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Die Reisen Des Paulus

Die Reisen Des Paulus

Titel: Die Reisen Des Paulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernle Bradford
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zu sein. Er verwandte diese Ideen später für seine eigenen Zwecke.
    Neben den Stoikern gab es die Kyniker. Sie waren zwar anders geartet, stellten aber ein Bindeglied zwischen den Stoikern und dem großen Sokrates dar. Paulus hat die Kyniker gewiß auf dem Marktplatz von Tarsus gesehen. Die Stoiker versuchten ihre Philosophie im alltäglichen Leben zu verwirklichen, die Kyniker hingegen machten eine Schau aus ihrer Verachtung für die damalige Gesellschaft. Heutzutage würde man sie »Ausgeflippte« nennen. Ihre äuße-re Erscheinung war gewiß der des modernen »Kommunar-
    den« ähnlich. Um ihren Abscheu gegen die Gesellschaft und die Welt im allgemeinen zu betonen, trugen sie lange Haare und Bärte. Sie waren stolz auf die Läuse in ihren Locken, hatten schmutzige, ungeschnittene Fingernägel, hüllten sich in Lumpen, stützten sich auf grobe Knüttel, verschmähten jede Bequemlichkeit und riefen die Menschen zu Reue und Umkehr auf – fort von der Künstlichkeit der Konvention.
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    Der Begründer der kynischen Philosophie, Antisthe-
    nes, war ein Schüler des Sokrates. Er zog aus dem Wort seines Lehrmeisters: »Tugend ist Wissen« den logischen, aber extremen Schluß, es zähle nichts als das Harmonieren der Moral mit der Vernunft. Alles andere sei zu verachten. Die Freuden des Lebens sind schädlich, weil sie die Willenstä-
    tigkeit störend beeinflussen. Macht und Reichtum korrum-pieren, weil sie die Seele an das Künstliche statt an das Na-türliche gewöhnen. Also zurück zur Natur, ohne Heimat umherschweifen, auf der nackten Erde schlafen und eben die Leute um ein Stück Brot bitten, die man verachtet. Der gute Mensch braucht nichts. »Man muß Weisheit erlangen
    – oder sich einen Strick kaufen«, hatte Diogenes bemerkt.
    Armut und geringes Ansehen sind Vorteile, denn dadurch wird der Mensch aus der Gesellschaft herausgezwungen und auf sich selbst verwiesen, und nur er selbst kann lernen, wie man ohne Äußerlichkeiten auskommt und Reinheit des Geistes erreicht. Der stoische Philosoph Epiktet, der ebenfalls zur Zeit Neros lebte, bezeichnete die Kyniker bewun-dernd als »Athleten der Redlichkeit«. Sie waren in mancher Hinsicht den Stoikern verwandt. Der Dichter Juvenal sagte: »Der Kyniker unterscheidet sich vom Stoiker nur durch sein Gewand.« Das zerschlissene und beschmutzte Gewand des Kynikers war, wie die Kleidung des modernen »Ausge-flippten«, eine Art offiziöses Merkmal, Zeichen dafür, daß er seiner materialistischen, dem Konsum verfallenen Welt überlegen war.
    Doch wie manche seiner Nachfolger neigte der Kyniker zu einem großen Irrtum. Indem er die animalische Seite des Lebens, »die Rückkehr zur reinen und schlichten Natur«, 40
    überbetonte, brachte er sich selbst unweigerlich um viele Vorteile, wenn nicht sogar Tugenden der Kultur, die er verschmähte. Tugend ist Wissen – aber man muß dann wohl fragen: Wissen wovon? Für viele von den einfältigeren An-hängern der Kyniker lautete die Antwort darauf: Rückkehr zu einer Steigerung von Rousseaus »edlem Wilden«. Die Kultur mußte ihren Abschied nehmen, glücklich waren die Tiere (sofern sie nicht vom Menschen beherrscht und von ihm nach Belieben getötet wurden). Sie träumten einen sehr ähnlichen Traum wie die Anarchisten des 19. Jahrhunderts, sie glaubten naiverweise, der Mensch sei von Grund auf gut und bedürfe, sich selbst überlassen, keiner gesellschaftlichen Gesetze. Auf dem Schulweg muß Paulus sie oft gesehen und gehört haben. Als strenggläubiger Jude (und römischer Bürger, der neben dem Gesetz Gottes auch das römische Gesetz anerkannte) wird er ihre Lehre kaum gebilligt haben.
    Doch in gewissem Sinne mag ihn ihre Verweigerung, ihre Verachtung für das bequeme Leben auch angesprochen haben. Sie waren Wanderer – wie er später auch. Sie hatten keine feste Bleibe. Sie sagten, die Wahrheit stünde über allem, es sei unwichtig, woher die nächste Mahlzeit käme. Sie waren frei, weil sie der Welt entsagt hatten.
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    K
    Die Verehrung des regierenden Monarchen und seiner
    Gattin geht bis auf die Zeit der Pharaonen zurück.
    Auch sonst hatten die Ägypter Götter in Hülle und Fülle, aber der Herrscher der beiden Nilkönigreiche wurde stets als göttliches Wesen angesehen und anerkannt. Dem Menschen unserer Zeit, der gewohnt ist, streng zwischen Göttlichem und Sterblichem zu trennen, erscheint dieses Konzept merkwürdig, obwohl man es gar nicht so befremdlich nennen kann.

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