Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rekonstruktion des Menschen

Die Rekonstruktion des Menschen

Titel: Die Rekonstruktion des Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Simon (Hrsg)
Vom Netzwerk:
Bettler!‹ Aber das ist nicht wahr! Sie können mir nicht nur dieses jämmerliche Stück Käse zurückgeben, Sie sind imstande, mir alle meine Reichtümer zurückzuholen! Sie können alle Menschen glücklich machen, die Sie lieben, und jeden bestrafen, den Sie hassen! Es genügt, wenn Sie nur einen einzigen Satz sagen: ›Ja, Valmosk, das möchte ich.‹ Nur diesen Satz, ja…« Valmosk hielt mit seiner seltsamen Rede inne und befaßte sich wieder mit der Brotrinde. Eine merkliche Unruhe befiel ihn. Nach einer Minute des Schweigens warf er plötzlich die Brotrinde auf den Tisch und erhob sich.
»Kommen Sie, Redshan! Ich werde Ihnen wunderbare Dinge zeigen. Und dann reden wir weiter.«
Bei diesen Worten gab er seinem prächtigen Hund einen kräftigen Fußtritt. Rongi erhob sich, schritt majestätisch in die Ecke und jagte dort den Kater Flipp hervor. Nun öffnete der Alte jene Tür, hinter der Redshan neue finstere Korridore und Treppen vermutet hatte. Er knipste die Lampe an, und die Türöffnung erstrahlte in grellem weißem Licht. Rongi und Flipp schritten gelassen hindurch. Valmosk deutete mit feierlicher Gebärde vorwärts. »Treten Sie ein, Doriel Redshan! Dort erwartet Sie etwas Außerordentliches!«
Redshan blickte dem Alten über die Schulter durch die offene Tür. Was er sah, verschlug ihm den Atem.
5
    Hinter der Tür lag ein großer Saal, der durch ein Dutzend Neonlampen in helles Tageslicht getaucht war. In strenger Ordnung standen da Schränke voll glänzender Geräte aus Glas und Nickel, Tische mit Marmorplatten und große komplizierte Apparate mit und ohne Haubenüberzug. Alle Gegenstände blitzten vor Sauberkeit. Redshan verlor sich in Vermutungen: Was ist das? Ein Laboratorium? Eine Werkstatt? Eine chemische Abteilung? Zunächst enthielt er sich jedoch aller Fragen.
    Valmosk ließ Redshan vorausgehen und schloß die Tür hinter sich gut zu. Dann rieb er sich die erstarrten Hände, ließ seinen Blick zufrieden durch den Saal schweifen und sagte: »Beginnen wir mit Rongi!«
    Er packte den Hund am Genick und drehte ihn wortlos mit der Schnauze einem der Apparate zu, der in seiner Konstruktion an eine Guillotine erinnerte. Es war ein Tisch mit einem daraufstehenden eisernen Rahmen. Im unteren Teil zeigte der Rahmen eine runde Ausbuchtung, oben funkelte ein Stahlmesser von erschreckenden Ausmaßen mit einer scharf geschliffenen Schneide.
    Der Hund sprang gelassen auf die Marmorplatte des Tisches und legte seinen Kopf in die runde Ausbuchtung. Redshan schlug das Herz unwillkürlich rascher, und seine Hände bedeckten sich mit Schweiß. Valmosk drückte ruhig auf den Hebel. Blitzartig sauste das schwere Messer herab, seine Schneide fiel mit einem dumpfen Schlag auf den Hals des Hundes. Redshan schien es, als sei dem Hund der Kopf vom Rumpf getrennt worden. Doch das war eine optische Täuschung – er nahm das Erwartete für bereits geschehen. In Wirklichkeit zuckte der Hund nicht einmal, denn das Messer hatte ihm keinerlei Schaden zugefügt. Der Alte riß den Hebel herum, das Messer ging wieder hoch, dann sauste es abermals herab, jedoch auch diesmal ohne Erfolg.
    »Und jetzt stecken Sie einmal anstelle des Hundes diese Eichenbohle hier in die Ausbuchtung!« befahl Valmosk.
Rongi sprang vom Tisch und schüttelte sich nicht einmal. Redshan steckte die runde Eichenbohle, die einen Durchmesser von zwanzig Zentimetern hatte, in die Ausbuchtung. Das Messer sauste funkelnd herab und durchschnitt die Bohle, als wäre sie aus Wachs.
»Passen Sie weiter auf!« krächzte Valmosk ungeduldig.
Er griff nach dem Hund und zerrte ihn zu einem großen Kübel. Der Hund begriff sogleich, was von ihm verlangt wurde, sprang in den Kübel und kauerte sich nieder. Dann öffnete Valmosk über dem Kübel einen Hahn, aus dem eine durchsichtige Flüssigkeit herausschoß. Ein scharfer Geruch schlug Redshan in die Nase, und er wich zurück.
»Gehen Sie zur Seite! Das ist hochprozentige Salzsäure!« rief Valmosk und drückte unter heftigem Husten auf einen Knopf. In der über dem Kübel angebrachten Haube begann ein starker Ventilator zu surren und saugte die giftigen Dämpfe ab.
Bald konnte man sich dem Kübel nähern und hineinblicken. Die Säure stieg rasch höher, bis sie den roten Strich erreicht hatte. Bewegungslos und mit weitgeöffneten Augen lag Rongi in der Flüssigkeit und blickte ruhig auf die Menschen, die sich über ihn neigten.
»Wollen Sie sich selbst überzeugen?« fragte Valmosk mit einem schiefen Lächeln.
Ohne eine

Weitere Kostenlose Bücher