Idee wahrte (er sprach immer von der »Wiederherstellung der Republik«) und obwohl viele Römer, froh über den Frieden, den er ihnen gebracht hatte, bereit waren, ihm zu glauben, betrachteten die Völker des Ostens den Kaiser im allgemeinen als Gott. Wenn sie ihn sahen, was selten oder nie geschah, hatten sie den Beweis für seine Macht klar vor Augen. Das einzige Volk, das sich weigerte, die Göttlichkeit des Kaisers anzuerkennen, waren natürlich die Juden. Sie konnten die Vorstellung nicht ertragen, daß ein Mensch den Platz verließ, der ihm auf Erden zugewiesen war, und gar behauptete, er sei mehr als ein Sterblicher und den Gesetzen des einen und einzigen Gottes keineswegs unterworfen.
    Obwohl Friede herrschte, nachdem Augustus sich durch-gesetzt hatte, war es eine Zeit der gefühlsmäßigen Unruhe, ja Not. Im ganzen Mittelmeerraum suchten die Menschen nach einem Zeichen, nach einem Erlöser, nach Sinn und Berechtigung für ihr Leben. Die Astrologie florierte, und kaum jemand ließ sich auf ein wichtigeres Unternehmen ein, ohne seinen Wahrsager befragt zu haben. Hören wir dazu Juvenal:
    »Die reichen Damen befragen den eigenen phrygischen
    Augurn, Schöpfen den Rahm ihrer Sterndeuter ab oder
    suchen sich Alte,
    Die selbst den Donnerkeil unschädlich machen: Doch
    Zirkus und Wall sind Orte, wo niedriger Schicksal gekündet wird.
    Hier, bei den Delphin-Säulen und Plätzen des Volkes, da kommen die älteren Huren,
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    Nacktschultrig, Goldkettchen um ihre Hälse, und bitten um Ratschlag:
    Soll’n sie den Schankwirt verlassen, um des Kleidhändlers Gattin zu werden?«
    Das Fatum und die Sterne beherrschten alles und jedes. Plinius der Ältere schrieb im ersten nachchristlichen Jahrhundert, auf der ganzen Welt, an jedem Ort und zu jeder Stunde »wird nur Fortuna angerufen, einzig ihr Name genannt«.
    Und da es schien, als werde die ganze Welt vom Zufall oder von der Fortuna regiert, wandten sich eben die meisten Menschen an diese Göttin. Jede Stadt mußte ihre eigene Ty-che oder Fortuna haben, und in vielen Privathäusern stand eine Statuette von ihr. Auf Münzen dieser Zeit findet man
    »Die Fortuna des Augustus« abgebildet, Symbol seines Kai-sertums und der besonderen Beziehung, die er zur blinden Göttin hatte, die die Welt lenkte. Und wie stand es nun mit diesem Mann, der über die sichtbare Welt gebot? Er war ein bemerkenswert guter Politiker und Staatsmann. Selbst der klatschhafte Sueton konnte nicht umhin, sein Leben mit einer gewissen Bewunderung zu beschreiben. Denn Sueton vermochte es nicht, dem Augustus unnatürliche Lasterhaf-tigkeit vorzuwerfen – im Gegensatz zu Cäsar, Mark Anton und vielen späteren Kaisern –, und es war nicht möglich zu behaupten, Augustus sei von der Gewalttätigkeit und dem Sadismus besessen, der so viele seiner Nachfolger kennzeichnete. Kurz, er war trotz seiner promiskuösen Neigungen im Innersten doch Puritaner. Er pflegte bescheiden zu essen und »bevorzugte die Speisen der arbeitenden Klasse, insbesondere grobkörniges Brot, Fische, frischen Käse und grüne Feigen …«. In einem Brief an seinen Nachfolger Tibe-46
    rius schrieb er: »Nicht einmal ein Jude nimmt es am Sabbat mit dem Fasten so genau wie ich heute. Bis es dunkel war, habe ich nichts angerührt. Erst im Bade, bevor ich mich mit Öl einreiben ließ, aß ich zwei Bissen Brot.« (Hier irrt Augustus insofern, als die Juden am Sabbat nicht fasteten; vielleicht liegt hier eine Verwechslung mit dem Versöhnungsfest vor.)
    Seine gelassene und wirkungsvolle Leitung des Riesenreiches, eines Reiches, das zum ersten Mal die mittelmee-rische Welt einigte, führte schließlich und unausweichlich dazu, daß er zum Gott erhoben wurde. Die Handelsstraßen waren sicher; und so konnte er seine »Politik des billigen Brotes« verfolgen, die die Bürger von Rom zufriedenstellen sollte. Außerdem erwarb er sich ihre Gunst noch auf andere Weise: durch Zirkusspiele. Stolz schrieb er: »In meinem eigenen Namen habe ich dreimal eine Gladiatorenschau veranstaltet, im Namen meiner Söhne oder Enkel fünfmal.
    An diesen Darbietungen wirkten etwa zehntausend Mann mit.« Dann zählt er weitere Spiele auf, die er dem Volk bot:
    »Im Zirkus, auf dem Forum und im Amphitheater habe
    ich sechsundzwanzigmal für das Volk Jagden auf wilde Tiere aus Afrika

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