Die Reliquie von Buchhorn
weiß Bescheid über dich und …«
Wulfhards Miene verfinsterte sich. »Nein. Aber das werde ich noch, also halt bloß den Mund, Schmied!«, zischte er und galoppierte davon.
Die anderen folgten langsamer, denn Mensch und Tier waren müde. Der Anblick der Häuser von Buchhorn in der Ferne war eine Erlösung. Vor allem in Gerald schien wieder Leben zu kommen. Er reckte den Hals und tätschelte aufmunternd die braune Stute.
Eckhard lächelte. »Du kannst es wohl kaum erwarten, deine Fridrun wiederzusehen.«
Gerald grinste über das ganze Gesicht.
»Was verschweigt Wulfhard mir?«
Das Lächeln des Schmieds erstarb so jäh, wie es gekommen war. »Das soll er dir selbst sagen. Ich habe mein Wort gegeben.«
»Dann hoffe ich, dass er mir nichts Wichtiges verschweigt.«
Unwillkürlich drehten beide Männer die Köpfe und sahen Rodericus an, der sich abseits auf seinem Schecken hielt. Außer seinen Gebeten hatte er kein Wort gesprochen.
»Du willst sicher, dass wir an deiner Schmiede vorbeireiten«, sagte Eckhard unvermittelt.
Geralds Augen begannen zu strahlen. »Wäre das denn möglich? Ich dachte …«
»Schon gut.« Lachend sah der Mönch Richtung Buchhorn. »Der Graf soll ruhig Zeit haben, sich nach Gutdünken mit Wulfhard zu befassen.«
Er setzte sich an die Spitze des Zugs, und dank des flotten Tempos, das er vorgab, dauerte es nicht lange, bis sie Buchhorn erreichten.
Obwohl sie den Ortskern mit Kirchplatz und Buche mieden, war klar, dass sich die Nachricht ihrer Ankunft mit rasender Geschwindigkeit verbreiten würde. Irgendwann hielt Gerald es nicht mehr aus. Er trieb die Braune an und ritt unter dem freundschaftlichen Spott seiner Gefährten voraus.
»Fridrun!«, rief er, noch ehe er das müde Tier vor der Hütte zum Stehen brachte. »Fridrun, ich bin wieder da!«
Er sprang vom Pferd und rannte über die kleine Lichtung, die sein Vater vor vielen Jahren freigehauen hatte, um die Brandgefahr zu verringern.
Die Tür wurde aufgerissen, und seine Frau stürzte in den hellen Frühlingstag. Ihr Haar war gelöst und unbedeckt, ihre Arme nass. »Gerald?«, rief sie ungläubig, dann lief sie ihm entgegen und warf sich in seine ausgebreiteten Arme. Eine Weile küssten die beiden sich weltvergessen. Endlich löste sich Fridrun von ihrem Mann, um ihn einer Musterung zu unterziehen. Sie riss die Augen auf, als sie seine Verbrennungen betrachtete. »Gerald! Um Gottes willen, was ist mit dir passiert? Nein, sag jetzt nichts. Komm herein, ich muss das sofort versorgen. Das muss ja entsetzlich weh tun!« Sie fasste seine Hand und wollte ihn ins Haus ziehen, aber er hielt sie lachend zurück.
»Das muss warten, mein Engel«, sagte er und zog sie erneut in die Arme. »Eckhard kommt gleich. Wir müssen sofort weiter zum Grafen, um ihm Bericht zu erstatten.«
»Aber deine Wunden…«
Er brachte sie mit einem Kuss zum Schweigen. »Glaub mir, ich würde auch lieber bleiben«, flüsterte er ihr ins Ohr. Seine Stimme nahm einen rauen Klang an. »Und da denke ich an ganz andere Dinge als an meine Wunden.«
»Gerald, und das am helllichten Tag!«
»Warum nicht, da sehe ich besser, was für eine schöne Frau ich habe.«
Fridrun wurde rot, aber sie wehrte sich nicht, als er sie wieder zu küssen begann. Ein Räuspern ließ die beiden auseinanderfahren.
Gerald sah auf. »Oh, Eckhard«, rief er vergnügt. »Du erinnerst dich an meine Frau?«
Kopfschüttelnd sah der Mönch auf die beiden hinab. »Wenigstens seid ihr verheiratet«, bemerkte er. »Gott zum Gruß, Fridrun. Leider muss ich dir deinen Mann schon wieder wegnehmen. Komm, Gerald.«
Plötzlich schien Fridrun bewusst zu werden, wie unzureichend sie gekleidet war. Sie fasste die Haare im Nacken zusammen, um sie mit einer Hand zu bändigen. Dennoch sprühte ihr die Neugier aus den Augen. »Wer hat denn Dietger nun ermordet? Es ist wichtig«, setzte sie hinzu, und ihr Gesicht wurde ernst. »Der Graf hat Isentrud festsetzen lassen. Er hält sie für die Mörderin.«
»Was?«, rief Gerald erschrocken, aber Eckhard hielt ihn zurück.
»Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt zum Anwesen kommen«, mahnte er mit leichtem Tadel. »Der Graf erwartet unseren Bericht.«
»Aber der Graf ist doch gar nicht mehr in Buchhorn!«, rief Fridrun.
Gerald, der eben in die Mähne der Braunen gegriffen hatte, drehte sich zu ihr um. »Nicht in Buchhorn?«
»Er ist gestern mit der Herrin nach St. Gallen abgereist. Es geht ihr nicht gut.«
»Und wer vertritt den
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