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Die Rekonstruktion des Menschen

Die Rekonstruktion des Menschen

Titel: Die Rekonstruktion des Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Simon (Hrsg)
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sagen Sie, niemals? Tausendmal habe ich versucht, Klienten zu gewinnen! Ich habe Schulden gemacht und Inserate in Zeitungen aufgegeben! Ich mag mich nicht daran erinnern! Entweder hielt man mich für einen Scharlatan, oder man lehnte die Unsterblichkeit schroff ab, sobald man mein Prinzip begriffen hatte! Die Menschen sind dumm, Redshan! Sie jagen nur ihren Vergnügungen nach und wollen eine Unsterblichkeit, die es ihnen ermöglicht, bis in alle Ewigkeit zu essen, zu trinken, zu lieben, zu schwätzen, Musik zu hören und an Blumen zu riechen! Meine Unsterblichkeit aber hat nichts zu bieten als ewiges Leben, ewige Aktivität und ewiges Nachdenken.«
»Warum haben Sie sich dann nicht selbst unsterblich gemacht, verehrter Valmosk?«
Bei dieser Frage sah Redshan den Alten scharf an. Valmosk antwortete nicht sofort. Er saugte nachdenklich an der Kruste und blickte traurig zur Decke empor.
Dann begann er schuldbewußt und leise: »Sie haben ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren, Redshan. Ich konnte mich nicht für die absolute Unsterblichkeit entscheiden. Es mag ein Vorurteil sein, aber es ist stärker als ich. Ich liebe das Leben mit all seinen Freuden und Genüssen. Mit der absoluten Unsterblichkeit würde ich mich all dessen berauben. Wenn Sie ebenfalls…«
»Nein, nein!« rief Redshan eilig. »Ich habe in meinem Leben keine Freuden erfahren! Ich bin bereit! Wenn es schon so weit gekommen ist, Professor… Aber vielleicht haben Sie noch Vorbehalte? Sie schenken mir die Unsterblichkeit doch sicherlich nicht aus reiner Menschenliebe? Sie stellen doch gewiß Bedingungen?«
»Ja, Redshan, ich stelle Bedingungen. Sie zahlen mir zurück, was ich für den Bau des Generators ausgegeben habe. Fünfhundert Millionen Surem – das ist der Preis für das Stück Käse, den sie bei mir gegessen haben!«
»Fünfhundert Millionen? Woher soll ich die nehmen?«
»Wer unsterblich ist, kommt an alles heran. Alle Schätze der Welt gehören Ihnen, Redshan! Sie können sie vom Grunde des Ozeans heraufholen oder aus dem Innern der Vulkane! Machen Sie sich deswegen keine Sorgen, ich zeige Ihnen, wie und wo Sie das Gold herbekommen!«
»Dann bin ich bereit, Valmosk!«
»Ausgezeichnet! Unsere Zeit ist kostbar. Gehen wir!«
8
    Eine Woche später saß Redshan abermals auf dem wackligen Stuhl in Valmosks Zimmer. Der Alte hatte ihn soeben aus dem Keller heraufgeführt, wo er sich genau sieben Tage lang im Unsterblichkeitsgenerator aufgehalten hatte. An diese Tage hatte Redshan keine Erinnerungen mehr – sein Bewußtsein war abgeschaltet gewesen. Als sie durch den Saal, in dem die Tierversuche gemacht worden waren, zurückkehrten, stutzte er. Er besann sich, wie Flipp in dem geschmolzenen Eisen geschwommen war, und davon wurde ihm übel.
    Aufatmend ließ sich Redshan auf den Stuhl fallen, den er nur mit Mühe erreicht hatte. Sein Kopf war voller Geräusche, aber es waren innere Geräusche, hervorgerufen durch die einschneidende Umstellung des gesamten Organismus. Sein Herz preßte sich schmerzhaft zusammen, der ganze Leib brannte wie Feuer. Er hätte schreien und stöhnen mögen, aber sein Mund war ihm für immer verschlossen.
    Der Alte nahm ein Blatt Papier, schrieb darauf ein paar Worte und hielt es Redshan vor die Augen. Die Buchstaben verschwammen und hüpften hin und her, doch endlich konnte Redshan den Text entziffern: »Wie fühlen Sie sich, mein Freund?«
    Den Bleistift mit ungelenken Fingern umklammernd, kritzelte Redshan die Antwort: »Schlecht! Ich werde wahrscheinlich sterben!«
    Valmosk schrieb daraufhin: »Seien Sie stark! Das ist eine ganz natürliche Reaktion. Rongi und Flipp fühlten sich nach dem Verlassen des Generators ebenfalls nicht gut. Das verging jedoch rasch! Verspüren Sie irgendein Bedürfnis? Hunger oder Durst?«
    Redshan erwiderte: »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich bin ich vor Hunger so schwach. Ich habe ja vor der Operation nichts weiter gegessen als das Stück Käse!«
    Valmosk wandte ein: »Der Hunger spielt jetzt keine Rolle mehr. Durch den Generator ist Ihr Organismus in ein vollständiges Gleichgewicht gebracht worden: Überflüssiges ist Ihnen weggenommen, Fehlendes ergänzt worden. Mit der Zeit wird Ihre Energie auf Kosten der nun entbehrlich gewordenen Organe zunehmen. Gehirn und Nervensystem werden sich kräftigen und größere Stabilität gewinnen. Ihr Denkvermögen wird ungewöhnlich klar und genau werden. Zunächst müssen Sie allerdings einiges aushalten! Denken Sie daran: Sie haben die ganze

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