Die Rekonstruktion des Menschen
du gesehen hast, sind Silikanthropen, Siliziummenschen. Dieser Name spricht für sich selbst. Es ist uns gelungen, siliziumorganische Verbindungen zu entwickeln, die den Kohlenstoffverbindungen im menschlichen Körper entsprechen. Silizisches Eiweiß, verstehst du? Und das haben wir nicht im Laboratorium durch chemische Synthese erreicht, sondern direkt im Organismus! Indem wir eine ganze Reihe von Impulsen geben, dem Körper entsprechende Sub-’ stanzen zuführen, zwingen wir den Organismus, siliziumorganische Stoffe zu produzieren, aus denen dann stufenweise die einzelnen Zellen herausgebildet werden. Das silizische Eiweiß gerinnt erst bei einer Temperatur, die viel höher liegt als beim Kohlenstoff, es ist abwehrfähiger gegen die Wirkung von toxischen Giften, und einfache kohlenstofforganische Bakterien üben darauf keinerlei Wirkung aus. Viele Organe der Silikanthropen werden zurückgebildet, zum Beispiel das Verdauungssystem, denn diese Organismen ernähren sich fast ausschließlich von leicht umwandelbaren Kieselsäuren und Silikatfetten.«
Ich hörte ihm gespannt zu. Metts Enthusiasmus steigerte sich bei jedem seiner Worte und übertrug sich auch auf mich. Ihm war anzumerken, daß er sein ganzes Leben der Arbeit an diesem Problem gewidmet hatte. Was er sagte, erschien mir hervorragend. In meiner Phantasie sah ich mich schon in einer neuen, phantastisch widerstandsfähigen Körperhülle.
»Dauert eine solche… Umformung lange?« fragte ich, als er für einen Moment schwieg.
»Ich sehe«, sagte er, »daß du Lust bekommen hast, daß dich eine solche Perspektive nicht abschreckt… Das ist für mich sehr wichtig, vielleicht weniger für mich als für die Idee selbst.« Er verstummte, fügte dann jedoch eilig hinzu: »Es dauert ungefähr ein Jahr, manchmal anderthalb… Das kommt auf die Eigenschaften des jeweiligen Organismus an. Manche Menschen eignen sich überhaupt nicht dafür.«
»Und ich?«
»Ich glaube schon. Ich habe noch nicht alle Ergebnisse der Analysen.«
»Wie lange lebt so ein Silikanthropus?«
Mett lächelte.
»Genau kann ich dir darauf nicht antworten, wir arbeiten ja erst acht Jahre an dieser Methode. Das heißt, die ältesten Silikanthropen leben jetzt sechs, sieben Jahre in dieser neuen Lebensform, aber nach unseren Berechnungen liegt die obere Grenze ungefähr bei zweihundert bis dreihundert Jahren.«
Das Elixier ewiger Jugend, dachte ich, und mir fielen die mittelalterlichen Alchimisten ein, die ihr ganzes Leben erfolglos nach diesem Wundermittel gesucht hatten.
Mett war in Gedanken versunken und krümmte sich dabei noch mehr, als würde ein schweres Gewicht auf seinen Schultern lasten.
»Erzählst du jedem, der wie ich hierherkommt, das alles?«
»Natürlich«, antwortete er schnell, aus seinen Gedanken gerissen. »Ihnen allen«, er machte eine unbestimmte Kopfbewegung, so als wolle er seine ganze Umgebung einschließen, »habe ich das auch erzählt. Das heißt, denen, die später gekommen sind. Zu Anfang konnte ich nur von Hypothesen, von Experimenten berichten. Aber es haben sich solche gefunden, die meinen Hypothesen Glauben geschenkt und sich der Umwandlung unterzogen haben…«
»Gelingt die Umwandlung immer?«
»Bis jetzt ja! Ich sehe auch keinen Grund dafür, warum sie nicht gelingen sollte, natürlich muß man die entsprechenden Voraussetzungen schaffen und sich daran halten. Das ist jetzt schon kein Experiment mehr, sondern eine bis in alle Einzelheiten ausgearbeitete Methode.«
»Ich verstehe nicht, warum die Welt nichts von all diesen Erfolgen weiß!«
»Nun« – Mett zögerte mit der Antwort –, »es gibt viele Dinge, die aus diesen oder jenen Gründen nicht über die Mauern des Laboratoriums hinausdringen dürfen. Hier, wie diese Kleinigkeit zum Beispiel.« Er griff in eine Schublade und nahm ein flaches Kästchen heraus. »Sieh mal, hier legt man ein Kristallplättchen ein, schaltet ein und spricht. Das ist ein magnetmolekulares Fixophon mit Spiralaufzeichnung.« Die letzten Worte hatte er direkt in den Apparat gesprochen, den er dicht vor seinem Mund hielt. Dann schaltete er an diesem Kästchen irgend etwas um, und der Apparat wiederholte seine letzten Worte laut und deutlich.
»Auf ein solches Plättchen kann man eine zweistündige Rede aufnehmen«, fügte er noch hinzu und warf das Gerät in die Schublade zurück. »Es erfüllt ganz hervorragend die Aufgaben des Notizbuches. Um unsere Forschungsmaterialien geheimzuhalten, haben wir diese Erfindung nicht bekanntgemacht.
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