Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Reiter der Sarmaten

Die Reiter der Sarmaten

Titel: Die Reiter der Sarmaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
Vom Netzwerk:
Er streckte seine Hand gegen die Sonne aus. »Auf das Feuer schwöre ich es!«
    Wir ritten eine Zeitlang weiter, der Schwur klang in unseren Ohren nach. Es schien sinnlos zu sein, die Diskussion fortzuführen.
    Aber ich konnte es nicht dabei belassen. Wenn wir erst diesen Stützpunkt erreicht hatten, war die Meuterei unabwendbar. Und je mehr ich darüber nachdachte, um so weniger glaubhaft schien es mir zu sein, daß die Römer Britannien erfunden hatten, um uns irrezuführen. Und ich hatte fünfhundert Männer, für die ich verantwortlich war und die sich auf mich verließen.
    »Wenn ich ginge«, sagte ich schließlich zögernd, »ich allein, ohne euch, ohne einen von meinen Männern – wenn ich ginge, um zu sehen, ob diese Insel existiert, und wenn ich zurückkäme, um euch zu berichten, daß es sie gibt, was würdet ihr dann tun?«
    Gatalas sah mich entsetzt an. »Und wenn es keine irdische Insel wäre?« fragte er leise. »Wenn sie existiert, jenseits des Meeres, vielleicht ist sie … ein Ort, wo die Toten wandeln. Was würde aus dir geworden sein, wenn du von dort zurückkämst?«
    »Ihr brauchtet mich nur anzusehen, um zu wissen, was mit mir los ist und daß ihr nicht übersetzen dürft. Ihr wäret dann frei, guten Gewissens die Römer zu bekämpfen.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob wir einen Unterschied bemerken würden, wenn du als Geist zurückkämst, Ariantes«, scherzte Arshak, um die Stimmung ein wenig aufzuheitern. Ich sah ihn an, und das Lächeln verschwand aus seinen Augen. Der Scherz enthielt zuviel Wahrheit, um spaßig zu sein. »Jemand sollte überprüfen, was die Wahrheit ist, bevor wir zu den Waffen greifen«, beharrte ich.
    »Und wenn sie sich weigern, dich gehen zu lassen?« fragte Arshak.
    »Dann werden wir ebenfalls wissen, daß sie lügen, und wir brauchen dann keine Skrupel zu haben, sie anzugreifen.«
    »Also gut«, sage Arshak ruhig. »Ich denke, du hast recht. Wir müssen unseren Stein vom Berg hinabwerfen und hören, wohin er fällt. Zu schade: Meine Hände schmerzen vor Verlangen nach einem Speer, jedesmal wenn ich Facilis sehe, und ich werde es mein Leben lang bedauern, wenn er heil nach Aquincum zurückkehrt.« Nach einer Weile fügte er hinzu: »Und du bist wirklich bereit zu gehen? Ich bin es nämlich nicht. Ich werde keinesfalls das zurücknehmen, was ich zu Facilis gesagt habe.«
    »Ich bin bereit zu gehen«, sagte ich. »Ich werde es Facilis heute abend mitteilen. Kann ich ihm zusagen, daß wir auf ihre Schiffe gehen werden, wenn wir wissen, daß er in gutem Glauben handelt?«
    Gatalas zögerte, aber nach kurzem Überlegen nickte er zustimmend. »Ich will nicht der sein, der als erster einen Eid bricht.«
    »Auch ich nicht«, erklärte Arshak mit unglücklicher Miene. »Aber – wir werden uns überlegen, welche Überraschung wir den Römern bereiten können, wenn sich herausstellt, daß sie lügen.«
    Arshak hatte tatsächlich recht gehabt: Der Prokurator des Flottenstützpunkts, in dem wir diese Nacht verbringen sollten, dachte nicht daran, sich bei seinen Anordnungen von Flavius Facilis beeinflussen zu lassen. Er hatte Briefe erhalten, die uns betrafen, und als wir ankamen, begab er sich zum Tor, um einen Blick auf uns zu werfen. Es war nicht schwer zu erraten, wer dieser Mann war, der auf der Brustwehr stand. Er trug über einer goldfarbenen Rüstung einen weiten, karminroten Umhang, und als wir näher kamen, konnten wir den schmalen Purpurstreifen auf seiner Tunika erkennen, der ihn als Angehörigen des römischen Ritterstandes auswies. Arshak preschte zum Tor, hielt an, salutierte respektvoll, sagte: »Seid gegrüßt, edler Prokurator«, und fragte ihn, wohin wir unsere Wagen stellen könnten. Zu der Zeit, als Facilis herangaloppiert war und vorschlug, uns in Baracken einzusperren, hatte der Prokurator uns bereits die Erlaubnis erteilt, die Wagen auf dem Gelände der Schiffswerft aufzustellen. Er ließ sich durch keine Einwendungen umstimmen: Ein vom Kaiser zum Prokurator bestellter Ritter ändert seine Anordnungen nicht, weil ein Zenturio, der sich aus dem Mannschaftsstand hochgedient hat, das wünscht. Facilis wurde puterrot, aber er mußte die Weisung akzeptieren. Er folgte uns, leise vor sich hin fluchend, zum Werftgelände, wo er uns erklärte, wenn wir »irgend etwas versuchten«, werde er dafür sorgen, daß unsere Leichen verbrannt würden. »Und die Asche wird in alle Winde verstreut werden.« Er kannte genug von unseren religiösen Vorstellungen, um zu

Weitere Kostenlose Bücher