Die Reliquie von Buchhorn
einfacher Reisebegleiter ist.«
»Was weißt du nicht?«
»Wer du bist.«
Hunfried lachte. »Du bist sehr direkt. Also gut, ich war Soldat unter Markgraf Luitpold. In der Schlacht gegen die Ungarn wurde ich verwundet. Benediktiner nahmen sich meiner an. Ich bin in ihren Diensten geblieben. Aus Dankbarkeit. Und weil sie gut zahlen.«
Wulfhard lachte trocken auf. »Ein Mann wie du ist ein Mönchsdiener. Das hätte ich nicht gedacht. – Aber warum nicht? Wir sind schließlich alle in Gottes Hand, wenn man dem Mönch glauben darf.«
»Und wem dienst du, Wulfhard?«
»Ich bin der Stallmeister des Grafen Udalrich.«
»Aha.«
Sie schwiegen wieder.
Plötzlich wurde die Tür, die zu den Schlafkammern führte, geöffnet, und eine schmale, dunkle Gestalt trat ein.
Wulfhard sprang so heftig auf, dass sein Hocker krachend umstürzte. »Rodericus!« Als er sah, dass der junge Mönch flüchten wollte, rannte er zu ihm und zerrte ihn am Arm in die Schankstube.
Rodericus machte einen schwachen Versuch, sich zu wehren. Sein Gesicht war blass, seine Augen im Zwielicht dunkle Löcher. »Was willst du hier, Wulfhard?«
Wulfhard ließ den Mönch los und hob demonstrativ die Hände. »Ja, was will ich hier nur? Dich retten? Aber das ist ja offensichtlich nicht nötig.«
Rodericus wurde noch blasser. Er senkte den Kopf und schüttelte ihn gleichzeitig.
Hunfried lehnte sich mit einem breiten Lächeln zurück und verschränkte die Hände im Nacken. »Du siehst, dass ich die Wahrheit gesagt habe, Wulfhard. Pech für dich. Ich würde dich gern gehen lassen, aber das kann ich leider nicht.« Seine Hand schob sich zum Griff des Schwertes. »Nichts für ungut.« Er schaute zu Rodericus hinüber, der unruhig auf den Ballen wippte. »Was willst du eigentlich, Bruder?«
Das blasse Gesicht des Jungen verfärbte sich. »Es geht um Righild. Ihr Fieber scheint zu steigen, und ich weiß nicht, was ich tun soll. Sie verlangt nach dir.«
Wulfhard sah blitzschnell zwischen Rodericus und Hunfried hin und her. Die Hand des großen Mannes ballte sich kurz zur Faust, aber sie griff nicht nach dem Schwert. »Righild?«, wiederholte der Stallmeister verblüfft. »Eine Frau? Du bist mit einer Frau hier?«
Hunfried schoss das Blut in die Wangen. »Natürlich nicht!«, rief er. »Wir haben sie bei den Toten am Wegrand gefunden. Sie war schwer verletzt. Es war Christenpflicht, sie nicht ihrem Schicksal zu überlassen.«
»Aber Hunfried«, warf Rodericus verwirrt ein, »sie ist dir doch den ganzen Weg von Bregenz nach Altdorf nachgereist, weil …«
Wulfhards schallendes Gelächter unterbrach ihn. »Dir ist ein verliebtes Weib nachgereist? Und wir haben uns Sorgen gemacht, dass wir dich nicht einholen können. Wenn ich das Eckhard erzähle …« Er schlug sich auf die Schenkel. Jedes Mal, wenn er sich gerade beruhigte, reizte ihn Hunfrieds versteinertes Gesicht zu einem neuerlichen Lachkrampf.
»Bruder«, brüllte Hunfried, »bitte die Wirtin um Hilfe!«
Rodericus floh.
Hunfried stützte die Ellenbogen auf den Tisch und wartete, bis Wulfhard sich beruhigt hatte. »Nun gut, jetzt weißt du es. Das verrückte Weib bildet sich ein, dass ich … Ach, egal.« Wieder zuckte seine Hand zum Schwertgriff.
»Lust auf ein Würfelspiel?«, fragte Wulfhard unvermittelt.
Hunfrieds Finger krümmten sich und entspannten sich dann. »Du bist wirklich dreist«, sagte der Krieger mit einem beinahe widerwilligen Lachen. »Aber meinetwegen. Du setzt deinen Dolch da. Ein schönes Stück. Ungarisch, nicht wahr?«
Wulfhard nickte. »Du bekommst ihn, wenn du gewinnst. Wenn du verlierst, sagst du mir die Wahrheit und lässt mich gehen.«
»So viel ist der Dolch nicht wert. Aber ich verspreche dir, dass ich dich am Leben lasse. Einverstanden?«
»Einverstanden. Ich hoffe, du hast Würfel. Meine sind einem Mönch zum Opfer gefallen.«
Hunfried stutzte, stellte aber keine Fragen. Er holte einen Beutel hervor, aus dem er die Knöchel auf den Tisch rollen ließ. »Dann los!«
IX
Gerald blies in seine Hände, die vor Kälte fast taub waren, und blickte unschlüssig zum Gehöft hinüber. Er war sich sicher, dass Wulfhard in seine Richtung geschaut hatte, aber gewinkt hatte er nicht. Was erwartete der verdammte Kerl jetzt von ihm? Obwohl er wusste, dass eine Waffe ihm gegen Hunfried nichts nützen würde, wünschte er, Gernot hätte ihm bei seiner Festnahme in Altdorf das Schwert nicht abgenommen. Minuten verstrichen. Ab und zu schimmerte der Mond durch eine Lücke in
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